Archäologisches Lexikon

Waffen und Gold

Neues aus der slawischen Nekropole
bei Iffelsdorf, Stadt Pfreimd, Lkr. Schwandorf 

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=> Keramik aus einer Wüstung bei Dietstätt


Im Sommer 2014 und 2015 wurden im Rahmen des Forschungsprojektes »Die Oberpfalz und ihre Nachbarregionen im frühen und hohen Mittelalter« des Instituts für Ur- und Frühgeschichte der Universität Wien sowie des Bamberger Lehrstuhls für Archäologie des Mittelalters und der Neuzeit die archäologischen Untersuchungen bei Iffelsdorf, Stadt Pfreimd, Landkreis Schwandorf, fortgesetzt. Mittlerweile liegen von der Flur Kapellenäcker 51 Bestattungen vor. Die Grenze der Nekropole ist im Norden erreicht, nach Osten zur Naab hin endet das Gräberfeld an einer natürlichen Terrassenkante.

[Die Kampagne von 2014: Pfeilspitzen und Axt]
Zu den bemerkenswertesten Bestattungen der Kampagne 2014 gehören zwei Männergräber mit Waffen. Grab 16 mit einem männlichen Individuum unbekannten Alters enthielt eine eiserne Gürtelschnalle mit ovalem Bügel und einfachem Dorn, zwei Pfeilspitzen mit Widerhaken sowie eine Axt mit schmaler Schneide und abgerundet rechteckigem Schaftloch. Letztere lag mit der Schneide nach Norden und dem Griff zum Kopfende etwas unterhalb der Grabmitte, war also im Hüftbereich deponiert. Vergleichbare Formen sind zwar weit verbreitet, von den nordbayerischen Nekropolen des 8. bis 9. Jhs. liegen solche jedoch bislang nur als Lesefunde aus Mockersdorf, Lkr. Neustadt an der Waldnaab am Rauhen Kulm vor. Etwas häufiger sind Bartäxte mit breiter asymmetrischer Schneide wie aus Grab 30 von Wirbenz, Lkr. Bayreuth in der Flednitz (Haberstroh, Taf. 7.15). Ob die extrem späte C-14 Datierung frühestens an den Beginn des 11. Jhs. zutrifft, kann hier nicht erörtert werden. Zwei Stücke (Stroh: Taf. 14; B11, 19) von Luhe, Lkr. Neustadt an der Waldnaab können heute keinem Grab mehr zugeordnet werden. Obwohl Pöllath (172) Formen mit breiter Schneide als Zimmermannsbeile bezeichnet, dürfte es sich auch bei diesen um Waffen handeln. Dass diese letztendlich in germanisch-merowingerzeitlicher Tradition stehen, zeigt etwa das reich ausgestattete Männergrab der Zeit um 700 von Uttenkofen, Lkr. Deggendorf, unter anderem mit einem Langsax, zuckerhutförmigem Schildbuckel und einem Sporenpaar mit
silberner Streifentauschierung (Stein, Taf. 21). Spätestens ab dem 8. Jh. ist mit einer Vermittlung derartiger Formen auch in weiter östlich gelegene Gebiete zu rechnen.

Der Mann in Grab 15 mit einer auffallend geräumigen und tiefen Grube war mit einem Messer, zwei Feuerstahlen, einer in Textilien gewickelten Pfeilspitze mit Widerhaken, drei weiteren in einem Köcher und einem Langsax ausgestattet. Das einschneidige Schwert (Länge 67,8 cm) mit leicht vom Rücken abgesetzter Angel, Klinge mit zwei Blutrinnen sowie fast gerader, zum Ort nur leicht einziehender Schneide und zwei Riemendurchzügen mit rhombisch verbreiterten Nietplatten lag mit der Spitze zum Fußende hin und dem Griff etwa in Höhe des Unterarms rechts vom Toten. Derartige Waffen sind kennzeichnend für Kriegergräber des späten 7. und frühen 8. Jhs. bei Alamannen, Bajuwaren, Franken oder Sachsen. In den überwiegend slawischen Nekropolen an Obermain, Regnitz und Naab, aber auch in den östlichen Nachbarregionen gehören sie dagegen zu den seltenen Funden. Beispiele stammen etwa aus Grab 1 von Schwabthal, Lkr. Lichtenfels (Pöllath: Kat. 159), Grab 1 von Burglengenfeld, Lkr. Schwandorf (Stroh: Taf. 3; All), Grab 28 von Kallmünz, Lkr. Regensburg (Stroh: Taf. 11; B5), Grab 1 von Krachenhausen, Lkr. Regensburg, Grab 48 von Satzdorf, Lkr. Cham (Pöllath: Taf. 22; 6) oder Grab 3 von Theuern, Lkr. Neumarkt in der Oberpfalz (Stroh: Taf. 17, A32). Die Iffelsdorfer Bestattungen 15 und 16 bestätigen wie die angeführten Vergleiche, dass die Bewaffnung slawischer Eliten Nordostbayerns auf spätmerowingisch-germanische Formen zurückgeht.

