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       Archäologische Untersuchungen am Rauhen Kulm  
		in der Flednitz (Hans Losert): 1. Teil 
		"Ganz in der Nähe von Kemnath liegt eine 
		der auffälligsten Landmarken Nordostbayerns; wären da nicht 
		unterschiedliche historische Grundlagen und die heutige Landkreisgrenze, 
		könnte man den Rauhen Kulm leicht als Kemnaths Hausberg bezeichnen. Der 
		gleichmäßige Kegel überragt mit 683,5 Meter Höhe die Oberpfälzer Senke 
		bzw. das nördliche Oberpfälzische Bruchschollenland um bis zu 233 Meter. 
		Zusammen mit dem unmittelbar benachbarten Kleinen oder Schlechten Kulm 
		am Nordwestrand von Neustadt (Abb. 1), dem Waldecker Schloßberg, 
		Armesberg sowie Parkstein gehört er zu einer Reihe von Basaltmassiven, 
		die auf vulkanische Aktivitäten zurückgehen. Der Berg im südlichen 
		Fichtelgebirgsvorland machte in allen Epochen auf den Menschen Eindruck 
		und so verwundert es kaum, dass dieser nicht erst im hohen Mittelalter 
		aufgesucht und befestigt wurde. 
		
		[Frühe Forschungen] 
		Im 
		Bereich des außergewöhnlichen Natur- und Kulturdenkmals, um das sich 
		zahlreiche Sagen ranken (1), fanden bereits sehr 
		früh archäologische Schürfungen statt (Abb. 1-3). Die in den Jahren 
		1908-1910 von Major Dr. Adalbert Neischl (1853-1911) im Auftrag der 
		Naturhistorischen Gesellschaft Nürnberg durchgeführten Untersuchungen, 
		deren Ergebnisse 1912 posthum von Prof. Dr. Hugo Obermaier in einer für 
		die Zeit vorbildhaften Monographie vorgelegt wurden, belegten, dass der Rauhe Kulm vom Neolithikum an immer wieder aufgesucht wurde, obgleich 
		vorgeschichtliche Funde sonst aus der näheren Umgebung bis in jüngste 
		Zeit fast völlig fehlten (siehe den Beitrag Gabriele Raßhofer in diesem 
		Band). Die frühe Bedeutung des Platzes wird durch ein in den späten 
		1960er-Jahren aufgelesenes und hier im Schuttkegel möglicherweise als 
		Opfer niedergelegtes unbenutztes Bronzebeil der späten Bronzezeit 
		unterstrichen. (2) Keramik und Eisenobjekte des 
		8./9. nachchristlichen Jahrhunderts (Abb. 3) sprachen seit den 
		Untersuchungen von Neischl dafür, dass hier ein zentraler Ort der 
		Karolingerzeit bestand. [Neischl 1912: Planbeilage II] 
		
		[Zum 
		Namen Kulm] 
		Die Bezeichnung
		Kulm wurde vom germanischen, wohl gotischen *hulmaz für 
		Hügel über das altslawische ch-'blm'b 
		in allen slawischen Sprachen als Bezeichnung für Hügel und Berg 
		übernommen. (3) Verwandt ist 
		das lateinische culmen - Gipfel, Kuppe, das im Schweizerdeutschen 
		als Kulm, Chulme(n) oder Gul-m(en) für oberste 
		Bergkuppe gebraucht wird. Flurnamen wie Kolm, Külmitz, Kolmacker 
		etc. sind im Gebiet zwischen Obermain und Naab sehr häufig. Ernst 
		Schwarz nahm daher an, dass Kulm hier auch von Franken und Bayern aus 
		dem Slawischen entlehnt wurde (4) und bezieht das 
		Egerland bzw. obere Egergebiet, wo mit dem 1432 erstmals genannten 
		Rauhenkulm beim Wallfahrtsort Maria Kulm (Chlum-Svate Mari) 14 km 
		nordöstlich von Eger eine bemerkenswerte Namensentsprechung vorliegt, in 
		die Zone der nordbayerischen Kulme ein. (5) 
		Der 
		Berg bildet den natürlichen Mittelpunkt einer historischen 
		Siedlungslandschaft an der oberen Heidenaab (Abb. 16-17), deren 
		slawischer Name, wie Michael Neubauer und Bernd Thieser nachweisen 
		konnten, (6) seit dem späten 
		Mittelalter als Flednitz überliefert ist. (siehe den Beitrag von 
		Wolfgang Janka in diesem Band). 
		Vergleichbare Bezeichnungen einer im weitesten Sinne wasserreichen bzw. 
		sumpfigen Landschaft lassen sich bis in die Ostalpen nachweisen, für 
		Nordbayern ist schon 1009 ein aqua Fladniza von altslawisch 
		Blat'bnica 
		für Sumpfbach zu altslawisch blato -Sumpf, heute Flanitz, Lkr. 
		Regen belegt. (7) 
		
