Ausgrabungen am Rauhen Kulm 2004

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Archäologische Untersuchungen am Rauhen Kulm in der nördlichen Oberpfalz Stadt Neustadt a. Kulm, Landkreis Neustadt a. d. Waldnaab, Oberpfalz

Rauher und Kleiner Kulm, Zeugnisse vulkanischer Aktivität
Eine der auffälligsten Landmarken Nordostbayerns, der gleichmäßige Kegel des Rauhen Kulms, überragt mit einer Höhe von 683,5 Meter die Oberpfälzer Senke bis zu 233 Meter. Zusammen mit dem benachbarten Kleinen oder Schlechten Kulm gehört er zu einer Reihe von Basaltmassiven, die auf vulkanische Aktivitäten zurückgehen. Der Berg machte in allen Epochen auf den Menschen Eindruck und so verwundert es kaum, dass dieser nicht erst im hohen Mittelalter befestigt wurde.

Befestigungen am Rauhen Kulm
Auf etwa halber Höhe umgibt die Kuppe ein bislang nicht genau datierter Ringwall, während auf dem Gipfelplateau Reste der hoch- bis spätmittelalterlichen bzw. frühneuzeitlichen Burg zu erkennen sind.
Dem außergewöhnlichen Natur- und Kulturdenkmal widmet sich eine der frühesten archäologischen Monographien Nordbayerns. Die 1908-1910 von Major Adalbert Neischl im Auftrag der Naturhistorischen Gesellschaft Nürnberg durchgeführten und schon 1912 publizierten Untersuchungen belegen, dass der Rauhe Kulm vom Neolithikum an immer wieder aufgesucht wurde, obgleich vorgeschichtliche Funde sonst aus der näheren Umgebung bislang weitgehend fehlen. Die frühe Bedeutung des Platzes wird durch ein in den späten 1960erjahren aufgelesenes und hier im Schuttkegel möglicherweise als Opfer niedergelegtes unbenutztes Bronzebeil der späten Bronzezeit unterstrichen. Keramik und Eisenobjekte des 8./9. nachchristlichen Jahrhunderts (Abb. 1) sprachen seit den Untersuchungen von Neischl dafür, dass hier eine karolingerzeitliche Befestigung bestand.

Die hochmittelalterliche Burg auf dem Gipfelplateau
Zur Entstehung der hochmittelalterlichen Burg auf dem Gipfelplateau des Rauhen Kulms schweigen die Schriftquellen. Die Nennung des Leuchtenbergers Bucco de Culmen an erster Zeugenstelle in der Stiftungsurkunde des Benediktinerklosters Michelfeld bei Auerbach von 1119 weist zwar auf einen Ansitz, jedoch ist unbekannt, ob sich dieser auf dem Rauhen oder Kleinen Kulm befand. 1281 verpfändete Landgraf Friedrich von Leuchtenberg das castrum Culme an Burggraf Friedrich III. von Nürnberg, aus dessen Geschlecht die zollernschen Markgrafen von Ansbach-Kulmbach-Bayreuth hervorgingen. 1370 erlaubte Kaiser Karl IV. dem Nürnberger Burggrafen Friedrich V., eine Stadt zwischen den Vesten auf dem Rauhen und Kleinen Kulm zu gründen. Die Burgen konnten von hussitischen Verbänden 1430 nicht eingenommen werden, während Neustadt ein Raub der Flammen wurde. Über das Aussehen der frühneuzeitlichen Anlage vermittelt die anläßlich von Grenzstreitigkeiten angefertigte Göppmannsbühlkarte von 1531 einen guten Eindruck (Abb. 2). Der durch den zollernschen Markgraf Albrecht Alcibiades von Kulmbach angezettelte Markgrafenkrieg (1552-54) bedeutete das Ende beider Befestigungen. Nach einjähriger Belagerung durch Truppen der Reichsstadt Nürnberg, eindrucksvoll illustriert durch ein zeitgenössisches Flugblatt (Abb. 3), mußte der Kommandant 1554, als Munition und Proviant erschöpft waren, auch die Veste auf dem Rauhen Kulm übergeben. Die Burgen wurden daraufhin gründlich geschleift und nicht wieder aufgebaut.

