Archäologisches Lexikon

Werkzeuge und Geräte der Altsteinzeit  

Faustkeile und Schaber 

     Altsteinzeit (Paläolithikum)
   
300.000 - 120.000: Risseiszeit
     100.000 -  
   8.000: Würmeiszeit

Im weitaus längsten Abschnitt der mehrere Millionen Jahre dauernden Menschheitsentwicklung benutzten die Menschen immer dann den Rohstoff Stein, wenn es galt, leistungsfähige Werkzeuge anzufertigen, mit denen andere Werkzeuge oder  Geräte hergestellt werden sollten.

Das Rohmaterial
Die  Steinwerkzeuge wurden aus Geröllen oder Kieselschiefer gefertigt, entweder aus hornsteinartigen Materialien wie etwa echtem (nordischen) Feuerstein, Jura- oder Keuperhornstein, Chalzedon oder ähnlichem Material, vor allem aber Kieselschiefer (Lydit) aus dem Frankenwald mit unterschiedlich hohem Tonanteil. Daneben gibt es gelegentlich auch Geräte aus Felsgestein wie etwa Sandstein, Quarziten, Basalt oder Diabas.  


=> Weitere Beispiele von Feuerstein (Flint) [budstone.de]
=>
Material und Schlagtechnik  [Wikipedia]
=> Altpaläolithische Geröllgeräte aus Niederösterreich    [PDF]
=> Weitere altpaläolithische Geröllgeräte aus Südmähren [JPG]


Faustkeile und Schaber

Ihre funktionsgerechte Gestalt und scharfe Schneidekanten erhielten die Geräte durch gezielte Abschläge. Durch beidseitige Bearbeitung eines Rohstückes entstand ein 'Kerngerät', welches oft noch auf beiden Seiten flächig überarbeitet wurde. 

Das bekannteste Beispiel eines solchen 'Zweiseiters' stellt der Faustkeil dar. Derartige, zweiseitig bearbeitete Kerngeräte sind typisch für das ältere Paläolithikum, die Zeit des Homo erectus (bis ca. 300 000 v. Chr.). Im mittleren Paläolithikum, der Zeit des Homo präsapiens und des Neandertalers (bis ca. 40 000 v. Chr.), wurden die Kernsteine oft so vorbereitet, dass die Abschläge eine gewollte Form erhielten. Durch eine zusätzliche Bearbeitung ('Retuschieren') der Kanten entstanden Schaber, Kratzer, Spitzen oder Messer. 
=> Geräte aus der Sesselfelsgrotte in Neuessing [Uni Erlangen]

     Bild 3: Vitrine 1 

Abschläge aus Kieselschiefer, meist aus Unterrodach, 
Lkr. Kronach - obere Reihe Abschläge und Schaber;
untere Reihe: Kratzer und (Bogen-) Schaber.

 

Links zwei Spitzen von Burghaig, daneben zwei Werkzeuge aus dem Philippenloch. Nr. 1: Spitze aus Keuperhornstein, Nr. 2 aus Diabas, Nr. 3: Spitze aus Plattensilex. Alle Stücke sind zweiseitig bearbeitet.    Bild 4: Vitrine 1  

Zweiseitig überarbeitete Steingeräte: links von KU-Burghaig, aus Kalzedon
und Diabas, rechts Philippenloch im Kleinziegenfelder Tal: Plattensilex und Hornstein.

Daneben kannte der Neandertaler auch schon hölzerne Wurfspeere  und Geschossspitzen aus Knochen.

Das Jungpaläolithikum (35.000 bis ca. 8000 v. Chr.) ist durch besonders lange, schmale Abschläge mit parallelen Kanten (Klingen) gekennzeichnet. Nun treten vermehrt auch Gerätschaften aus Knochen und Geweih (Speer- und Harpunenspitzen, Nadeln) auf.

