Schläfenringe - Kopfschmuckringe - Ohrringe

Zur Frage der Benennung dieser Ringe


Silberne 'Schläfenringe' von verschiedenen Friedhöfen in Vitrine 25

In der Literatur werden bei der Benennung dieser zu einer weiblichen Haartracht gehörenden, in der Regel paarweise beim Schädel aufgefundenen Ringe aus Silber, Bronze oder seltener auch aus Eisen die unterschiedlichsten Bezeichnungen  verwendet. 

Zu Beginn des letzten Jahrhunderts wurde man mit dem Begriff Schläfenring automatisch die Zuweisung "slawischer" Schläfenring verbunden. Es waren Paul Reinecke und später Karl Dinklage, welche als erste auf die weite Verbreitung über slawische Siedlungsgebiete hinaus hingewiesen haben.

Heute ist bekannt, dass derartige Ringe im frühen Mittelalter in den Ausbaugebieten als Bestandteil einer bestimmten Tracht weit verbreitet waren, beispielsweise im alemannischen, fränkischen und auch im slawischen Raum.

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Während Uta von Freeden (Lit. Nr. 14) die Schläfenringe generell als Ohrringe bezeichnet und Beate Leinthaler (Lit. Nr. 16) allgemein von Ringschmuck spricht, nennt B.-U. Abels diese auch Ohrringe bzw. Schleifenringe (z. B. in Lit. Nr. 2).

Max Hundt schlägt in seiner Publikation des Kleetzhöfer Friedhofes den Terminus Haarschmuckringe vor [M. Hundt, Das karolingische Reihengräberfeld von Felkendorf-Kleetzhöfe im Landkreis Kulmbach. Die Plassenburg Band 6, 1953].

In seiner Neuvorlage des frühmittelalterlichen Friedhofes von Weismain (Lit. Nr. 18) verwenden Ralph Pöllath wie auch weiter unten Claudia und Jochen Haberstroh den neutralen Begriff Kopfschmuckring. Diese Bezeichnung wurde auch von Rita Hanning 2003 in einem Aufsatz zur Typologie der Schläfenringe übernommen. Im Folgenden wird hier aber auch noch die alte Bezeichnung Schläfenring gebraucht, da diese nun einmal weit verbreitet ist.
 
Zu deren Funktion bzw. ihrer Trageweise äußerte sich 2002  auch Claudia Haberstroh in einem Vorbericht des von ihr ergrabenen Gräberfeldes von Wirbenz, Gde. Speichersdorf, Lkr. Bayreuth. Nach dem Vorhandensein bzw. der Ausbildung eines Verschlusses unterscheidet sie wie auch R. Hannig u. a.  Hakenringe und S-Schleifenringe, während Anja Heidenreich (Lit. 29, 1998) hingegen wieder nur von Schläfenringen spricht, was ja auf diesen slawischen Friedhof auf dem Barbaraberg wohl auch zutrifft.

"Als charakteristisch können auch bronzene oder silberne Kopfschmuckringe gelten." ...  "Kopfschmuckringe waren häufig auf Leder oder Textil aufgenäht, weshalb anzunehmen ist, dass sie wohl an einer Kopfbedeckung oder einem Stirnband getragen wurden. Die Lage der Ringe in ungestörten Gräbern bestätigt diese Annahme. Für Grab 4 gelang es in der archäologischen Textilrestaurierung, den Kopfschmuck des etwa dreijährigen Mädchens zu rekonstruieren. Verschiedene Perlen wurden in Dreiergruppen auf einem Stoffband aufgenäht, wobei nur die hinteren Enden des Stoffs freiblieben. Das Zentrum schmückten zwei S-Schleifenringe, auf die je eine kleine Perle aufgeschoben war. Ringe und Perle gehörten in diesem Falle also zum Zierbesatz eines Stirnbands." 
[Claudia Haberstroh zum frühmittelalterlichen Gräberfeld von Wirbenz in Nordostbayern in Lit. 24, S. 146].  

