Abb. 1
Der Reisberg, von der Giechburg aus gesehen
Im Vordergrund Demmelsdorf, links darüber Schlappenreuth
Topographie
"Wenig östlich des Zusammenflusses von
Main und Regnitz schiebt sich der Reisberg als annähernd ovaler
Sporn nach Westen aus der Hochfläche der Fränkischen Alb (Abb.
1u.2). Mit einer Höhe von ca. 553m über N.N. liegt er um ca. 150
Höhenmeter über dem Talgrund des Leitenbaches, der in den Obermain
entwässert. Der Berg überragt damit auch die umliegenden Randhöhen
und bietet mit einer flaschenhalsförmigen Verbindung zur Hochfläche
beste Voraussetzungen, um den Sporn an dieser Stelle wirkungsvoll
und rasch abzuriegeln (Abb. 2). Dieser nur ca. 50 m breite Anschluss
an die Hochebene wird von einem ca. l m hohen Abschnittswall mit
einem vorgelagerten Graben von noch etwa l m Tiefe abgetrennt. 220m
westlich davon liegt ein zweiter, innerer Wall. Beide Wälle biegen
im Süden etwa 15m vor der Hangkante nach Westen um. Dabei dürfte es
sich jeweils um die innere Wange eines Zangentores handeln, die beim
inneren Wall heute kaum mehr, beim äußeren Tor noch etwa 20m weit zu
verfolgen ist. Der streckenweise nur noch als Terrassenkante
erkennbare innere Abschnittswall schließt sich im Norden an die hier
noch erhaltene Randbefestigung an. An dieser Stelle scheint ein
alter Weg von einer ca. 50 Höhenmeter tiefer liegenden Schichtstufe
vor dem Osthang auf die Hochfläche zu führen. Sollte es sich dabei
um eine antike Zufahrt handeln, muss sie zum Zangentor des inneren
Abschnittswalles geführt haben. Die gesamte Anlage weist eine Größe
von ca. 14 ha auf. Baustrukturen und Funde sind bisher nur auf den
Terrassenflächen innerhalb des inneren Abschnittswalles
nachgewiesen." [(2), S. 201]
Lage und Befunde
"Der Reisberg oder auch Schlappenreuther
Berg ist ein aus der Fränkischen Alb nach Westen vorgeschobener
Sporn, der sich mit einer absoluten Höhe von 553 m über NN rund 200
m über der Talsenke des Ellernbaches erhebt. Nach drei Seiten fällt
er steil ab. Allein im Südosten der Kuppe gewährt eine schmale
flaschenhalsähnliche Verengung von nur 75-100 m Breite den Zugang
von der fast gleich hohen rückwärtigen Albhöhe her. Im Umriss einer
von Norden nach Süden sich verbreiternden Zunge gleichend, gliedert
sich die 520 x 350 m messende Bergkuppe in zwei kleinere Gipfel, die
sich oberhalb des westlichen Steilhangs erheben, und einen sanfter
abfallenden terrassierten Bereich im Osten. Die Binnengliederung mit
Steilhängen rings um die beiden Gipfel bedingt, dass sich von der
rund 14 ha großen Kuppe nur ca. 7 ha für eine Besiedlung eigneten.
Von
der einst vorhandenen Bebauung sind heute nur noch die verrollten
Reste zweier Abschnittswälle sichtbar, die den verengten
Zugangsbereich im Osten absperren. Der äußere Wall weist eine Höhe
von 0,3 m auf, ihm vorgelagert ist ein bis zu 0,8 m tiefer Graben.
220 m weiter westlich befand sich ein innerer Abschnittswall, der
auf 100 m Breite den flaschenhalsförmigen Zugang überquert und heute
noch bis zu 0,5 m aufragt. Beide annähernd Nord-Süd verlaufenden
Wälle biegen im Süden an der Hangkante scharf nach Westen um.
Vermutlich handelt es sich um die Reste von ansonsten abgegangenen
Toranlagen, sogenannten Zangentoren. Obwohl ein sicherer Nachweis
aussteht, wird davon ausgegangen, dass die Abschnittswälle mit den
Toranlagen in das späte 4./5. Jahrhundert, vermutlich sogar erst in
das fortgeschrittene 5. Jahrhundert gehören.
Weitere Reste von einer Befestigung des Reisberges ergaben sich bei
den Ausgrabungen 1983, die wegen der bevorstehenden Errichtung einer
Antennenanlage nötig geworden waren. Damals wurden drei Schnitte
angelegt, von denen zwei in den Gipfelbereichen allerdings ohne
Befund blieben. Der dritte Grabungsschnitt lag an der westlichen
Hangkante. Hier konnten ein System von Pfostenlöchern und ein
Mauerversturz erkannt werden, die von einer Pfostenschlitzmauer
stammen. Die Mauer hatte man auf einer Planierschicht, die das
Gefalle an der Hangkante ausglich, errichtet.
