Untersuchungen im Bereich des
Ringwalls am
Rauhen Kulm, Stadt Neustadt a. Kulm, Oberpfalz
"Der 683,5 m hohe Rauhe Kulm gehört mit dem benachbarten Kleinen Kulm zu
einer Reihe von Basaltmassiven, die auf vulkanische Aktivitäten
zurückgehen. Dem außergewöhnlichen Natur- und Kulturdenkmal widmet sich
eine der frühesten archäologischen Monographien Nordbayerns. Die 1908
bis 1910 von Adalbert Neischl durchgeführten Untersuchungen belegten,
dass der Berg vom Neolithikum an immer wieder aufgesucht wurde, obgleich
vorgeschichtliche Funde sonst aus der näheren Umgebung bislang
weitgehend fehlen. Keramik und Eisenobjekte des 8./9. nachchristlichen
Jahrhunderts sprachen dafür, dass hier eine karolingerzeitliche
Befestigung bestand.
Zur Frühzeit der mittelalterlichen Befestigungen des Rauhen Kulms
schweigen die Schriftquellen. Erst 1119 wird der Leuchtenberger „Bucco
de Culmen" in der Stiftungsurkunde des Klosters Michelfeld bei Auerbach
genannt. 1281 verpfändete Landgraf Friedrich von Leuchtenberg das „castrum
Culme" an Burggraf Friedrich III. von Nürnberg, aus dessen Geschlecht
die zollernschen Markgrafen von Ansbach-Kulmbach-Bayreuth hervorgingen.
1370 erlaubte Kaiser Karl IV. dem Nürnberger Burggrafen Friedrich V,
eine Stadt zwischen den Vesten auf dem Rauhen und Kleinen Kulm zu
gründen.
Über das Aussehen der frühneuzeitlichen Anlage auf dem Gipfel des Rauhen
Kulms vermittelt die anlässlich von Grenzstreitigkeiten angefertigte „Göppmannsbühlkarte"
von 1531 einen guten Eindruck. Der durch den zollernschen Markgraf
Albrecht Alcibiades von Kulmbach angezettelte Markgrafenkrieg (1552-54)
bedeutete das Ende beider Befestigungen.
Die Untersuchungen 2004 und 2005 galten der unteren Umwehrung, einem bis
zu 12,5 m breiten und von außen teils noch 2 m hohen Wall aus mächtigen
Basaltblöcken, und seinem Umfeld. Ein senkrecht zum Wall angelegter
Schnitt unmittelbar an der Südwange des östlichen Zangentores (Abb. 1)
zeigte, dass nur wenige Meter vom inneren Wallfuß entfernt eine weitere
Front verläuft, die zu einer nach Ausweis der Funde vorgeschichtlichen
Pfostenschlitzmauer gehört. Ein weiterer Schnitt wurde im Bereich eines
etwa halbkreisförmigen Podests direkt am Fuß des Geröllkegels gegenüber
der Nordwange des Osttores angelegt. Die zahlreichen, teils gestaffelten
Podeste im schmalen Streifen zwischen Schuttkegel und Ringwall im Süden,
Südosten und Osten sind am ehesten Fundamente frühmittelalterlicher
Holzbauten, nahe am Tor boten sie zusätzlichen Schutz des Zugangs. Die
Nordhälfte des 300 m durchmessenden Ringwalls, durchschnittlich etwa 70
m unterhalb des Gipfels gelegen, wurde im späten 19. Jahrhundert bei der
Anlage einer Rampe zum Abtransport von Basalt für Straßen- und
Schienenbau stark verändert und durch einen tiefen Steinbruch am Osthang
zerstört. Zur Vorbereitung einer Erweiterung wurde der Wall auf etwa 35
m Länge abgetragen, kurz bevor die Basaltgewinnung endgültig eingestellt
wurde. Hier bestand die Hoffnung, dass ohne großen Aufwand, den ein
Schnitt durch die erhaltene Umwehrung erfordert hätte, deren Struktur
rekonstruiert werden könne.
