" Imposante Naturerscheinungen wie Felstürme, Felsmassive oder Höhlen hatten in verschiedenen ur- und frühgeschichtlichen Epochen meist eine Funktion im sakralen/rituellen Bereich. Die genaue Bedeutung dieser Orte sowie der Ablauf der rituellen Handlungen lässt sich aber im Detail nicht entschlüsseln. Häufig werden sie allerdings mit Opferzeremonien in Verbindung gebracht.
Während für die nord-, zentral- und ostalpine Region Brandopferplätze charakteristisch sind
(Weiss, Brandopferplätze), sind es im weiter nördlich gelegenen Mittelgebirgsraum eher markante Felsformationen und
Höhlen.
Brandopferplätze zeichnen sich durch ein starkes Aufkommen von verbrannter Keramik und kalzinierten Tierknochen aus; zum Teil gibt es noch Einfassungen innerhalb des Opferplatzes. Sie liegen in der Regel an exponierten Stellen, aber seltener im Bereich markanter Felsen. Allerdings lässt sich nicht immer eine klare Trennung zwischen Brand- und Felsturmopferplatz vollziehen.
Charakteristisch für Felsturmopferplätze sind Konzentrationen stark
zerscherbter, meist unverbrannter Keramik, welche sich unmittelbar am Fuß des Felsens befinden. Als Fundmaterial können zusätzlich verbrannte oder unverbrannte Tierknochen, seltener auch Hortfunde auftreten. Recht häufig wurden solche Orte während der späten
Bronze- und Eisenzeit genutzt. Als Beispiele aus Süddeutschland seien der Maximiliansfelsen bei
Krottensee, der Rabenfels bei Neuhaus oder die Schellnecker Wand bei Essing genannt. Bei letzterer konnte durch neuere Grabungen und Experimente nachgewiesen werden, dass die Gefäße (insbesondere während der Urnenfelderzeit) vom
Felsen geworfen und dadurch zerstört wurden. Diese Handlung lässt sich mit dem Entzug der profanen Bedeutung der Gegenstände, also einer Opferung oder „Übereignung" erklären. Natürlich gibt es noch andere Theorien, wie solche Opferhandlungen vonstatten gingen, so z.B. dass die Gefäße auf den Felsen abgestellt wurden und später durch Witterungseinflüsse herabfielen oder am Felsfuß deponiert und intentionell zerstört wurden (Müller, Schelläcker Wand).
Am Großen Rothenstein bei Stübig (Abb. 34) fand im Oktober 2003 eine kleinere Sondagegrabung statt, deren Ergebnisse nachfolgend vorgestellt werden sollen. Der Fundort ist nur ca. 5 km südlich des Motzensteins gelegen. Östlich des Großen Rothensteins, welcher sich als mächtiger Felsturm aus einem Jurasteilhang erhebt, befindet sich eine nahezu ebene Stelle von ca. 8 x 8 Metern, in deren Zentrum ein größerer Dolomitstein liegt.
Von diesem Platz stammen zahlreiche Lesefunde aus mehreren ur- und frühgeschichtlichen Perioden. Viele davon hatte ebenfalls Hermann Mauer aufgelesen. Da auch schnurkeramische Funde darunter waren, wurde ein Suchschnitt von insgesamt 9 Quadratmeter Fläche gelegt, um die Befundlage zu klären. Allerdings konnte nur eine 15-30 cm starke, tiefschwarze Mullschicht dokumentiert werden, die eine große Anzahl an stark zerscherbter Keramik, verbrannten und unverbrannten Tierknochen sowie einige wenige Silex- und Felsgesteinartefakte enthielt. Zu letzteren zählten eine Pfeilspitze, ein bandkeramischer Dechsel, facettierte Halbfertigprodukte aus Felsgestein und ein Bohrkern. Der Eisenzeit dürften Eisenschlacken sowie Bruchstücke von Doggersandstein mit enthaltenen Eisenkügelchen angehören. Eine
ungestörte Schicht mit schnurkeramischen Material wurde nur unmittelbar am Dolomitstein festgestellt. Sie ließ sich mittels
14C-Analyse eines Rothirschknochens in die Zeit um 2600 v. Chr. datieren.
Der größte Teil der Keramik gehört allerdings der Urnenfelderzeit an. Hier sind als herausragende Funde Fragmente von mindestens zwei, mit aufwendigen Ritzmotiven verzierten Tonstempeln zu nennen (Abb. 35). Als weitere nachgewiesene Perioden können Frühbronzezeit, Hallstattzeit, Frühlatenezeit und Spätlatenezeit (Abb. 36) aufgeführt werden.
Des weiteren wurde der Felsturm mit Bergsteigerausrüstung erklommen, um auch in den sedimentgefüllten Felsspalten nach Funden zu suchen. Dabei konnten nur wenige, den Metallzeiten zuweisbare Keramikfragmente gefunden werden. Somit wird zumindest klar, dass auch hier Gefäße auf dem Felsturm standen.
Der interessanteste Aspekt dürfte aber das Vorhandensein von Produktionsabfall und
Halbfertigprodukten sein. Möglicherweise weist dies auf eine Verbindung zwischen solchen Opferstellen und der Herstellung von Waffen hin. Für eine Siedlung ist der nutzbare Raum definitiv viel zu klein. Eine andere profane Erklärung, warum gerade an diesem, schwer zugänglichen Ort Waffen hergestellt wurden, lässt sich kaum finden. Auch hier steckte mit großer Wahrscheinlichkeit ein sakraler Gedanke dahinter.
Der Große Rothenstein ist demnach einer der Orte, die als prähistorische Opferstätte bezeichnet werden können. Auch im Endneolithikum hatten solche Plätze eine große Bedeutung, was zahlreiche weitere Fundstellen bezeugen."
[T.
Seregely in AXT & RAD, 37 ff]
Literatur:
S. MÜLLER, Die „Schellnäcker Wand" - Ein urnenfelderzeitlicher Opferplatz bei Altessing, Lkr. Kelheim, Niederbayern. In: E. KELLER/R SCHAUER (Hrsg.), Beiträge zu Kult und Religion der Bronze- und Urnenfelderzeit (Regensburg 2003) 107-312.
R.-M. WEISS, Prähistorische Brandopferplätze in Bayern (Espelkamp 1997).
Quelle:
T. Seregély u. a., Axt & Rad en miniature, Aussergewöhnliche
Zeugnisse der Jungsteinzeit vom Motzenstein bei Wattendorf
(Begleitheft zur Sonderausstellung im Fränkische Schweiz-Museum
Tüchersfeld vom 18.03. bis 29.05.2005), Tüchersfeld 2005.
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Abb. 34: Großer
Rothenstein bei Stübig
mit ebenem Vorbereich.
Blick von Osten.
Abb. 35:
Urnenfelderzeitliche Tonstempel.
Abb. 36:
Bronzefibel der Spätlatènezeit
vom Typ Nauheim.
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