Die Entdeckungsgeschichte
Ihre wissenschaftliche Entdeckung
verdankt die Jungfernhöhle indirekt verschiedenen Sagen, die
von alters her in dieser Gegend erzählt werden und von drei Jungfern
handeln, die in dieser Höhle einst gewohnt haben sollen.
Merkwürdigerweise besitzen sie dieser Sage nach keine Köpfe, und
eine Erzählung berichtet sogar, sie seien dort umgebracht worden.
Ein phantasiebegabter, inzwischen verstorbener Einwohner von
Tiefenellern, Georg Engert, genannt „Zimmergörch", vermutete in
dieser Höhle einen verborgenen Schatz und führte heimlich mit zwei
Verwandten sogenannte „Ausgrabungen" durch. Als sie bereits etwa 8
Kubikmeter Erde aus der Höhle herausgeschaufelt hatten, kamen
zufällig
im Dezember 1951 die beiden Bamberger Dr. Oskar Kühn
und Ingenieur Hermann Hundt auf einer geologischen Wanderung vorbei
und entdeckten, dass der Aushub der Jungfernhöhle
voll von Keramikscherben und Knochen war. Die Bamberger Herren
stoppten sofort die unerlaubte Wühlarbeit der Schatzgräber und
erreichten dadurch, dass es zu einer wissenschaftlichen Grabung in
der Jungfernhöhle unter Leitung des Bayerischen Landesamtes
für Denkmalpflege unter Leitung von Professor Dr. Otto Kunkel kam.
[Victor Harth
(Naturforschende Gesellschaft BA]
Zahlreiche Funde
So führte der Traum des Rentners von Schätzen zur Entdeckung eines Kult- bzw. Opferplatzes,
der in verschiedenen Epochen benutzt wurde. Mit Schutt- und
Lehmschichten verfüllt, fand man:
-
sehr formschöne Gefäße der jüngeren Bandkeramik
Auf Grund der Tonscherben ergab
sich, dass allein 110 verzierte Gefäße aus der bandkeramischen
Epoche der Jungsteinzeit in die Höhle gelangt sein müssen. Es fanden
sich aber auch Reste verschiedener Tonwaren aus anderen Abschnitten
der Jungsteinzeit.
-
Knochenstäbchen, sogenannte ‚Eßstäbchen’. Diese fanden sich
auch in
Herxheim.
3: Knochenstäbchen (=>
Herxheim)
-
Zerschlagene und angesengte Skelett- und Schädelreste
von mindestens 40
menschlichen Individuen: 10-11 Erwachsene
(darunter 9 zumeist jüngere Frauen),
4-5 Jugendliche sowie 23 Säuglinge und Kinder.
Eine C14-Untersuchung ergab ein Alter von 6.150
+/- 65 Jahren, was gut gut in die jüngere Linienbandkeramik passt. Immer wieder wurde die Höhle
als Opferschacht benützt:
- im Mittel- und Jungneolithikum,
- in der Bronze-, Hallstatt- und Latènezeit
- und noch im Mittelalter als Abfallgrube.
Ein neolithischer Opferplatz?
Es handelt sich
hier wohl um einen
altneolithischen Opferplatz, denn in allen Gebissen fehlten
die einwurzeligen Zähne, die man offenkundig herausgezogen hatte.
Nach dieser Zahnextraktion wurden die Opfer in der kleinen, 2 bis
3 m tiefen Höhle wohl einer weiblichen Fruchtbarkeitsgottheit
dargebracht. Auch ergaben die Untersuchungen, dass man die Gefäße
absichtlich zerschlagen hatte.
Kannibalismus lässt sich in Oberfranken
übrigens noch am Übergang von der Späthallstatt- zur Frühlatènezeit nachweisen.
Neben
der Interpretation der Höhle als Kultplatz gibt es neuerdings noch
die Deutung als Friedhof. Nachdem man die Leichname erst eine
gewisse Zeit sich selber überlassen hatte, hätte man dann einige
Skelettteile zusammen mit Beigaben in den Schlund der Jungfernhöhle
geworfen.
