Bild 1
Nachgebaute
hunnische Reflexbögen [RGZM Mainz 1972]
Der obere Bogen (mit Sehne) ist gespannt, der untere entspannt.
Pfeilspitzen (und damit wohl auch die dazu
gehörenden, jedoch im Boden vergangenen Bögen und Köcher) wurden in den Friedhöfen von Alladorf
4 mal, Grafendobrach 1 mal und Weismain 3 mal aufgefunden.
Die Bögen von Oberflacht, Lkr.
Tuttlingen
In zwei Grabungskampagnen Mitte und Ende des 19. Jhdts. wurden etwa
300 Bestattungen eines Friedhofes untersucht, der zwischen 530 bis
650 n. Chr. belegt worden war.
Der nasskalte, saure Boden hatte organische Materialien, vor allem
Holz und Leder hervorragend konserviert. Die aus dem Holz der Eibe
(taxus baccata) gefertigten Bögen weisen eine einheitlich
braune Farbe auf. Die über die Bogenoberseiten gemessenen
Gesamtlängen betragen für den Bogen aus Grab 7: 169,10 cm, den aus
Grab 8: 170,10 cm und aus Grab 21: 184,20 cm. =>
Der Friedhof von Oberflacht [www.dhm.de]
=>
Mehr zu Oberflacht [Enzyklopädie
WIKIPEDIA]
=>
Bild eines alamannischen Bogenschützen
[www.gublerdani.ch]
Ein
schussfähiger
Nachbau des Bogens aus Grab 21 bietet einen
Pfeilauszug von etwa 40 cm bei Zuggewichten um 300 N. Als
charakteristisch werden eine beachtliche Anfangsgeschwindigkeit des Pfeiles mit sehr guter Wirkungsentfaltung im Kernschussbereich
genannt. Während die zierlicheren Bögen aus Grab 7 und 8 eher als
Jagdgeräte für den Nahbereich angesprochen werden, konnten mit dem
mächtigeren Bogen aus Grab 21 Schussweiten von bis zu 170 Metern
erzielt werden.
Reflexbögen der Parther und Hunnen
Während die parthischen Reflexbögen der frühen Kaiserzeit zwei
gerade Hebelplatten im Nockenbereich besaßen, traten bei ihren
Nachfolgern, den Sassaniden und bei den Hunnen asymmetrische
Reflexbögen mit kürzerem unterem Wurfarm auf. Dies verlieh den
Geschossen vom höheren Pferderücken aus eine flachere Flugbahn und
eine bessere Rundumbeweglichkeit (Bild 2).
Pfeilschäfte und Pfeilspitzen
Während sich bei uns von den Schäften der Pfeile nur geringe Reste
in den eisernen Tüllen erhalten haben, liegen von Oberflacht/Württ.
Schaftreste aus einem Ast des Wolligen Schneeballs sowie aus
Birkenspaltholz vor. Schneeballholz bildet aufgrund seiner
Elastizität und der gleichzeitigen Zähigkeit den besten und wohl
seit der Jungsteinzeit genutzten Werkstoff. Aus Altdorf (CH) wurden
Schäfte von der Geißblattpflanze sowie aus Haselnuss- und Eschenholz
bekannt. Man darf vermuten, dass die geglätteten Pfeilschäfte zum
Schutz gegen Feuchtigkeit noch mit einer dünnen Wachsschicht
überzogen wurden. Der Stabilisierung der Flugbahn diente eine am
Schaftende wohl mit Birkenteer eingeklebte Befiederung (Bild 9), die man häufig noch
durch eine Umwicklung z. B. mit Flachs- oder Hanffäden zusätzlich
fixierte (Abb. 6).
