Entdeckung der Ebstorfer Weltkarte
Von Charlotte von Lasperg, einer Konventualin des Damenstiftes Ebstorf, wurde das
Original in einem feuchten Raum um das Jahr 1850 aufgefunden. Dabei
handelte es sich um "ein Gemach, wo früher vasa sacra, Stangen,
welche vielleicht bei Umzügen gebraucht, Muttermarienbilder,
Altardecken und dgl. aufbewahrt worden" waren. Die Karte soll sich
auf einem Bord befunden haben, dick mit Staub bedeckt. Da der
Abstellraum "nicht einmal durch Fenster gegen die Witterung
geschützt" war, habe man die in ihm untergebrachten Dinge wegräumen
wollen.
Von Kloster Ebstorf nach
Hannover
Den Stiftsdamen war schnell klar geworden, dass sie etwas Besonderes
entdeckt hatten. So findet sich in einem Zeitungsbericht vom 24.
Dezember 1832 die Nachricht: "In dem Kloster zu Ebstorf befindet
sich ... eine auf Pergament sorgfältig gezeichnete und in schöner
gothischer Schrift beschriebene, über 7 Fuß breite Charte ...". Aus
dem Kreis der 1819 gegründeten "Gesellschaft für ältere deutsche
Geschichtskunde" wurde die Bitte an die Äbtissin von der Wense
herangetragen, die Karte doch - vorerst zur Ansicht - nach Hannover
zu senden. Dies geschah 1834. Dabei spielte wohl auch der Gedanke
einer besseren Sicherung eine Rolle, da während der Aufstellung auf
dem Nonnenchor ein großes Stück aus dem rechten oberen Viertel
herausgeschnitten worden war.
Erste
Restaurierungsarbeiten und fotografische Reproduktion
Nach 1834 verscheint die erste wissenschaftliche Beschreibung im
'Vaterländischen Archiv', Die Betreuung der Karte übernimmt der eben
gegründete 'Historische Verein für Niedersachsen'. 1838 beginnt er
mit ersten Restaurierungsarbeiten. Da besonders die Ränder
Beschädigungen aufweisen, unterklebt man die Karte mit Papier und
zieht sie auf Leinwand mit Stäben auf, sodass sie wie eine
Schulwandkarte aufgerollt werden kann.
Nachdem bereits 1837 der Gedanke einer Reproduktion der Karte
aufgetaucht war, konnte man das Projekt 1888 mit der finanziellen
Hilfe der 'Wedekindschen Preisstiftung' in Göttingen und staatlicher
Unterstützung für den fotografischen Teil in Angriff genommen in
Angriff genommen werden.
Da sich das Pergament über dem Papier verzogen hatte und die Farbe
abzubröckeln drohte, musste die Karte in ihre einzelnen
Pergamentblätter zerlegt werden. Nachdem man die Karte gereinigt und
die einzelnen Blätter in etwa 100 x 100 cm große Rahmen eingespannt
hatte, stellte die Reichsdruckerei im Maßstab 1 : 2 Reproduktionen
aller 30 Blätter her. Da die Beschriftung an vielen Stellen
unleserlich war, überarbeitete man diese Partien mit schwarzer
Tusche, auch um den Kontrast zu verstärken. Auch hielt man den
Untergrund für zu fleckig und tönte diesen gleichmäßig ein. Nach
einem dreiviertel Jahr hatte Dr. Ernst Sommerbrodt vom Königlich
Kaiserlichen Wilhelms Gymnasium in Hannover diese Arbeiten beendet.
Von diesen retuschierten fotografischen Aufnahmen stellte man 25
Lichtdrucktafeln her, welche in der Sommerbrodt'schen Ausgabe
vorliegen. Nachdem das Original in der Bombennacht vom 8. auf den 9.
Oktober 1943 vernichtet wurde, sind diese Reproduktionen als
einmaliges Beispiel mittelalterlicher Weltschau heute von
unschätzbarem Wert.
1890 lag der Atlas fertig vor, 1891 ein
zweiter Teil mit der Wiedergabe aller Texte. 1896 erfolgte eine
zweite Veröffentlichung in dem Sammelwerk der 'Mappae Mundi' Dr.