		[Zupane - Vertreter des örtlichen Adels] 
		Die 
		verhältnismäßig späten Nennungen von Zupanen - ursprünglich bei den 
		Awaren Bezeichnung für den Anführer eines Stammes (8) 
		- hier entweder eine slawische Bezeichnung für Vertreter des örtlichen 
		Adels und/oder den Vorstehenden eines überschaubaren slawischen 
		Siedlungsverbandes - 1259 Henricus de Berensteine Suppanus nach 
		einem Ort 4 km nördlich von Windisch Eschenbach, Lkr. Neustadt/ 
		Waldnaab, 1260 der Graf von Murach, genannt Suppan bei 
		Oberviechtach, Lkr. Schwandorf, (9) 1270 
		Suppanus Heinricus de Bernstein (10) und 1272
		Heinri(cus) de Bibrach suppanus aus Oberbibrach, Lkr. 
		Neustadt/Waldnaab 6 km südöstlich vom Rauhen Kulm (11)
		- sowie zeitgleiche Analogien aus den Bistümern Bamberg 
		und Würzburg (12) sprechen für slawische 
		Sprachlichkeit auf dem Lande, und mit den beiden Nennungen im Norden der 
		Oberpfalz auch in der Flednitz, noch im 13. Jahrhundert. Die erst seit 
		dem hohen Mittelalter erfolgende Ausweitung des bayerischen Dialekts bis 
		ins Fichtelgebirge und Egerland zeugt vom langen Prozeß bayerischer 
		Ethnogenese bzw. Assimilation der Slawen, (13) der 
		im Norden und an der nordöstlichen Peripherie, im Egerland und Teilen 
		Westböhmens auch später noch andauerte. 
		
		[Geschichte der Burg im Hochmittelalter] 
		Schriftquellen zur Entstehung der hochmittelalterlichen Burg auf dem 
		Gipfelplateau des Rauhen Kulms sind nicht bekannt. Die Nennung des 
		Leuchtenbergers Bucco de Culmen an erster Zeugenstelle in der 
		Stiftungsurkunde des Benediktinerklosters Michelfeld bei Auerbach von 
		1119 (14) weist zwar auf einen Ansitz, jedoch ist 
		unbekannt, ob sich dieser auf dem Rauhen oder Kleinen Kulm befand. 
		Erwogen wurde auch Identifizierung von Culmen mit dem Ort Kulmain 
		8 km nordnordöstlich vom Rauhen Kulm.(15)1281 
		verpfändete Landgraf Friedrich von Leuchtenberg das castrum Culme 
		an Burggraf Friedrich III. von Nürnberg, aus dessen Geschlecht die 
		hohenzollernschen Markgrafen von Ansbach-Kulmbach-Bayreuth hervorgingen.(16) 
		1370 
		erlaubte Kaiser Karl IV. dem Nürnberger Burggrafen Friedrich V, eine 
		Stadt zwischen den Vesten auf dem Rauhen und Kleinen Kulm zu gründen. 
		Die Burgen konnten von hussitischen Verbänden 1430 nicht eingenommen 
		werden, während Neustadt ein Raub der Flammen wurde. 1462 wurde Neustadt 
		im Fürstenkrieg von seinen Bürgern in Brand gesetzt, die dann in der 
		Burg auf dem Kleinen Kulm Zuflucht suchten. Anlaß war, dass Bayern bzw. 
		böhmische Söldner in markgräfliches Gebiet eingefallen waren, nachdem 
		Markgraf Albrecht Achilles von Brandenburg von Kaiser Friedrich die 
		Vollstreckung der Reichsacht über Herzog Ludwig den Reichen von 
		Bayern-Landshut und den Kurfürsten Friedrich von der Pfalz übertragen 
		wurde. (17) 
		Über 
		das Aussehen der frühneuzeitlichen Anlage vermittelt die anläßlich von 
		Grenzstreitigkeiten angefertigte Göppmannsbühlkarte von 1531 (Abb. 4) 
		einen guten Eindruck.(18) Der durch den 
		zollernschen Markgrafen Albrecht Alcibiades von Kulmbach angezettelte 
		Markgrafenkrieg (1552-54) bedeutete das Ende beider Befestigungen. Nach 
		einjähriger Belagerung durch Truppen der Reichsstadt Nürnberg, 
		eindrucksvoll illustriert durch ein zeitgenössisches Flugblatt (Abb. 5), 
		mußte der Kommandant 1554, als Munition und Proviant erschöpft waren, 
		die Veste auf dem Rauhen Kulm übergeben. Die Burgen wurden daraufhin 
		gründlich geschleift und nicht wieder aufgebaut. 
		Die 
		beiden zeitgenössischen Darstellungen (Abb. 4-5) zeigen deutlich, dass 
		es für die Verteidigung unerläßlich war, stets über gute Sicht zu 
		verfügen und dem Angreifer keine Deckung zu geben, weshalb die 
		Berghänge, aber auch das weitere Vorfeld der Befestigung unbewaldet 
		waren. Das heute teils von wertvoller Vegetation geprägte Bild des 
		Rauhen Kulms steht dazu in großem Gegensatz. 
		Von der 
		Belagerung der Gipfelburg durch die Hussiten oder den 
		Auseinandersetzungen während des Fürstenkrieges zeugen vielleicht 
		Scherben spätmittelalterlicher Keramik, die im Torbereich des 
		frühmittelalterlichen Ringwalls, aber auch an anderen Stellen 
		angetroffen wurden, sowie zwei Armbrustbolzen (Abb. 6). 
		
