" Den größten Grabungserfolg bescherte allerdings der unmittelbar westlich des Motzensteins gelegene Schnitt 10. Auch hier bildeten Lesefunde von Hermann Mauer
(u. a. Miniaturaxtfragmente und Wellenleistenkeramik) den Anlaß zur Grabung. Mauer fand diese unmittelbar an einem größeren, ca. 2,5 Meter breiten und hohen Dolomitblock, um den schließlich das Erdreich Schicht für Schicht abgetragen wurde (Abb. 17). Dabei kamen recht schnell zahlreiche Artefakte zum Vorschein, die auf eine schnurkeramische Siedlungsstelle hindeuteten: zahlreiche Tierknochen, viel zerscherbte Keramik, Silex- und Felsgesteinbruchstücke, Bohrkerne und Sandsteinartefakte, also alles Dinge, die dem Alltag der späten Jungsteinzeit entstammten.
Die Fundschicht war insbesondere westlich des Dolomitblocks bis zu 50 cm mächtig. Nach Norden, Osten und Süden zeichneten sich deutliche Grenzen
ab7. An herausragenden Funden konnten weitere Miniaturaxtfragmente und zwei Fragmente tönerner
Radmodelle8 angeführt werden. Insgesamt konnte aus dem recht kleinen, maximal 15 Quadratmeter großen Schnitt das bislang zahlreichste Siedlungsmaterial der Schnurkeramik Bayerns geborgen werden (Seregely, Siedlung).
Kleinere Sondagen von jeweils einem Quadratmeter (Schnitte 11-13) sollten die Ausdehnung der Kulturschicht untersuchen. Sie zeigten an, dass diese sich auf eine kleinere Fläche begrenzte.
Für das Jahr 2004 wurde geplant, den Schnitt nach Westen zu erweitern, um Form und Ausrichtung der möglichen Hausstelle zu ermitteln und so mögliche Aussagen zur Bauweise zu erhalten.
Im Herbst/Winter 2003 wurde das Gelände südlich und westlich des Motzensteins mittels
Geomagnetik
prospektiert9. Mit dieser Methode können bei günstigen Bedingungen archäologische Befundstrukturen sichtbar gemacht werden. Dazu wurden mehrere 20 x 20 Meter große Quadrate eingemessen und mit dem Gradiometer untersucht. Neben Grabenstrukturen ließen sich zahlreiche andere Befunde erkennen, deren Datierung und Funktion allerdings nur durch eine Grabung ermittelt werden kann.
Mit fünf Studenten wurde Ende März die Grabung im Bereich der Siedlungsstelle in westlicher Richtung erweitert (Schnitt 14). Dabei zeichnete sich ab, dass die Kulturschicht hier muldenartig in einer Nordwest-Südost-verlaufenden Linie ausläuft. Klare Pfostenspuren fehlten, so dass eher ein leicht eingetieftes
Grubenhaus von ca. 7 x 5 Meter Größe angenommen werden kann. Die obertägige Konstruktion könnte von Schwellbalken getragen gewesen sein, was allerdings archäologisch im Mineralbodenbereich kaum nachweisbar ist.
Ins Endneolithikum datierende Schwellbalkenbauten sind beispielsweise aus dem Federseegebiet in Baden-Württemberg belegt (Köninger,
Täschelwiesen).
Ein Meter nördlich wurde Schnitt 15 angelegt, welcher einen mittels Geomagnetik ermittelten, grubenartigen Befund klären sollte. Dieser stellte sich als frühlatenezeitliche Siedlungsgrube heraus, welche hauptsächlich Scherben von Wirtschaftsgefäßen enthielt.
Im Randbereich des Schnittes wurde eine größere Zahl von Dolomitgeröllen beobachtet. Die Klärung dieses Befundes erforderte eine Erweiterung des Schnittes in Nord- und Ostrichtung. Dabei konnte auf sechs Metern Länge eine gerade, Nordwest-Südost verlaufende Dolomitpflasterung aufgedeckt werden, deren Breite 1 bis 1,5 Meter betrug. Die Pflasterung (Abb. 23) war einlagig und verlief etwa im Bereich des Niveaus der schnurkeramischen Kulturschicht.
Jüngere Funde fanden sich in bzw. unter diesem Befund nicht. Stattdessen lagen an zwei Stellen knapp unterhalb des Pflasters Funde, die für eine bewusste Deponierung sprechen. Dies sind zum einen vier größere, schlagfrische Klingen sowie ein Klingenfragment aus Hornstein (Abb. 24), die alle in einem Umkreis von ca. 20 cm zu Tage kamen. Zum anderen fand sich direkt unter einem Stein der Pflasterung ein leicht beschädigtes, aber völlig gebrauchsfähiges Felsgesteinbeil (Abb. 25). Es ist
trapezförmig und weist die für das Endneolithikum typischen Facetten auf.