[Die Kampagne 2015: Reich ausgestattete Frauengräber]
Während der Kampagne 2015 wurden ausschließlich Bestattungen weiblicher Individuen dokumentiert. Bemerkenswert ist Grab 42 aus der Zeit um 700 mit einem Kettchen aus 13 überwiegend mehrfarbigen Glasperlen, bei denen es sich teils sicher um Erzeugnisse noch des 7. Jhs handelt. Dazu kommt ein kleiner bronzener Kopfschmuckring mit einer konischen Drahtspirale, ein in Nordbayern bislang sehr seltener Typ, jedoch mit guten Analogien etwa in Niederösterreich.

Eine große Überraschung barg Grab 43 mit zwei aus verschieden geformten Goldblechen zusammengesetzten Doppelpyramiden-ohrringen. Kennzeichnend sind die Imitation von Perldraht und tordiertem Draht sowie aufgesetzte radial profilierte Kappen und Hülsen am oberen und unteren Ende. Da der Reif trotz Block-bergung nicht mehr erhalten war, ist nicht auszuschließen, dass beide Stücke bereits beschädigt ins Grab gelangten und der Träger aus einem Textilfaden bestand oder diese auf einer Haube oder etwas ähnlichem aufgenäht waren. Wie die erwähnten Waffen gehört auch Goldschmuck zu den ganz außergewöhnlichen Funden in den Nekropolen Nordostbayerns. Analogien möglicherweise der gleichen Werkstatt liegen in mittlerweile allerdings nur noch bruchstückhafter Erhaltung aus Grab 30 von Burglengenfeld, Lkr. Schwandorf (Stroh, Taf. 5J.6) oder Grab 39 von Krachenhausen, Lkr. Regensburg (ebd. Taf. 13D.1-2) vor. Die Vorbilder für derartige Ohrringe der Zeit um 700 dürften wohl aus dem byzantinischen Raum stammen, wie dies auch für das Stück mit reichem Almandindekor aus St. Martin zu Gruibingen, Lkr. Göppingen (Christlein, Taf. 107) angenommen wird.

[H. Losert/E. Szameit, Waffen und Gold. Bayerische Archäologie,
 Heft 4/2015, S. 8/9 - Zwischenüberschriften von D. Sch.]

 

Im Sommer 2016 sollen die archäologischen Untersuchungen in dieser ungewöhnlichen Nekropole weitergeführt werden. Für die ideelle und finanzielle Unterstützung durch die Stadt Pfreimd, den Lions-Club Schwandorf und Oberpfälzer Wald sowie viele andere Institutionen und Personen sei an dieser Stelle ganz herzlich gedankt.

PD Dr. Hans Losert ist Privatdozent am Lehrstuhl für Archäologie des Mittelalters und der Neuzeit der Universität Bamberg; Prof.
Erik Szameit ist ao. Univ.-Prof. am Institut für Urgeschichte und Historische Archäologie der Universität Wien.

Literatur
R. Christlein, Die Alamannen. Archäologie eines lebendigen Volkes (1979, 2. Aufl.)
C. Haberstroh, Das frühmittelalterliche Gräberfeld von Wirbenz, Gde. Speichersdorf Lkr. Bayreuth (2004)
H. Losert, Mensch und Schlange. Eine bemerkenswerte spätawarische  Gürtelgarnitur aus der slawischen Nekropole bei Iffelsdorf, Stadt Pfreimd, Lkr. Schwandorf, Opf. Bayer. Archäologie 3/2014, S. 32-35.
Eine slawische Nekropole mit Gefäßdeponierungen bei Iffelsdorf an der Naab. Stadt Pfreimd, Lkr. Schwandorf, Opf. Arch. Jahr Bayern 2011, S. 109-111
R. Pöllath, Karolingerzeitliche Gräberfelder in Nordostbayern. Eine archäologisch­historische Interpretation mit der Vorlage der Aus-grabungen von K. Schwarz in Weismain und Thurnau-Alladorf (2002)F. Stein, Adelsgräber des 8. Jahrhunderts in Deutschland (1967)A. Stroh, Die Reihengräber der karolingisch-ottonischen Zeit in der Oberpfalz (1954)
 


 

=> Alladorf Grab 182: Heidnische Bräuche

=> Slawische Keramik aus Iffelsdorf (-1-)

=> Keramik aus einer Wüstung bei Dietstätt

=> Slawische Keramik aus Pfreimd

 

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=> Alladorf Grab 182: Heidnische Bräuche

=> Slawische Keramik aus Iffelsdorf (-1-)

 



Abb.1: Grab 16, Gürtelschnalle, zwei Pfeilspitzen u. Axt.
Re.: Grab 15, Messer, zwei Feuerstahle, vier Pfeilspitzen und Langsax mit zwei Riemendurchzügen

 


      

Abb. 2: Grab 42, bronzener Kopfschmuckring und Kettchen aus 13 Glasperlen (o.). U. li.: Grab 43, zwei goldene Doppelpyramiden-Ohrringe mit verlorenem Reif.

Analogien dazu gibt es in Burglengenfeld, Lkr. Schwandorf Grab 30 (Bild u. re.) und Krachenhausen, Lkr. Regensburg, Grab 39 (unten).

 

Iffelsdorf Grab 43     Burglengenfeld, Lkr.
                                  Schwandorf Grab 30

 

Krachenhausen, Lkr. Regensburg, Grab 39


=> Video: Schatzsuche bei Iffelsdorf

=>  Zeitungsbericht im Wochenblatt:
       Einblicke ins Frühmittelalter


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