Ausgrabungen am Rauhen Kulm 2005

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Untersuchungen im Bereich des Ringwalls am
Rauhen Kulm, Stadt Neustadt a. Kulm, Oberpfalz

"Der 683,5 m hohe Rauhe Kulm gehört mit dem benachbarten Kleinen Kulm zu einer Reihe von Basaltmassiven, die auf vulkanische Aktivitäten zurückgehen. Dem außergewöhnlichen Natur- und Kulturdenkmal widmet sich eine der frühesten archäologischen Monographien Nordbayerns. Die 1908 bis 1910 von Adalbert Neischl durchgeführten Untersuchungen belegten, dass der Berg vom Neolithikum an immer wieder aufgesucht wurde, obgleich vorgeschichtliche Funde sonst aus der näheren Umgebung bislang weitgehend fehlen. Keramik und Eisenobjekte des 8./9. nachchristlichen Jahrhunderts sprachen dafür, dass hier eine karolingerzeitliche Befestigung bestand.

Zur Frühzeit der mittelalterlichen Befestigungen des Rauhen Kulms schweigen die Schriftquellen. Erst 1119 wird der Leuchtenberger „Bucco de Culmen" in der Stiftungsurkunde des Klosters Michelfeld bei Auerbach genannt. 1281 verpfändete Landgraf Friedrich von Leuchtenberg das „castrum Culme" an Burggraf Friedrich III. von Nürnberg, aus dessen Geschlecht die zollernschen Markgrafen von Ansbach-Kulmbach-Bayreuth hervorgingen. 1370 erlaubte Kaiser Karl IV. dem Nürnberger Burggrafen Friedrich V, eine Stadt zwischen den Vesten auf dem Rauhen und Kleinen Kulm zu gründen.
Über das Aussehen der frühneuzeitlichen Anlage auf dem Gipfel des Rauhen Kulms vermittelt die anlässlich von Grenzstreitigkeiten angefertigte „Göppmannsbühlkarte" von 1531 einen guten Eindruck. Der durch den zollernschen Markgraf Albrecht Alcibiades von Kulmbach angezettelte Markgrafenkrieg (1552-54) bedeutete das Ende beider Befestigungen.

Die Untersuchungen 2004 und 2005 galten der unteren Umwehrung, einem bis zu 12,5 m breiten und von außen teils noch 2 m hohen Wall aus mächtigen Basaltblöcken, und seinem Umfeld. Ein senkrecht zum Wall angelegter Schnitt unmittelbar an der Südwange des östlichen Zangentores (Abb. 1) zeigte, dass nur wenige Meter vom inneren Wallfuß entfernt eine weitere Front verläuft, die zu einer nach Ausweis der Funde vorgeschichtlichen Pfostenschlitzmauer gehört. Ein weiterer Schnitt wurde im Bereich eines etwa halbkreisförmigen Podests direkt am Fuß des Geröllkegels gegenüber der Nordwange des Osttores angelegt. Die zahlreichen, teils gestaffelten Podeste im schmalen Streifen zwischen Schuttkegel und Ringwall im Süden, Südosten und Osten sind am ehesten Fundamente frühmittelalterlicher Holzbauten, nahe am Tor boten sie zusätzlichen Schutz des Zugangs. Die Nordhälfte des 300 m durchmessenden Ringwalls, durchschnittlich etwa 70 m unterhalb des Gipfels gelegen, wurde im späten 19. Jahrhundert bei der Anlage einer Rampe zum Abtransport von Basalt für Straßen- und Schienenbau stark verändert und durch einen tiefen Steinbruch am Osthang zerstört. Zur Vorbereitung einer Erweiterung wurde der Wall auf etwa 35 m Länge abgetragen, kurz bevor die Basaltgewinnung endgültig eingestellt wurde. Hier bestand die Hoffnung, dass ohne großen Aufwand, den ein Schnitt durch die erhaltene Umwehrung erfordert hätte, deren Struktur rekonstruiert werden könne.