Bei Umzeichnung des Dolomitpflasterbefunds und Projektion auf den Geomagnetikplan wird deutlich, dass die lineare Struktur mindestens 25 m weiter nach Nordwesten verläuft (Abb. 26). Daran orientieren sich mindestens zwei, annähernd rechteckige und ca. 7 x 5 Meter große Befunde, die eventuell weitere Häuser darstellen könnten. Den Beweis dafür kann allerdings nur eine weitere Grabung erbringen.
Die Funktion der Pflasterung ist ebenfalls noch nicht völlig klar. Eine Deutung als Teil der Hauskonstruktion (vielleicht als Schwellbalkenauflage)
ist aufgrund der sich abzeichnenden Länge auszuschließen. Gleiches gilt für eine mögliche
Terrassierung, da das Gelände nach Nordwesten kontinuierlich ansteigt. Eventuell handelt es sich gar um eine Art Gassen- oder Wegstruktur, an der sich die schnurkeramischen Hausstellen orientieren
(Seregely, Siedlungsbefunde). " [T.
Seregely in AXT & RAD, 25 ff]
=>
Die
Grabungen am Motzenstein bei Wattendorf, BA
[Vorbericht der Uni Bamberg:
Internetseite]
7 Diese ließen sich zum einen durch Bodenveränderungen, zum anderen nur durch die Fundmenge nachweisen.
8 Siehe dazu die nachfolgenden Kapitel.
9 Dazu wurde ein Fluxgate-Gradiometer der Firma Bartington eingesetzt.
Quelle:
T. Seregély u. a., Axt & Rad en miniature, Aussergewöhnliche
Zeugnisse der Jungsteinzeit vom Motzenstein bei Wattendorf
(Begleitheft zur Sonderausstellung im Fränkische Schweiz-Museum
Tüchersfeld vom 18.03. bis 29.05.2005), Tüchersfeld 2005.
Literatur:
J. KÖNINGER, Untersuchungen in der endneolithischen Moorsiedlung
Täschenwiesen, Gemeinde Alleshausen, Kreis Biberach. In: Archäologische Ausgrabungen in Baden-Württemberg 1986) 43-45.
T. SEREGELY, Siedlung und Ritus im frühen Endneolithikum -Neue Grabungsergebnisse aus Wattendorf und
Stübig. In: Das Archäologische Jahr in Bayern 2003 (Stuttgart 2004) 30-33.
T. SEREGELY, Neue schnurkeramische Siedlungsbefunde und eine vollständige Miniaturaxt vom Motzenstein bei Wattendorf. In: Das Archäologische Jahr in Bayern 2004 (im Druck, erscheint Oktober 2005).
|
|
Abb. 17: Grabung im
Bereich der schnurkeramischen
Siedlungsstelle am westlichen Fuß des
Motzensteins.
Abb. 18: Rekonstruierter
Becher der Schnurkeramik
mit gestochenem Zwischen- und Abschlussmuster.
Abb. 19: Fragmente von
schnurkeramischen Bechern.
Abb. 20: Fragmente von
schnurkeramischen Töpfen.
Abb. 21: Bohrkerne aus
der schnurkeramischen Kulturschicht.
Rekonstruktion eines
Hauses mit Blick auf die Herdstelle
[Inszenierung bei der Sonderausstellung "AXT
& RAD
en miniature" in der Sonderausstellung im Fränkische
Schweiz-Museum Tüchersfeld vom 18.03-29.05.2005]
Abb. 22: Schnurkeramische Siedlungsstelle westlich des
Motzensteins.
Weiß: Dolomitgeröll; fette Strichlinie: Grenzverlauf der schnurkeramischen Kulturschicht; dünne Strichlinie: wahrscheinlicher Verlauf des Dolomitpflasters; 1: graubraune, stark tonige Kulturschicht;
2: rötlichbrauner, terra-fusca-artiger Boden;
3: lockere, sandige Dolomitverwitterung; 4: vermutliche Herdstelle
mit rötlich versiegeltem Tonboden und Holzkohle; 5: großer Dolomitblock; 6: rezente Baumwurzelstörung; 7: Dolomitpflaster
mit nördlicher Randbegrenzung; 8: rezente Baumwurzelstörung.
Abb. 23:
Dolomitpflasterung nördlich der
schnurkeramischen Siedlungsstelle.
Abb. 24: Silexklingen und
-fragment
aus Jurahornstein.
[zurück
zum Endneolithikum]
[zurück zur Bronzezeit]
[zurück
zum Lexikon]
[zurück
zum Hockergrab von Neudorf]
[zurück
zur Ausstellungsübersicht]
Zurück
Weiter
|