=> Herstellung von Klingen in Drucktechnik (Experimentelle Archäologie):

      Klingen drücken (1)      Klingen drücken (2): Die Itzcolotli-Technik für Obsidian-
      [Filme auf Youtube von Robert Graf, M.A., Winhöring u.a.m.]       Druckklingen

=> Beispiele aus der Obernederhöhle, Lkr. Kehlheim: Knochenspitze und Blattspitze

In dieser Zeit erscheint erstmals die Menschenform, zu der wir uns selbst rechnen, der Homo sapiens.

Literatur
(1) Fränkische Schweiz, Führer zu Archäolog. Denkmälern 20, 1990;
(2) H. Dannheimer: Fundort Bayern, München 1968;
(3) W. Torbrügge/H. P. Uenze: Bilder zur Vorgeschichte Bayerns,
      Jan Thorbecke Verlag 1968;
(4) Spuren der Jahrtausende, Archäologie und Geschichte in
     Deutschland, 2. Auflage 2003 (= Lit. 36),  Theiss Verlag, Stuttgart
(5) Die ersten Menschen in Europa, Archäologie in Deutschland,
     Sonderheft 1998, Theiss Verlag (
= Lit. 9)
(6) Die Neandertaler, eine Spurensuche, Sonderheft 2002, Theiss Verlag (=
Lit. 10)
(7) P. Honorée: Das Buch der Altsteinzeit Econ Verlag 1967
(8) Archäologie in Bayern - Fenster zur Vergangenheit (= Lit. 43)
(9) Zotz / Freund: Mittelpaläolithische Geröllgeräteindustrien aus der Umgebung
      von Kronach (
= Lit. 34), 81, Taf. 66

        [zurück zur Altsteinzeit]

=>  Hölzerne Wurfspeere

=>  Aus dem Leben der Neandertaler

=>  Arbeiten mit Geräten aus Silex

=>  Feuerstein [Blumammu]

=>  Feuersteinlagerstätten [FlintSource.Net]

=>  Zur Schlagtechnik

 

         Bild 1: Vitrine 1  

Geröllgeräte von Unterrodach, Lkr. Kronach
Das linke Stück (wohl das Bruchstück eines Zweiseiters)
ist 6,9 cm
lang. [Zeichnung in (9) F. Zotz/G. Freund 1973
Lit. 34, Tafel 67,1 - oben 7,1 cm = Abb. 2]
Das rechte Gerät wurde auch zum Retuschieren verwendet,
wie mehrere 'Narbenfelder' belegen.

=> Weitere Geröllgeräte von Hummendorf [Uni Erlangen]
=> Altpaläolithische Geröllgeräte aus Niederösterreich  
  [PDF]
=> Bild: Geröllgeräte von Zwerndorf, Niederösterreich    [JPG]
      [Herbert Preisl, Dürnkrut]
=> Weitere altpaläolithische Geröllgeräte aus Südmähren [JPG]
 

 

  Der 9,4 cm lange Faustkeil war in zwei Teile zerbrochen. Der untere Teil war von Ewald Kimpel +, die Spitze von Peter Ziegler als Oberflächenfund geborgen worden.      2

Faustkeil von Unterrodach, Lkr. Kronach (Inv.-Nr. 886)
Zwei Bruchstücke aus Lydit, Länge insges.: 9,3 cm.    
[Zeichnung aus (9)
Zotz/Freund 1973 = Lit. 34, Tafel 66]

 

 

Bild 5: Steinschläger bei der Arbeit
[aus (5), S. 66]
 

=>  Zur Schlagtechnik bei Silexgeräten

=>  Feuerstein: Material und Schlagtechnik [Wikipedia]

=>  Feuerstein: Verarbeitung, Vormachen  [Blumammu]

=>  Feuersteinlagerstätten: Ein sehr detaillierter Überblick
        [FlintSource.Net]

=>  Arbeiten mit Geräten aus Silex

=>  Hölzerne Wurfspeere

=>  Aus dem Leben der Neandertaler

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                              Bild 6

            Faustkeilmesser 
 von Kronach-Wachtersmühle
,
            Länge: ca. 15 cm
=> Zeichnung [AuF3,1981-1982, S.31, Abb. 1]


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