In
den entsprechenden Fundschichten enthaltene Scherben und Metallfunde
sichern eine Datierung der Konstruktion in die späte Römische
Kaiserzeit ab, ihre Zerstörung dürfte um oder noch vor Mitte des 5.
Jahrhunderts erfolgt sein. Sehr wahrscheinlich handelt es sich um
eine Ringmauer, die um die ganze Kuppe lief. Unter den Schichten des
4. bis 5. Jahrhunderts wurden bei der Ausgrabung Spuren einer
vorgeschichtlichen Besiedlung gefunden, die beweisen, dass der
Reisberg schon während der Urnenfelderzeit aufgesucht wurde.
Inzwischen sind außerdem einige Latènefibeln bekannt, die aus den
Hangbereichen stammen. Anzeichen für eine durchgängige Besiedlung
bis in frühgeschichtliche Zeit gibt es hingegen nicht.
Die geophysikalische Untersuchung von 2000
Wichtige Aufschlüsse zur Innenbebauung der Bergkuppe des Reisberges
lieferte die geophysikalische Untersuchung einer großen, fast 80 x
80 m messenden Fläche am Osthang, die im Jahr 2000 durchgeführt
werden konnte. Mit Hilfe eines Magnetometers wurde zerstörungsfrei
eine Vielzahl von Gruben und Pfostenstellungen erfasst, die eine
intensive Nutzung der östlichen Hälfte der Messfläche belegen.
Allerdings lässt sich ihre Datierung in das 4./5. Jahrhundert nicht
erweisen, solange Nachgrabungen ausstehen, die datierbares
Fundmaterial liefern. In dieser Hinsicht erfüllte eine schon 1992
etwas nördlich dieser Fläche freigelegte Arbeitsgrube mit
Feuerstelle voll und ganz die Erwartungen. Neben mehreren Mahlstein-
und nicht mehr genau bestimmbaren Bronzefragmenten lag in der Grube
der Griff einer jüngerkaiserzeitlichen Siebkasserolle.
Trotz dieser wichtigen Resultate, die den Reisberg unter die wenigen
besser erforschten Höhensiedlungen des 4./5. Jahrhunderts einreihen,
bleiben die Ergebnisse zu ausschnitthaft, um ein genaues Verständnis
über die Binnenstruktur der Höhensiedlung und ihre Entwicklung im
4. und 5. Jahrhundert zu gewinnen. Nur wenige Rahmendaten stehen
bislang für eine Interpretation zur Verfügung, die sich im übrigen
auf das gewaltige Kleinfundspektrum aus den Hangbereichen stützen
muss." [(1), S. 10-13]
Zur Forschungsgeschichte
des Reisberges [Zusammenfassung]
Der heute dicht bewaldete Reisberg bei Schlappenreuth erhebt sich
steil aus dem Tal über seine Umgebung. In den vergangenen
Jahrzehnten rückte der Reisberg immer stärker in das Interesse
der Archäologie. Einer der ersten Funde von dort war ein
Beschlag eines römischen Militärgürtels. Er hat eine gute
Entsprechung in Gürtel-
beschlägen von der Ehrenbürg bei
Forchheim.
Mit dem Bau eines Telekommunikationsmasten auf dem Gipfel
war die Chance gegeben, punktuell systematische Grabungen
durchzuführen. Dabei wurde eine umlaufende Pfostenschlitzmauer
erkannt und dokumentiert.
Im Jahre 2000 wurde eine Untersuchung mit einem Magnetometer
im östlichen Bereich der Hochfläche durchgeführt. Neben der
Pfostenschlitzmauer konnten dabei eine Vielzahl von Pfostensetzungen
mehrerer Häuser sowie einige Pfostengruben erkannt werden.
Gleich daneben kam bei einer Grabung ein Grubenhaus zutage, das
ehemals eine Buntmetallwerkstatt beherbergte
[Tafeltext].
Lesefunde vom Reisberg
In den darauf folgenden Jahren wurden die sehr steilen Hangbereiche
des Reisbergs im Auftrage des BLfD immer wieder begangen. Mittlerweile
liegen über 1500 Objekte aus Eisen, Bronze und auch einige wenige
aus Edelmetall vor. Diese Objekte decken alle Lebensbereiche und die gesamte
Zeitspanne der germanischen Besiedelung ab, beginnend
schon in der Latène-Zeit und bis in das letzte Viertel des 5.
Jahrhunderts reichend. Darüber hinaus stammen einzelne Objekte
aus noch späterer Zeit.
Die Mehrzahl der Funde lässt sich eindeutig auf die Zeit um 400
datieren. Da es sich fast ausschließlich um Lesefunde handelt,
ist die Ausstellung nach Themenbereichen gegliedert,
nicht nach zeitlichen Gesichtspunkten
[Tafeltext].