Frühmittelalterliche Gräberfelder in der Umgebung
In den letzten Jahren fanden in der Flednitz, der slawischen Siedlungskammer, dessen natürliches Zentrum der Rauhe Kulm bildet, eine Reihe archäologischer Untersuchungen statt, die unsere Kenntnisse von der früh- und hochmittelalterlichen Siedlungsgeschichte im westlichen Vorland des Fichtelgebirges beträchtlich erweiterten. In Wirbenz wurde 1996 und 1997 eine offenbar vom 8. bis 10. Jahrhundert genutzte Nekropole ausgegraben, die im Rahmen der Dissertation von Claudia Haberstroh vorgelegt wird. Insgesamt etwas jünger ist das von Anja Heidenreich untersuchte und publizierte Gräberfeld mit nachträglich an dessen Rand errichteter Kirche auf dem Barbaraberg über dem Kloster Speinshart. Schon länger bekannt sind die frühmittelalterlichen Nekropolen von Eichelberg und schließlich Mockersdorf, wo 2003 und 2004 bei Lehrgrabungen der Universitäten Bamberg und Wien im Rahmen des Projekts Die Oberpfalz und ihre Nachbarregionen im frühen bis hohen Mittelalter noch einmal 40 Bestattungen des 8./9. Jahrhunderts dokumentiert wurden (siehe Beitrag in Das Archäologische Jahr in Bayern 2003, besonders Abb. 115).

Grabungen des Jahres 2004
Nachdem im Sommer 2004 geklärt wurde, dass hier keine weiteren Gräber mehr zu erwarten und die Grenzen der Nekropole erreicht waren, begannen direkt anschließend Ausgrabungen am Rauhen Kulm.
Es wurden drei Stellen im Bereich der unteren Umwehrung an der von Neustadt am Kulm abgewandten Seite ausgewählt, wobei gewährleistet war, dass die Untersuchungen nicht Schäden an dem eindrucksvollen, bis zu 12,5 m breiten und von außen teils noch 2 m hohen Wall anrichteten. Die Nordhälfte des Ringwalls aus mächtigen Basaltblöcken durchschnittlich etwa 70 m unterhalb des Gipfels wurde im späten 19. Jahrhundert bei der Anlage einer Rampe, dem Steinsträßl, zum Abtransport von Basalt für den Straßen- und Schienenbau stark verändert und durch einen tiefen Steinbruch am Osthang zerstört. Ein Durchgang im Süden geht wohl auf die Anlage eines Wanderpfads im 19. Jahrhundert zurück, während das Zangentor im Osten alt ist. Vorgelagert sind hier wallartige Geröllstreifen sowie flache Terrassen, letztere möglicherweise Zeugnisse frühmittelalterlicher Bebauung.
Ein senkrecht zum Wall angelegter Schnitt unmittelbar an der Südwange des Osttores zeigte, dass nur wenige Meter vom inneren Wallfuß entfernt, heute stellenweise unter besagtem Wanderweg, eine weitere Front verläuft, die möglicherweise zu einer Pfostenschlitzmauer gehört. Dafür, dass dieser im Südosten deutlicher ausgeprägte Innenwall neuzeitlich ist, wie Armin Stroh annahm, fanden wir keine Hinweise. Die Keramik aus anschließenden Schichten spricht hingegen für vorgeschichtliche Entstehung.

Ein weiterer Schnitt galt der Untersuchung eines etwa halbkreisförmigen Podests direkt am Fuß des Geröllkegels gegenüber der Nordwange des Osttores. Funktion und genaue Zeitstellung der zahlreichen, teils gestaffelten Podeste im schmalen Streifen zwischen Schuttkegel und Ringwall im Süden, Südosten und Osten sind noch unklar, wenngleich Keramikfunde am ausgegrabenen Objekt vorgeschichtliche Datierung ausschließen. Vielleicht handelt es sich um Fundamente von Holzbauten.
Zur Vorbereitung einer Erweiterung des Steinbruchs wurde der Ringwall nördlich des Osttores im späten 19. Jahrhundert auf etwa 35 Meter Länge abgetragen, bevor die Basaltgewinnung kurz vor 1900 endgültig eingestellt wurde. An dieser Stelle bestand die Hoffnung, dass ohne großen Arbeitsaufwand, den ein Schnitt durch den erhaltenen Wall erfordert hätte, die Struktur der Umwehrung rekonstruieren zu können. Ein dichtes Netz aus starken Wurzeln und schweren verlagerten Basaltblöcken verhinderte jedoch die rasche Freilegung archäologischer Befunde. Erkenntnisse zum Wallaufbau sind daher erst nach Fortführung der Untersuchungen im Sommer 2005 zu erwarten.