		Archäologische Quellen des frühen bis hohen Mittelalters aus der 
		mittleren und nördlichen Oberpfalz sind in erster Linie Gräber (Abb. 
		25), Siedlungen und Burgen. Sie bestätigen, dass diese Region 
		vielschichtigen Prozessen ausgesetzt war, an denen Franken, Bayern, 
		Slawen bzw. Naabwenden und als wichtiger Traditionsträger auch die 
		namenlose autochthone Bevölkerung beteiligt waren. 
		 
		Anmerkungen 
		(1) Fähnrich 
		1994.(siehe Literaturverzeichnis). 
		(2) Bayerische Vorgeschichtsblätter. Beiheft 5. 1992. Fundchronik für 
		das Jahr 1989: 58, Abb. 35;  
		(3) Eichler, Greule, Janka & Schuh 2006: 77-79, Schwarz 1960: 228-230, 
		389. Nordbayerische Beispiele sind Culm, Lkr. Coburg (Schwarz 1960: 
		229), Culmberg (heute Sophienberg), Lkr. Bayreuth (Eichler, Greule, 
		Janka & Schuh 2006: 79-80, 127, 251, 253, 262, 264, Schwarz 1960: 229), 
		Kolmberg, Lkr. Amberg-Sulzbach (Schwarz 1960: 229), Kollmitz, Lkr. Cham 
		(Schwarz 1960: 229), Kühlenfels (1326-1328 Kulmleins), Lkr. Bayreuth (Eichler, 
		Greule, Janka & Schuh 2006: 126-128, 251, 257, 262, 264, (5) Schwarz 
		1960: 229), Kulmain, Lkr. Tirschenreuth (Eichler, Greule, Janka & Schuh 
		2006: 59, 279, Häusler 2004: 70, Schwarz 1960: 229, 284), Kulmbach 
		(Schwarz 1960: 229-230), Kulmhof, Lkr. Schwandorf (Häusler 2004: 114, 
		Schwarz 1960: 229) oder Kulz, Lkr. Schwandorf (Schwarz 1960: 229). 
		(4) Schwarz 1960: 389, Verbreitungskarte Deckblatt 11. 
		(5) Schwarz 1960:230. 
		(6) Neubauer & Thieser 1995, 2001, Neubauer & Thieser 2007: Abb. 2 
		(7) Schwarz 1960: 195, 
		322. 
		(8) Brather 2001: 313-314. 
		(9) Wagner (Bearb.) 1952: 33-34; Neubauer & Thieser 1998: 53-54. 
		(10) Gradl (Hrsg.) 1886: Nr. 277,  101; Neubauer & Thieser 1998: 53-54. 
		(11) Lickleder 1995: Nr. 27, 13-14; Neubauer & Thieser 1998: 53-54. 
		(12) Guttenberg 1927: 39, Fußnote 185, Jacob 1982: 15-16. 
		(13) Herrmann, E. 1968. 
		(14) Monumenta Boica 1823: 546. 
		(15) Häusler 2004: 70. 
		(16) Gütter 1997: 133. 
		(17) Kunstmann 1965: 199-200 
		(18) Neubauer 2001. 
		 