Zusammenfassung und Deutung
[Jochen Haberstroh]
"Auf dem Reisberg bei Scheßlitz spiegeln sich zwei tief greifende
Ereignishorizonte des 5. Jahrhunderts im archäologischen Befund.
Zumindest zeitweise waren daran ostgermanischgeprägte Gruppen
beteiligt. Ein großer Teil dieser Elemente verschwindet schon im
mittleren 5. Jahrhundert endgültig aus dem Maingebiet. In diesem
jahrzehntelangen Prozess mit mehrfachen Ansätzen zur
Herrschaftsbildung ist dem frühen Thüringerreich die „strategische“
Sicherung einer Einflusszone in Mainfranken bisher nicht
nachzuweisen. Deutlicher zeichnen sich im mittleren Drittel des 5.
Jahrhunderts Verbindungen mit der böhmischen Vinarice-Gruppe ab. Die
frühmerowingischen Funde enden in der Zeit der
alamannisch-fränkischen Konflikte, die auf vielen Höhensiedlungen
Südwestdeutschlands ihren Niederschlag finden.
Für Mainfranken ist uns davon in den wenigen Schriftquellen nichts
überliefert.
Vor diesem Hintergrund sind jedoch Zweifel an der vielfach
vorausgesetzten thüringischen Vormacht vor 531 angebracht. Als
Träger der sich bis in das 6. Jahrhundert fortsetzenden
elbgermanischen Traditionen im Maingebiet kommt nur ein Substrat
autochthoner Bevölkerung in Betracht." [(2),
S. 261]
Literatur
(1) Christoph Eger: Die Höhensiedlung des 4. und 5. Jahrhunderts auf
dem Reisberg bei Scheßlitz-Burgellern, Lkr. Bamberg; in
Handwerker Krieger Stammesfürsten; Aufsätze im
Begleitband zur Sonderausstellung im Fränkische Schweiz-Museum Tüchersfeld vom 22. Mai - 07. November 2010.
(2) Jochen Haberstroh: Der Reisberg bei Scheßlitz-Burgellern in der
Völkerwanderungszeit Überlegungen zum 5. Jahrhundert n. Chr. in
Nordbayern
[in GERMANIA 81-1, 2003]
(3a)
Haberstroh Jochen, Germanische Funde der Kaiser- und Völkerwanderungszeit aus Oberfranken. Kallmünz 2000
(=
Lit. 15)
(3) Abels
Björn-Uwe,
Sage Walter, Züchner Christian, Oberfranken in vor- und
frühgeschichtlicher
Zeit, Bamberg, 1996 (=
Lit. 1)
(4) K. Leidolf, P. Ettel, W. Irlinger, J. Zeune, Burgen in Bayern,
7000 Jahre Geschichte im Luftbild. Theiss Verlag 1999, S. 71
(5) B.-U.
Abels, H. Voss: Selten und schön, Arch. Kostbarkeiten, Lichtenfels
2007
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Abb. 2
Reliefkarte des Reisberges
[(1), Abb. 3]
Abb. 3
Luftbildaufnahme des Reisberges von Süden [(4), S. 71]
Abb. 4
Plan des Reisberges [(4), S. 71]
Abb. 5
Rekonstruktion der Pfostenschlitzmauer mit
Zangentor
[(1), Abb. 4]
Abb.
6
Reisberg bei Burgellern:
Grabungsflächen und Fundverteilung,
Stand April 2001 [(2), Abb. 2 (Ausschnitt)]
Abb. 12
Abb. 13
Gürtelbeschlag
vom Reisberg Zeichnung
[aus (1), Abb. 13]
Breite 6,8 cm
Abb. 14
Abb. 15
Nachbildung kerbschnittverzierter
Spätrömische
Gürtelgarnitur aus Bronze
Gürtelbeschläge
von der Ehrenbürg
von der Ehrenbürg,
Lkr. Forchheim
[Sonderausstellung im Fränkische
[(3), S. 155] - Breite: etwa 13,6 cm
Schweiz-Museum Tüchersfeld]
=>
Höhere Auflösung [(5), Nr. 106, S. 225]
=>
Zeichnung
[(3a), Tafel 92]
=>
Gürtelgarnitur im ArchäologieMuseum
Oberfranken in Forchheim in einem Webalbum
Abb. 11
Kerbschnittverzierte Beschläge von
spätrömischen Miltärgürteln
vom Reisberg [(1) Abb. 12]
=>
Handwerk mit Holz- und Eisenverarbeitung
[Funde vom Reisberg -2-]
=>
Bilder von der Sonderausstellung:
Handwerker - Krieger -Stammesfürsten" im
Fränkische Schweiz-Museum
Tüchersfeld in einem PICASA-Webalbum
=>
Als am Reisberg die Waffen sprachen [Nürnberger Zeitung]
=>
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Völkerwanderungszeit
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