Erste Ergebnisse
Bemerkenswert sind hier viele Scherben des 8. bis 10. Jahrhunderts, wie sie auch Adalbert Neischl an verschiedenen Stellen antraf (Abb. 1) sowie ein frühes Hufeisen des 10. Jahrhunderts. Die geglimmerte Keramik hat gute Analogien in frühmittelalterlichen Gräbern der mittleren Oberpfalz, obgleich ein Großteil der Scherben von etwas gröberer Machart zu sein scheint. Zahlreiche Bruchstücke von Schlacken und verziegeltem Lehm zeugen von Metallverarbeitung in unmittelbarer Nähe. Ein Teil der Funde ist allerdings wohl aus etwas höher gelegenen Siedlungsbereichen verlagert.
Es zeigte sich, dass am Ringwall überall unter dem teils nur wenige Zentimeter starken rezenten Waldhumus Kulturschichten zu erwarten sind. Einige Abschläge und Klingenbruchstücke aus Hornstein bestätigen, dass der Platz schon im Neolithikum aufgesucht wurde. Nach erster Durchsicht liegen zudem Keramikscherben der Bronze-, Urnenfelder-, Hallstatt- und Latènezeit sowie vom 8. bis 10. nachchristlichen Jahrhundert vor, jüngere Funde sind die Ausnahme. Dazu kommen zwei vorgeschichtliche blaue Glasperlen und ein ganz grob geformtes Tonidol mit Durchbohrung.

Ob der 300 m durchmessende Ringwall, dessen Errichtung zweifellos eine organisatorische und arbeitstechnische Meisterleistung darstellt, ins frühe Mittelalter datiert oder zu dieser Zeit lediglich ausgebessert bzw. wiederverwendet wurde, sollen die Untersuchungen 2005 zeigen. Ebenso noch zu klären ist, wann das Gipfelplateau, wo Reste von Trockenmauern durchaus für frühe Zeitstellung sprechen, erstmals befestigt wurde. Feststeht, dass der Platz während der Vorgeschichte und - seit karolingischer Zeit für die Flednitz - zentralörtliche Funktionen übernahm.

Die archäologischen Untersuchungen wären ohne die großzügige Unterstützung durch viele historisch interessierte Personen und zahlreiche örtliche Institutionen nicht möglich gewesen. Die Schnitte wurden nach Abschluß der Kampagne 2004 von der Forstverwaltung Kemnath-Kastl gesichert. Allen Helfern und Grabungsteilnehmern gilt unser herzlicher Dank.                     [Hans Losert und Erik Szameit]

Literatur
A. Neischl, Die vor- und frühgeschichtlichen Befestigungen am Rauhen Kulm bei Neustadt a. Kulm (Oberpfalz) (Nürnberg 1912).
M. Neubauer, Die Göppmannsbühl-Karte von 1531. Die Euregio Egrensis im Bild alter Landkarten. Serie 1: Älteste Blätter/Nr. 1. Otnant-Gesellschaft für Geschichte und Kultur in der Euregio Egrensis (Selb 2001).
A. Stroh, Die vor- und frühgeschichtlichen Geländedenkmäler der Oberpfalz. Materialhefte zur Bayerischen Vorgeschichte, Reihe B, Heft 3 (Kallmünz/Opf. 1975).

=> Zur Sonderausstellung: "Archäologie ohne Grenzen"

=> Zur Geologie des Rauhen Kulms (Vulkanismus)

=> Rauher Kulm [Wikipedia]

=> Das Reihengräberfeld von Mockersdorf
    
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Abb. 1: Rauher Kulm. 1-12 Fundauswahl der Grabungen von
Adalbert Neischl 1908-1910.1 Vorgeschichte oder frühes Mittelalter,
2-12 frühes Mittelalter. 1-8 Keramik, 9-12 Eisen. M 1 : 2.

 

 

 

Abb. 2: Älteste bekannte Darstellung des Rauhen Kulms mit der zollernschen Burg. Deutlich zu erkennen ist ein zentraler Turm, davor ein größeres Gebäude sowie eine Mauer mit bastionsartigen Türmen und am Fuß des überhöhten Bergkegels Neustadt am Kulm. Ausschnitt aus der anläßlich von Grenzstreitigkeiten zwischen den Mark- und Pfalzgrafen angefertigten Göppmannsbühlkarte von 1531 (Neubauer 2001, Staatsarchiv Bamberg).

 

 

 

 

 

Abb. 3: Belagerung der markgräflichen Veste auf dem Rauhen Kulm
durch Truppen der Reichsstadt Nürnberg im Jahre 1554, links (westlich)
Neustadt am Kulm und die Burg auf dem Kleinen Kulm.
Zeitgenössischer Nürnberger Holzschnitt (Neischl 1912, Abb. 4).       

 

 

 

 

Abb. 1: Rauher Kulm. 1-12 Fundauswahl der Grabungen von
Adalbert Neischl 1908-1910: 1 Vorgeschichte oder frühes Mittelalter,
2-12 frühes Mittelalter.  1-8 Keramik, 9-12 Eisen. M 1 : 2.
 

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=> Rauher Kulm [Wikipedia]

=> Zur Geologie des Rauhen Kulms [vfmg-weiden.de: Vulkanismus]

=> Basaltkegel Hoher Parkstein [lfu.bayern.de]

=> Das Reihengräberfeld von Mockersdorf

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