Frühmittelalterliche
Siedlungsspuren unter dem ehemaligen Wasserschloss zu Pfreimd,
Landkreis Schwandorf, Oberpfalz
Pfreimd liegt zwischen Amberg und der tschechischen Grenze an
der Stelle, wo das gleichnamige Flüsschen in die Naab mündet. Nicht
zuletzt zum Schutz der durch das Naabtal verlaufenden Altstraße
Regensburg-Eger soll an diesem Platz schon früh eine Befestigung
errichtet worden sein, wenige Kilometer nördlich verläuft die
Altstraße Nürnberg-Böhmen. Die Deutung des offenbar frühen
slawischen Ortsnamens ist umstritten, bemerkenswert jedoch die
Ähnlichkeit mit Pfimda (Pfraumberg)
nahe der Pfreimdquelle in Westböhmen, 41 km nordöstlich des
vorgestellten Fundortes. 1130 wird ein Edelfreier Meginhardus de
Phrimede als Zeuge einer Schenkung urkundlich erwähnt, 1156 war der
Burgort in dessen Besitz. Bis schließlich die Grafen von
Leuchtenberg das Schloss erwarben, wechselte es noch zweimal den
Besitzer. Unter den Leuchtenbergern, die hier bis zu ihrem
Aussterben um die Mitte des 17. Jahrhunderts residierten, wurde
Pfreimd wohlhabend und gewann an Bedeutung. So ist hier ab 1367
Münzprägung belegt. Im 16. Jahrhundert erhielt das direkt an die
Westwand der noch bestehenden Kirche anschließende Wasserschloss
während zweier Umbauphasen seine in mehreren Darstellungen
überlieferte Gestalt mit mächtigem Renaissancegiebel und
vorgesetztem Turmerker.
Bei der Sanierung des ehemaligen Benefiziatenhauses im Sommer 2000
wurden in dessen Garten mehrere Mauern und ein in Vergessenheit
geratener Gewölbekeller entdeckt. Der terrassenartig ans Haus
anschließende Garten lag etwa 1,5 m höher als die vorbeiführende
Straße. Die vorgefundenen Mauern vom Fundament- und Kellerbereich
des bis 1900 abgetragenen Hauptgebäudes des Leuchtenberger
Wasserschlosses überragten das Straßenniveau um annähernd gleiche
Höhe. Dazwischen befanden sich schmalere, von Baugruben der
renaissancezeitlichen Mauern gestörte Fundamente. Die Befunde wurden
von Dipl.-Ing. A. Arazli untersucht und dokumentiert. Dies
ermöglichte Dipl.-Ing. K. Schnieringer, zwischen einer hoch- und
spätmittelalterlichen Bebauung zu unterscheiden (Abb. 131). In der
Hoffnung, Aufschlüsse über die Abfolge der hochmittelalterlichen
Mauern zu gewinnen, wurde im Sommer 2001 hier eine Ausgrabung
durchgeführt. Die Platzwahl der Schnitte war auf dem fast überall
durch Mauern und deren Baugruben gestörten Areal sehr eingeschränkt.
Die Vorgabe, möglichst datierendes Material aus diese Befunde
anlaufenden Schichten zu gewinnen, erfüllte sich nicht, da das
Gelände von Mitarbeitern des örtlichen Bauhofes bereits gründlich,
teils bis auf die Fundamente, freigelegt worden war. Eine sehr dünne
durchgehende Schicht unter dem rezenten Laufhorizont erwies sich als
nahezu fundleer.
Die jüngsten der wenigen aus Baugruben geborgenen Randscherben (Abb.
132,21) datieren in das 12. bis frühe 13. Jahrhundert. Unter der
durchgehenden Schicht lagen mehrere kleinflächige Planierschichten
mit Keramik des l0./11. Jahrhunderts (Abb. 132,19.20), aber auch
frühmittelalterlichen Funden. Besondere Erwähnung verdient eine
flache gelochte Beinscheibe (Abb. 132,1) mit vierkantig genutetem
Fortsatz, wohl ein Stimmschlüssel für ein Instrument, der, wie etwa
bei einer Harfe, nicht fest in dieses integriert, sondern bei Bedarf
aufgesteckt wurde. In die Planierschichten waren auf verschiedenen
Niveaus insgesamt 18 Pfostenlöcher eingetieft, die eine mehrphasige
Holzbebauung belegen. Die Beengtheit der Grabungsfläche erlaubt zwar
keine Rückschlüsse auf Grundrisse, dennoch fällt eine Palisade oder
Wand eines Gebäudes aus eng gestellten Pfosten auf, an deren Verlauf
sich die hochmittelalterlichen Mauern orientieren (Abb. 131). Im
gesamten Areal zog unter die Planierschichten eine dunkle humose,
0,3-0,4 m starke Schicht mit zahlreichen Knochen und
Keramikfragmenten. Schlacken und Eisenobjekte belegen
Metallverarbeitung, mehrere Spinnwirtel deuten auf
Textilherstellung. Ähnliche Funde enthielten zwei längliche, in den
anstehenden Sand der Flussterrasse eingetiefte Gruben. Die Scherben
der ältesten Kulturschichten gehören nach Ton- und
Oberflächenbeschaffenheit zu drei unterschiedlichen Gruppen.