Ein dichtes Netz aus starken Wurzeln und schweren verlagerten
Basaltblöcken verhinderte jedoch die rasche Freilegung archäologischer
Befunde. Erst unmittelbar vor Abschluss der letzten Kampagne bestätigte
sich die Vermutung, dass im Ringwall eine zweifrontige Trockenmauer
steckt, an die auf der Innenseite eine Kulturschicht mit zahlreichen
Scherben des 8.-10. und einem Hufeisen des 10. Jahrhunderts stößt. Die
frühmittelalterliche Hangmauer wurde spätestens um 900 in einen breiten
Wall umgewandelt, wobei möglicherweise zunächst ein Abrutschen der
Vorderfront verhindert werden sollte. Die zeitliche Einordnung wird
durch die Beobachtung gestützt, dass in vorgelagerten, den Weg zum Tor
begleitenden bogenförmigen Terrassen gestaffelte Annäherungshindernisse
stecken, wie sie typisch für Befestigungen der ersten Hälfte des 10.
Jahrhunderts gegen die Ungarn sind. Bruchstücke von Schlacken in allen
Sondagen zeugen von Eisenverarbeitung im Hangbereich. Großflächige,
zunächst hoffnungsvoll als Reste von Öfen interpretierte Strukturen aus
„verziegeltem" Lehm unter dem Wall erwiesen sich allerdings als Zeugnis
vulkanischer Tätigkeit.
In den letzten Jahren fanden in der slawischen
Siedlungskammer Flednitz, dessen natürliches und administratives
Zentrum der Rauhe Kulm bildet, eine Reihe archäologischer Untersuchungen
statt, die unsere Kenntnisse von der früh- und hochmittelalterlichen
Siedlungsgeschichte im westlichen Fichtelgebirgsvorland beträchtlich
erweiterten. Dennoch sind viele Fragen weiter unbeantwortet, die
Grabungen werden daher 2006 fortgesetzt. Noch zu klären ist etwa, wann
das Gipfelplateau, wo Reste von Trockenmauern durchaus für frühe
Zeitstellung sprechen, erstmals befestigt wurde und ob als Bauherren die
Schweinfurter Markgrafen in Frage kommen."
[Aufsatz von Hans Losert in RÜCKSPIEGEL, Archäologie
des Alltags in Mittelalter und früher Neuzeit. Begleitheft zur
Ausstellung des Lehrstuhls für Archäologie des Mittelalters und der
Neuzeit an der Otto-Friedrich-Universität Bamberg vom 29.04. -
5.11.2006, S. 60, 61]
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Abb. 1: Älteste bekannte Darstellung des Rauhen Kulms
mit der
zollernschen Burg. Deutlich zu erkennen ist ein zentraler Turm,
davor
ein größeres Gebäude sowie eine Mauer mit bastionsartigen
Türmen und am
Fuß des überhöhten Bergkegels Neustadt am Kulm. Ausschnitt aus der
anläßlich von Grenzstreitigkeiten zwischen den
Mark- und Pfalzgrafen
angefertigten Göppmannsbühlkarte von 1531 [Neubauer 2001, Staatsarchiv
Bamberg].
Abb. 2: Rauher Kulm, Wall mit Toranlage
[Foto: K. Graf]
Hans Losert bei einer Führung: 26.08.2005 [Foto: D. Sch.]
Literatur
Neischl, A.: Die vor- und
frühgeschichtlichen Befestigungen am Rauhen Kulm bei Neustadt a. Kulm
(Oberpfalz). Nürnberg 1912.
Neubauer, M.: Die Göppmannsbühl-Karte von 1531 Die Euregio Egrensis im
Bild alter Landkarten. Serie l. Älteste Blätter/Nr. 1.
Otnant-Gesellschaft für Geschichte und Kultur in der Euregio Egrensis.
Selb 2001.
Stroh, A.: Die vor- und frühgeschichtlichen Geländedenkmäler der
Oberpfalz. Materialhefte zur Bayerischen Vorgeschichte 3. Kallmünz/Opf.
1975.
Losert, H./Szameit, E.: Ausgrabungen im
Bereich der vor- und frühgeschichtlichen Umwehrung am Rauhen Kulm. Stadt
Neustadt am Kulm, Landkreis Neustadt a.d. Waldnaab, Oberpfalz. Das
Archäologische Jahr in Bayern 2004, 2005, 126-128.
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