Schläfenringe oder Kopfschmuckringe?

 

  Abb. 1

Silberne Schläfenringe von verschiedenen Friedhöfen 
             des Kulmbacher Umlandes

 

Als Bestandteil der weiblichen Haartracht werden in der Regel ein Paar silberner bronzener oder selten auch eiserner 'Schläfenringe' seitlich des Schädels aufgefunden. Früher wies man diese generell den Slawen zu. Heute weiß man, dass derartige Ringe im frühen Mittelalter weit verbreitet waren, sowohl im alemannischen, fränkischen als auch im slawischen Raum.

Grab 202 von Weismain: Der kleinere Ring hat einen Dm. von 2,1cm, der größere gedrehte (tordierte) Ring einen Dm. von etwa 3,5 cm.    Abb.3                                      Kleiner Schläfenring mit Glasperle aus dem Kindergrab 52 des Friedhofes von Thurnau-Alladorf. Die aufgeschobene Perle hat einen Dm. von 6,5 mm.  Abb. 4

Kleine Schläfenringe aus tordiertem                           Kleiner Schläfenring mit Glasperle
Silberdraht aus Grab 202 vonWeismain,                    aus einem Kindergrab von Alladorf
                                                                           
      einer von zwei Gehängen (Grab 52)            

Zur Problematik der Benennung der 'Schläfenringe' 
An manchen Ringen wurden Reste von Textilien gefunden, sodass man annehmen kann, dass die Kopfschmuckringe an Bändern eingehakt am Kopf getragen wurden. Hierfür sprechen auch entsprechende Abnützungsspuren (
nach Ralph Pöllath in Lit. 18). 

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                          Die kleinen Schläfenringe aus Silber sind in slawischen Friedhöfen älter als die größeren Ringe. Siehe Lit. 5, S. 189  Abb. 6

                 Kleine slawische Schläfenringe aus Silber 
                 aus dem Friedhof von Espenfeld bei Erfurt
[Dusek, S. 189 = Lit. 5]


So wurden die Schläfenringe bei den Slawen vielleicht getragen:Die Rekonstruktion zeigt, wie diese kleinen Ringe an einem aus Lederstreifen geflochtenem Band am Kopf getragen wurden. Die Kuppe des  bronzezeitlichen Leubinger Hügels im Thüringer Becken hatte auch einer slawischen Dorfge- meinschaft als Bestattungsplatz gedient. Siehe Lit. 5, S. 75+189. Abb. 7

Slawische Schläfenringe: Rekonstruktion auf geflochtenem Lederstreifen 
aus dem Grabhügel von Leubingen, heute Lkr. Sömmerda, im Thüringischen Becken

[(6) Dusek, S. 189 = Lit. 5]

Literatur
(1) Ausgrabungen und Funde 24, 2003/2004 (= Lit. 3)
(2) Leinthaler Beate, Der karolingisch-ottonische Ortsfriedhof von Alladorf, 
    
Die Grabungskampagne 1984  (= Lit. 16)
(3) Pöllath Ralph, Karolingerzeitliche Gräberfelder in Nordostbayern, 4 Bände 
     (= Lit. 18)

(4) Haberstroh Claudia, Das frühmittelalterliche Gräberfeld von Wirbenz, Kataloge
     der Archäologischen Staatssammlung Nr. 30 München 2004 (
Lit. 39).

(5) G. Regele: Das frühmittelalterliche Gräberfeld von Eggolsheim. In: Geschichte
     am Obermain Band 23, CHW-Jahrbuch 2001/02, Lichtenfels 2006.
(6) Dusek Sigrid: Ur- und Frühgeschichte Thüringens, Konrad Theiss Verlag Stuttgart 1999 

=> Reichere Grabaustattungen

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    Grab 53 von Weismain: Der am besten erhaltene von vier Ringen aus Silberdraht mit Gehängeösen und Kettchen, an den punzverzierte rautenförmige Silberbleche hängen.  Abb. 2

Einer von vier silbernen Gehängeohrringen 
aus Grab 53 des Friedhofes von Weismain
kurz nach 800 (H. Losert)

 

 

Abnützungsspuren an den Schläfenringen ließen Ralph Pöllath eine Trageweise ähnlich wie bei den slawischen Ringen an einem Band annehmen. Siehe auch Lit. 18! Abb. 5

Trageweise der Kopfschmuckringe 
           nach Ralph Pöllath

        

      

       Abb. 8

Trageweise von Schläfenringen 
nach tschechischen Funden
Quelle: www.tempus-vivit.net 

 

=> Zur Problematik der Benennung

=> Reichere Grabaustattungen

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