'Zerhackt und begraben'
Letztere Vermutungen werden auch durch die
Ergebnisse der Ausgrabungen in der Grubenanlage von
Herxheim bei Landau/Pfalz unterstützt. Hier wurden in den
letzten Jahren (1996 bis 2006) bei einem
DFG-Projekt in Langgruben
deponierte
Überreste von bisher 450
Individuen in fragmentarischem Zustand dokumentiert. Dabei fanden
sich auch zerschlagene (teilweise auch von weiter her importierte)
Keramik sowie Knochen-, Geweih- und
Zahnartefakte.
Während man früher ähnliche Befunde als Ergebnisse kriegerischer
Handlungen interpretierte und diese mit dem Ende der
Bandkeramik verknüpfte, sieht man hierin heute eher Spuren ritueller Handungen.
Literatur
(1) B.-U.
Abels: Archäologischer Führer Oberfranken, Führer zu arch. Denkmälern
in Bayern,
Franken Band 2, Konrad Theiss Verlag Stuttgart 1986 (=
Lit. 2)
(2) B.-U.
Abels, W. Sage, Chr. Züchner: Oberfranken in vor- und frühgesch.
Zeit, Bth. 1996
(=
Lit. 1)
(3) B.-U.
Abels in dem Katalog zur Ausstellung des Historischen Museums
Bamberg: „Frühe Kulturen
in Oberfranken von der Steinzeit bis zum Frühmittelalter".
(4) O. Kunkel, Die Jungfernhöhle bei Tiefenellern.
Eine neolithische Kultstätte auf dem Fränkischen Jura
bei Bamberg.
Münchner Beiträge zur Vor- und Frühgeschichte 5 1955.
(5) W.
Thorbrücke u. H.P. Uenze, Bilder zur Vorgeschichte Bayerns. Thorbecke Verlag 1968.
(6)
A. Zeeb-Lanz und Fabian Haack, Zerhackt und begraben: Herxheims
rätselhafte Tote in:
Archäologie in Deutschland, 5 . 2006, September -
Oktober 2006.
Theiss Verlag Stuttgart.
(7)
Bayerische Archäologie Heft 6 2/2008, S. 23 ff.
=>
Zur neuen Zeitschrift 'Bayerische Archäologie'
(8) B.-U. Abels und H. Voß: "Selten und schön - Archäologische
Kostbarkeiten aus der Vor- und Frühgeschichte", CHW-Monographien
Band 9, Lichtenfels 2007.
=>
Exkursion
zur Jungfernhöhle 'UNTERWEGS im Bamberger Land',
Verlag Fränk. Tag
=>
Weitere Informationen [Gde. Litzendorf:
alter Forschungsstand]
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=>
'Die Totengruben der
zerstückelten Leichen'
[Bayerische Archäologie Heft 6 2/2008]
Abb. 1
Der Eingang zur Jungfernhöhle
[Aufnahme: BLfD, Schloss Seehof]
Abb. 2
Die restaurierten
bandkeramischen
Gefäße
[(3), S. 17]
Abb. 4
Zwei bandkeramische Gefäße
[BLfD: Helmut Voss]
Höhe der Flasche: 13,5 cm
=>
Ebenso:
anderes Foto [(8), Nr. 6 auf der S. 24]
Abb. 5
Kopien zweier Gefäße im
Archäologie-Museum
Oberfranken in Forchheim [Foto: D. Sch.]
=>
Weitere Bilder in einem Picasa-Webalbum
Abb.
6
Herxheim: Qualitätvoll verziertes Gefäß [(7), S. 24]
Abb. 7
Herxheim: Ansammlungen von Schädeln [(7), S. 26]
=>
Neolithische Siedlungen und vergessene Funde -
Neues zur
Jungfernhöhle bei Tiefenellern
(Eine
Zusammenfassung neuerer Ergebnisse von Timo Seregély)
=>
Nachuntersuchungen am Vorplatz
der Jungfernhöhle 2008 und 2009
[Uni Würzburg: Prof. Dr. Frank Falkenstein,
Dr.
Timo Seregély]
=>
Herxheim: Projekt der DFG
=>
'Die Totengruben der
zerstückelten Leichen'
[Bayerische Archäologie Heft 6 - 2/2008]
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