Ein dichtes Netz aus starken Wurzeln und schweren verlagerten Basaltblöcken verhinderte jedoch die rasche Freilegung archäologischer Befunde. Erst unmittelbar vor Abschluss der letzten Kampagne bestätigte sich die Vermutung, dass im Ringwall eine zweifrontige Trockenmauer steckt, an die auf der Innenseite eine Kulturschicht mit zahlreichen Scherben des 8.-10. und einem Hufeisen des 10. Jahrhunderts stößt. Die frühmittelalterliche Hangmauer wurde spätestens um 900 in einen breiten Wall umgewandelt, wobei möglicherweise zunächst ein Abrutschen der Vorderfront verhindert werden sollte. Die zeitliche Einordnung wird durch die Beobachtung gestützt, dass in vorgelagerten, den Weg zum Tor begleitenden bogenförmigen Terrassen gestaffelte Annäherungshindernisse stecken, wie sie typisch für Befestigungen der ersten Hälfte des 10. Jahrhunderts gegen die Ungarn sind. Bruchstücke von Schlacken in allen Sondagen zeugen von Eisenverarbeitung im Hangbereich. Großflächige, zunächst hoffnungsvoll als Reste von Öfen interpretierte Strukturen aus „verziegeltem" Lehm unter dem Wall erwiesen sich allerdings als Zeugnis vulkanischer Tätigkeit.

In den letzten Jahren fanden in der slawischen Siedlungskammer Flednitz, dessen natürliches und administratives Zentrum der Rauhe Kulm bildet, eine Reihe archäologischer Untersuchungen statt, die unsere Kenntnisse von der früh- und hochmittelalterlichen Siedlungsgeschichte im westlichen Fichtelgebirgsvorland beträchtlich erweiterten. Dennoch sind viele Fragen weiter unbeantwortet, die Grabungen werden daher 2006 fortgesetzt. Noch zu klären ist etwa, wann das Gipfelplateau, wo Reste von Trockenmauern durchaus für frühe Zeitstellung sprechen, erstmals befestigt wurde und ob als Bauherren die Schweinfurter Markgrafen in Frage kommen."

[Aufsatz von Hans Losert in RÜCKSPIEGEL, Archäologie des Alltags in Mittelalter und früher Neuzeit. Begleitheft zur Ausstellung des Lehrstuhls für Archäologie des Mittelalters und der Neuzeit an der Otto-Friedrich-Universität Bamberg vom 29.04. - 5.11.2006, S. 60, 61]

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Abb. 1: Älteste bekannte Darstellung des Rauhen Kulms
mit der zollernschen Burg. Deutlich zu erkennen ist ein zentraler Turm,
davor ein größeres Gebäude sowie eine Mauer mit bastionsartigen
Türmen und am Fuß des überhöhten Bergkegels Neustadt am Kulm. Ausschnitt aus der anläßlich von Grenzstreitigkeiten zwischen den
Mark- und Pfalzgrafen angefertigten Göppmannsbühlkarte von 1531 [Neubauer 2001, Staatsarchiv Bamberg].

 

 

Abb. 2: Rauher Kulm, Wall mit Toranlage [Foto: K. Graf]

 

 

Hans Losert bei einer Führung: 26.08.2005 [Foto: D. Sch.]
 

Literatur
Neischl, A.: Die vor- und frühgeschichtlichen Befestigungen am Rauhen Kulm bei Neustadt a. Kulm (Oberpfalz). Nürnberg 1912.
Neubauer, M.: Die Göppmannsbühl-Karte von 1531 Die Euregio Egrensis im Bild alter Landkarten. Serie l. Älteste Blätter/Nr. 1. Otnant-Gesellschaft für Geschichte und Kultur in der Euregio Egrensis. Selb 2001.
Stroh, A.: Die vor- und frühgeschichtlichen Geländedenkmäler der Oberpfalz. Materialhefte zur Bayerischen Vorgeschichte 3. Kallmünz/Opf. 1975.

Losert, H./Szameit, E.: Ausgrabungen im Bereich der vor- und frühgeschichtlichen Umwehrung am Rauhen Kulm. Stadt Neustadt am Kulm, Landkreis Neustadt a.d. Waldnaab, Oberpfalz. Das Archäologische Jahr in Bayern 2004, 2005, 126-128.


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