Kennzeichen der gröberen, aufgewülsteten und auch im Randbereich
kaum nachgearbeiteten Variante sind uneinheitliche Wandungsstärke,
unregelmäßige Glätt- und Druckspuren sowie verhältnismäßig schwere
Böden (Abb. 132,2-5). Die Oberfläche wird in erster Linie von direkt
sichtbarer Magerung geprägt. Auffallendstes Merkmal ist grobe,
ungleichmäßig verteilte Magerung, überwiegend aus Quarzsand. Dazu
kommt in geringem Maße feiner Glimmer. Während des Brennvorgangs gab
es Wechsel zwischen oxydierendem und reduzierendem Brand, sodass die
Farbe an einem Gefäß von hellem Ocker bis Schwarz differieren kann.
Im Bruch sind verschiedene Grauschattierungen am häufigsten, der
Scherben erscheint teils gemantelt. Abgesehen vom Glimmeranteil,
entspricht diese Ware der grob gemagerten slawischen Keramik
Oberfrankens (Warenart l nach H. Losert), wobei Dekore wie
arkadenartige Schraffuren oder unregelmäßige Wellenbänder (Abb.
132,2-4) auf der Schulter teils großer Töpfe diese als typologisch
früh ausweisen. Schon 1979 stieß man bei Bauarbeiten nahe der
Hirtenstraße etwa 750 m östlich der Grabungsfläche auf ein fast
vollständiges Gefäß mit einem für derartige Ware kennzeichnenden
Achsabdruck von einer Handtöpferscheibe am Boden. Dazu kommen
zahlreiche Scherben rauwandiger Ware (Abb. 132,6-12), die, abgesehen
von einem geringen Glimmeranteil, der oberfränkischen rauwandigen
Warenart 2a entsprechen.
Kennzeichnend ist wieder recht grobe Magerung, doch ist diese oft
nicht direkt sichtbar, sondern drückt, von einer dünnen Tonschicht
ummantelt, als warzenförmige Erhebung außen durch. Die Unterschiede
zur grob gemagerten Ware sind dennoch fließend. Die meisten Scherben
gehören zu im Randbereich nachgedrehten Töpfen mit Wellenbändern auf
der Schulter. Einstiche mit einem mehrzinkigen Gegenstand wie auf
dem Schulterstück Abb. 132,12 sind von Gefäßen aus Burglengenfeld,
Dietstätt, Krachenhausen, Meischendorf, Oberauerbach, Perschen oder
Nabburg bekannt. Dazu kommen zwei Randstücke unverzierter
handgeformter Töpfe aus schwarzgrauem bis schwarzem Ton und ein
rötlichgrauer Kumpf (Abb. 132,8-10). Die feinere Keramik gehört zur
für weite Bereiche der Oberpfalz typischen Goldglimmerware (Abb.
132,13-18). Die Gefäße wurden aufgewülstet und allesamt im
Randbereich nachgedreht. Der Ton enthält neben unterschiedlich
starken Goldglimmeranteilen feinen bis mittelgroben Quarzsand. Der
Scherben ist an der Oberfläche und im Bruch graubraun bis schwarz.
Fast alle Gefäße weisen auf der Schulter ein- oder mehrfache
Wellenbändern auf. Seltener sind derartige Dekore auf der Innenseite
der Mündung (Abb. 132,16.17), Schraffuren wie bei der gröberen Ware
kommen nicht vor. Die Töpfe aller Warenarten wurden mäßig hart
gebrannt und besitzen einen hochschultrigen Körper mit einfach
abgerundetem oder kantig abgestrichenem Rand. Ähnliche Gefäße sind
aus frühmittelalterlichen Körpergräbern der mittleren und nördlichen
Oberpfalz bekannt, die A. Stroh schon 1954 vorlegte. Mittlerweile
gibt es gut vergleichbare Lesefunde von weiteren benachbarten
Plätzen. Bemerkenswert sind einige vollständige Gefäße vom
gegenüberliegenden Naabufer, 800 m westlich der Grabungsfläche,
südlich von Iffelsdorf. Die bislang größte Anzahl vergleichbaren
Materials stammt von einer Wüstung unbekannten Namens bei Dietstätt,
etwa 12 km südlich von Pfreimd, wo nach einer Prospektion 1991 in
diesem Jahr eine Untersuchung durchgeführt wird. Die grob gemagerte,
rauwandige und Goldglimmerware haben Entsprechungen in slawischer
Keramik Oberfrankens, Böhmens, Mährens und Österreichs, wobei jedoch
bei rauwandiger und Goldglimmerware eine ethnische Differenzierung
schwieriger ist.