Konrad Millers. Er reproduzierte die ganze Karte farbig im Format
116 x 104 cm, also einem Zehntel des Originals. Dabei ging er von
der fotografischen Ausgabe Sommerbrodts aus. Die danach hergestellte
Zeichnung wurde in Hannover mit dem Original verglichen und
die Farbe in 16 Farb-
abstufungen "mit größtmöglicher Genauigkeit"
aufgetragen. Eine Stuttgarter Druckerei besorgte den Druck "auf dem
größten Stein, den sie zur Verfügung hatte"
[Nach
(1), S. 8 bis 11].
Zwischen 1918 und 1939 entstand noch eine Nachbildung
in halber Größe, als die Landbauschule in Ebstorf die
Sommerbrodt'schen Lichtdrucktafeln zusammensetzen und diese in
Hannover von dem Bundesinspektor Kropp vor den originalen
Pergamentblättern kolorieren ließ.
Als Kopie auf der Plassenburg
Von den alten Kopien wurden zwischen 1950 bis 1955 von dem Grafiker Rudolf
Wienecke aus Bispingen vier originalgroße Karten im Gerbdruck-verfahren auf
Ziegenlederpergament übertragen und von Hand koloriert.
Eine Kopie befindet sich heute
im Kloster Ebstorf, die zweite in Lüneburg;
die dritte wurde von
der Firma Reemtsma dem griechischen Königspaar geschenkt. Da auf
der Weltkarte als einzige Burg die Plassenburg abgebildet
ist, wurde 1962 eine dieser vier Kopien von der Stadt
Kulmbach angekauft.
Digitale Rekonstruktion
2007 wurde die 'Mappa mundi', in Segmente zerlegt,
digital rekonstruiert und von Hartmut Kugler neu kommentiert: siehe
Abb. 4 und 5.
[Mehr in (5), Band 1: Atlas, S. 5]
Quellen
(1) Birgit Hahn-Wörnle, Die Ebstorfer Weltkarte.
Kloster Ebstorf
(2) Kulmbach,
Führer, Kunstverlag Josef Fink, 2000
(3)
L. Popp, Die Ebstorfer Weltkarte im Landschaftsmuseum Obermain in
der Plassenburg zu Kulmbach (Faltblatt mit kurzen Erläuterungen und
Übersichtsplan)
(4) J. Wilke, Die Ebstorfer Weltkarte. Bielefeld
2002
(5) Hartmut Kugler (Hrsg.), Die Ebstorfer Weltkarte, Band I: Atlas
und II: Untersuchungen und Kommentar; Akademie Verlag 2007 [178,00 €]
=>
Die größte illustrierte Weltkarte des Mittelalters
[medienwerkstatt-online.de]
=> Zu
einem Reprint
der Ebstorfer Weltkarte [CAB
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Abb.
5
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Vorschau
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Panoramabilder im Landschaftsmuseum |
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Ebstorfer Weltkarte
3: Forchheim
/ 'Francia orientalis'
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Die Ebstorfer Weltkarte, Spiegel des mittelalterlichen Weltbildes
[=> Uni
Lüneburg]
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Zusammenfassende
Info zur Ebstorfer Weltkarte
[=>
Johanneum zur EXPO 2000
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einer
Bildergalerie (1)
=> Reprint
der Ebstorfer Weltkarte [CAB Online-Shop]
Abb. 1
Neue Digitalisierung (nach Hartmut Kugler:
4,6 MB)
Abb. 2
Obere Hälfte der
Ebstorfer Weltkarte
[Blick nach oben = Osten] =>
größer:
[484 kB] =>
noch
größer [kleinerer Ausschnitt: 624 kB]
[Ausschnitt aus (3), S.49, Abb. 31]
Abb. 3
Ausschnitt unten links
mit Kloster Ebstorf
(mit Kreuz)
Die 3 Rechtecke sind Märtyrergräber, rechts davon 'verda',
darunter 'brema' links davon Lüneburg (Luna),
schräg darüber in der Mitte Braunschweig (mit Löwe).
Der linke Rand weist Nässeschäden auf.
In der Mitte links erkennt man noch '(SA)XONIA'.
Man vergleiche auch mit der unteren Abb. 4.
Abb. 4: neueste Edition 2007
=>
größer (1,27 MB)
[aus (5): Segment 44]
'Blassenbc'
=>
Ausschnitt
noch größer
(~ 3,2 MB)
=>
Forchheim
und die 'Francia orientalis' [= Ebstorfer
Weltkarte -3-]
=>
Link zu einem Webalbum unter PICASA von Dieter Schmudlach
=>
Die Ebstorfer Weltkarte [Lexikon Wikipedia]
=>
Hintergrundinformationen zur Karte [Ein Projekt der Universität Lüneburg]
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