Für die Trageweise an Bändern, die evtl. auch ins Haar geflochten sein konnten, sprechen auch (nach Ralph Pöllath) entsprechende Abnützungsspuren. Im Friedhof vom Barbaraberg, Lkr. Neustadt/Waldnaab (297 Bestattungen), der von 1992 bis 1995 untersucht wurde, konnten Lederreste (in Grab 59 noch 2x3cm) nachgewiesen werden. Hier zeigte die überwiegende Zahl der recht kleinen Kopfschmuckringe (mit Durchmessern von zwei bis fünf Zentimetern) offene Enden und S-Schleifen am anderen Ende.
[Begleitband "Kaiser Heinrich II.", s. o., S. 135f]. 
Die Inventare der Friedhöfe vom Barbaraberg und von Wirbenz  stellen wichtige archäologische Zeugnisse für die Anwesenheit slawischer Siedler in dieser bereits zur Oberpfalz tendierenden Region dar.

=> Lagekarte der Friedhöfe von Wirbenz und Barbaraberg
     mit Übersicht der slawischen und deutschen Ortsnamen 
     [aus Lit. 29, S. 24, Abb. 5]

Literatur
(1) Begleitband zur Bayer. Landesausstellung 2002 in Bamberg, 
"Kaiser Heinrich II."  Theiss Verlag 2002 (= Lit. 24)
(2) Heidenreich Anja, Ein slawischer Friedhof mit Kirche auf dem Barbaraberg im Landkreis Neustadt/Waldnaab (= Lit 29). Otnant-Gesellschaft Pressath 1998 (zugleich Magisterarbeit) 

(3) Haberstroh Claudia, Das frühmittelalterliche Gräberfeld von Wirbenz, Kataloge der Archäologischen Staatssammlung Nr. 30 München 2004.

=> Arten von Kopfschmuckringen

=> slawische Schläfenringe

       [zurück zur Info Schläfenringe-2]


Grab 199 des Alladorfer Friedhofes
mit zwei Schläfenringen und Glasperlen   

 

            Durchmesser dieser Ringes aus Silberdraht: 3,2/3,4 cm.

Kleiner Schläfenring mit Glasperle  
aus dem Kindergrab 52 von Alladorf,
einer von zwei Ringen

 

            Der Durchmesser des kleinen Ringes beträgt 2,1 cm, der des größeren (tordierten) Ohrringes 3,2/3,7 cm.

Zierliche Schläfenringe aus Grab 202            
von Weismain, eines von zwei Paaren.               

 

 

      Die kleinen Schläfenringe aus Silber sind in slawischen Friedhöfen älter als die größeren Ringe. Siehe Lit. 5, S. 189

Kleine slawische Schläfenringe aus Silber 
aus dem Friedhof von Espenfeld bei Arnstadt  [Lit. 5, S. 189] 

 

     

        Kopfschmuck eines etwa dreijährigen Mädchens. Verschiedene Perlen wurden in Dreiergruppen auf einem Stoffband aufgenäht, wobei nur die hinteren Enden des Stoffs freiblieben. Das Zentrum schmückten zwei S-Schleifenringe, auf die je eine kleine Perle aufgeschoben war.

Rekonstruktion eines Stirnbandes von Wirbenz
[Lit. 3: AuF 24, 2003/2004, S. 22 Tafel 10]

 

 

Slawische Schläfenringe aus dem Friedhof 
vom Barbaraberg, Lkr. Neustadt/Waldnaab 
[Begleitband "Kaiser Heinrich II.", S. 135f, Abb. 15] 

=> Vier Kopfschmuckringe größer


    

Schläfenring aus Grab 46
vom Barbaraberg an Lederrest
[Lit. 29, S. 126, Tafel 4, Abb. 4.5]


=>  Arten von Kopfschmuckringen

=> 'slawische Schläfenringe'  

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