7
8
Geflügelte Pfeilspitzen aus Grab 60 von
Alladorf und
Grafendobrach
Pfeilspitzen für die Jagd oder den Kampf
Fast ausnahmslos handelte es sich bei den
Pfeilspitzen um Spitzen mit ausgeprägten Widerhaken, also
um Pfeile für die Jagd mit Tülle. In diese wurden die Pfeilschäfte
wohl in der Regel eingeklebt (siehe Altdorf-CH) und evtl. noch durch
eine Umwicklung zusätzlich fixiert, wie man es bei den Pfeilspitzen
aus dem Grab 60 von Alladorf bei der unteren Tülle noch schwach
erkennen kann (Bild 7). Bei längsovalen bzw. rhombischen
Spitzen (den meisten auf Bild 11) wird eine Verwendung für
Kriegszwecke angenommen.
Bild 12
Ein Jagdhelfer hat Niederwild erspäht.
[(1), S. 80, Abb. 47]
Köcher
aus Holz oder Leder
Da die aufgefundenen Pfeilspitzen zumeist in Bündeln aufgefunden
wurden, ist das Vorhandensein eines Pfeilbehälters anzunehmen,
welcher im Boden vergangen ist.
Nur in seltenen Fällen, wie
etwa in Altdorf-CH (Bild 12) haben sich Reste von hölzernen Köchern
erhalten, die zumeist am Leibriemen getragen wurden.
Quellen
(1) H. Riesch, Pfeil und Bogen zur Merowingerzeit. Eine Quellenkunde
und Rekonstruktion des frühmittelalterlichen Bogenschießens;
Karfunkel Verlag Wald-Michelbach 2002
(2)
A. Fleckinger, Ötzi, der Mann aus dem Eis, Folio Verlag
Bozen 2002 (Lit. 22c)
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Bild 2
Diese Illustration aus dem
Stuttgarter Psalter (um 830)
gibt ein Kampfgeschehen zwischen Awaren und Franken wieder.
[wlb-Stuttgart.de - Abb. 141 (71v)]
Bild
3a
Bild
3b
Eibenholzbögen aus Oberflacht Die oberen
Endpartien von 7, 21 u. 8
aus den Gräbern 21, 7 und 8 (v. r.) sowie Schild aus Erlenholz
[Pfeil und Bogen zur Merowingerzeit (1), S. 19, Tafel 1 und S. 23,
Abb. 8]
Bild 4
Bauzeichnung eines frühawarischen Reflexbogens
von 164 cm Länge aus dem Museum in Szeged
[Pfeil und Bogen zur Merowingerzeit (1), S.
34, Tafel 5.3]
5
6
Alladorf, Grab 60
Pfeilspitzen aus Altdorf (CH)
mit Pfeilen, zwei übereinander
vor der Restaurierung mit Resten
liegenden Messern und Sporen-
einer ehemaligen Umwicklung.
garnitur [Foto: D. Sch.]
[(1), S. 54, Abb. 31]
Bild 9
10
Die Befiederung eines
Pfeiles wird Neudorf-Kahlberg,
Stadt Weismain
rekonstruktruiert [(2) Ötzi, der Mann
["Europas Mitte um 1000", Katalog
aus dem Eis (=
Lit. 22c), S.83]
S. 175; Theiss Verlag Stuttgart 2000]
10. Jhdt. - Länge: 6,2 bis 18,6 cm
=>
Pfeilspitzen vom Turmberg bei Kasendorf
[in Vitrine 22]
11
Für Schussversuche nachgeschmiedete Tüllenpfeilspitzen
[Pfeil und Bogen zur Merowingerzeit (1), S.
57, Abb. 7.1]
13
14
Zeichnerische Rekonstruktion
Normannische Bogenschützen
der Bewaffnung eines Alamannen
auf dem Teppich von Bayeux
von Altdorf, Kanton Uri (CH)
mit zylindrischen Köchern, die
mit Schild, verziertem Köcher,
an einem Schultergurt oder am
Langschwert und Bogen.
Leibriemen befestigt sind.
[(1), S. 67, Tafel 10.3]
[(1), S. 65, Tafel 9.5]
=>
Ungarische
Pfeilspitzen
=>
Magyarische Bögen [atarn.org:
Rekonstruktionen]
=>
Pfeilspitzen von Loch, Stadt Hollfeld: 4./5. Jh. n. Chr.
=>
Aus
der Geschichte von Pfeil und Bogen
[Gubi's Langbogenseite
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