Die Analogien datieren die ältesten Siedlungsschichten in
spätmerowingische und karolingische Zeit, was die Vermutung vom
hohen Alter des Ortsnamens stützt. Die besondere Bedeutung des
Befundes ergibt sich aus dem Umstand, dass dies neben Burglengenfeld
einer der wenigen größeren, bei regulären Grabungen geborgenen
Fundkomplexe der mittleren Oberpfalz mit beträchtlichem Anteil
slawischer Siedlungskeramik ist. Ob der Platz in inselartiger Lage
am Zusammenfluss von Pfreimd und Naab bereits befestigt war, wird
vielleicht die nächste Grabungskampagne im Sommer 2002 außerhalb des
renaissancezeitlichen Schlosses und in dessen Grabenbereich klären.
Die Konzentration frühmittelalterlicher Fundplätze an mittlerer Naab
und im Schwarzachtal (Abb. 133) und der im Diedenhofener Kapitular
Karls des Großen von 805 genannte Zollort Premberga (Premberg) bei
Burglengenfeld zur Überwachung des Handels zwischen fränkischem
Reich und Slawen bzw. Awaren zeigen die besondere Bedeutung dieser
slawisch-germanischen Kontaktregion beim gemeinsamen Landesausbau
spätestens seit dem 8. Jahrhundert.
[N. Lohwasser und H. Losert in: Das
Archäologische Jahr in Bayern 2001, S. 125 ff]
Literatur
A. Stroh, Die Reihengräber der karolingisch-ottonischen Zeit in
der Oberpfalz. Materialh. Bayer. Vor-gesch. 4 (Kallmünz 1954).
Ders., Siedlungstunde zu den karolingisch-ottonischen Reihengräbern
bei Burglengenfeld (Oberpfalz). Bayer. Vorgeschbl. 48, 1983, 221 ff.
H. Kunstmann, Der oberpfälzische Flußname Pfreimd. Cech. Pfimda. Die
Welt der Slaven. Halbjahresschr. Slavistik 28, N. F. 7, 1988, 183
ff.
H. Losert, Die Keramik des frühen bis hohen Mittelalters in
Oberfranken. Zeitschr. Arch. Mittelalter Beih. 8 (Köln, Bonn 1993).
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Gefäßdeponierungen
im Friedhof bei Iffelsdorf
Abb. 131: Pfreimd, ehemaliges Wasserschloss.
Übersichtsplan der Baubefunde im Fundament- und Kellerbereich des
Hauptgebäudes. [Das Archäologische Jahr in Bayern 2001, S.
126, 132]
Abb. 132: Pfreimd, ehemaliges Wasserschloss. =>
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Auswahl von Funden. 1 Stimmschlüssel aus Bein; 2-18 Keramik des
frühen Mittelalters; 19-21 Keramik des hohen Mittelalters.
Der Topf Nr. 15 ist ca. 15,2 cm hoch
[Das Archäologische Jahr in Bayern 2001, S.
127, Abb. 132]
Abb. 133: Pfreimd. Fundorte slawischer Keramik in der Oberpfalz,
l Barbaraberg, Gde. Speinshart; 2 Burglengenfeld; 3 Diendorf, Stadt
Nabburg; 4 Dietstätt, Gde. Schwarzach b. Nabburg; 5 Eichelberg,
Stadt Pressath;
6 Iffelsdorf, Stadt Pfreimd; 7 Kallmünz; 8 Krachenhausen, Gde.
Kallmünz;
9 Luhe, Gde. Luhe-Wildenau; 10 Matzhausen, Gde. Hohenfels;
11 Maximiliansfelsen, Wellucker Wald; 12 Meischendorf, Gde.
Schwarzhofen; 13 Nabburg; 14 Oberauerbach, Stadt Neunburg vorm Wald;
15 Perschen, Stadt Nabburg; 16 Pfreimd; 17 Rauher Kulm bei Neustadt
a. Kulm; 18 Regensburg; 19 Schwarzach b. Nabburg; 20 Theuern, Gde.
Kümmersbruck; 21 Uckersdorf, Gde. Schwarzhofen.
Große Punkte: mehrere Fundstellen an einem Ort.
[Das Archäologische Jahr in Bayern 2001, S.
128, Abb. 133]
=>
'Slawische'
Keramik aus der Oberpfalz
[Tafel 65 aus W. Menghin,
Frühgeschichte Bayerns:
Topf links hinten von Nabburg,
Lkr. Schwandorf:
14,6 cm hoch - die beiden
kleineren Töpfe von Kallmünz,
Lkr. Regensburg, Mitte: mit
Bodenmarke von Nabburg]
=>
Gefäßdeponierungen
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