		Das 
		2002 ins Leben gerufene österreichischdeutsche Forschungsprojekt 'Die 
		Oberpfalz und ihre Nachbarregionen im frühen und hohen Mittelalter' des 
		Instituts für Ur- und Frühgeschichte der Universität Wien (Erik Szameit) 
		und des Lehrstuhls für Archäologie des Mittelalters und der Neuzeit der 
		Otto-Friedrich-Universität Bamberg (Hans Losert) hat sich die 
		Erforschung damit verbundener Fragestellungen zum Ziel gemacht. 
		(19) 
		Seit 
		Sommer 2004 finden nach 94 Jahren in diesem Rahmen auf dem Rauhen Kulm 
		wieder Ausgrabungen statt. (20) Es wurden fünf Stellen im Bereich der 
		unteren Umwehrung an der von Neustadt am Kulm abgewandten Ostseite 
		ausgewählt, (21) wobei gewährleistet war, dass die 
		Untersuchungen nicht Schäden an dem eindrucksvollen, bis zu 12,5 m 
		breiten und von außen teils noch 2 m hohen Wall anrichteten (Abb. 7). 
		Die Nordhälfte des Ringwalls aus mächtigen Basaltblöcken 
		durchschnittlich etwa 70 m unterhalb des Gipfels wurde im späten 19. 
		Jahrhundert bei der Anlage einer Rampe, dem Steinsträßl, zum Abtransport 
		von Basalt für den Straßen- und Schienenbau stark verändert und durch 
		einen tiefen Steinbruch am Osthang zerstört (Abb. 2). Ein Durchgang im 
		Süden geht vielleicht auf die Anlage eines Wanderpfads im 19. 
		Jahrhundert zurück, während das Zangentor im Osten alt ist. 
		
		[Aufbau des Ringwalles] 
		Der 
		innen senkrecht zum Wall (Abb. 7) angelegte Schnitt l unmittelbar an der 
		Südwange des Osttores zeigte, dass hier nur 4-5 m von der Wallinnenseite 
		entfernt, heute stellenweise unter besagtem Wanderweg, eine noch etwa l 
		m hoch erhaltene weitere Front verläuft, die möglicherweise zu einer 
		Pfostenschlitzmauer gehört (Abb. 8). Keramikfunde aus anschließenden 
		Schichten sprechen nach derzeitigem Kenntnisstand für Entstehung im 5. 
		vorchristlichen Jahrhundert (siehe den Beitrag von Gabriele Raßhofer in 
		diesem Band). Eine 2007 begonnene großflächige Schnitterweiterung im 
		Bereich des ehemaligen Ringwanderwegs, wo neben zahlreichen 
		vorgeschichtlichen Scherben und drei Pfeilspitzen aus Flint in ganz 
		geringer Tiefe ein silberner Schläfenring mit S-Schleife, möglicherweise 
		stumpfem Reifende und einer aufgeschobenen Holzperle [Abb. 9] 
		(22) wohl des 9. Jahrhunderts angetroffen wurde, soll die 
		Abfolge und Bedeutung der hier recht komplizierten Befunde endgültig 
		klären. 
		Schnitt 
		2 galt 2004 der Untersuchung eines etwa halbkreisförmigen Podests direkt 
		am Fuß des Geröllkegels gegenüber der Nordwange des Osttores (Abb. 10). 
		Die zahlreichen, teils gestaffelten Podeste im schmalen Streifen 
		zwischen Schuttkegel und Ringwall im Süden, Südosten und Osten [Abb. 2]
		(23) sind am ehesten Fundamente 
		frühmittelalterlicher Holzbauten, nahe am Tor boten sie zusätzlich 
		Schutz des Zugangs. Ähnliche Strukturen allerdings aus 
		vorgeschichtlicher Zeit finden sich etwa im Bereich der Befestigung auf 
		dem Basaltmassiv des Schafberges bei Löbau in der Oberlausitz. 
		(24) 
		 
		Die 
		Nordhälfte des 300 m durchmessenden Ringwalls durchschnittlich etwa 70 m 
		unterhalb des Gipfels wurde im späten 19. Jahrhundert bei der Anlage 
		einer Rampe zum Abtransport von Basalt für Straßen- und Schienenbau 
		stark verändert und durch einen tiefen Steinbruch am Osthang zerstört 
		(Abb. 2). Zur Vorbereitung einer Erweiterung wurde der Wall auf etwa 35 
		m Länge abgetragen, kurz bevor die Basaltgewinnung endgültig eingestellt 
		wurde. Hier bestand die Hoffnung, dass ohne großen Aufwand, den ein 
		Schnitt (Schnitt 3) durch die erhaltene Umwehrung erfordert hätte, deren 
		Struktur rekonstruiert werden könne. Ein dichtes Netz aus starken 
		Wurzeln und schweren verlagerten Basaltblöcken verhinderte jedoch die 
		rasche Freilegung archäologischer Befunde. Erst unmittelbar vor Abschluß 
		der Kampagne 2005 bestätigte sich die Vermutung, das im Ringwall eine 
		zweifrontige Trockenmauer steckt (Abb. 11). Für die mittlere und 
		südliche Oberpfalz typische im Randbereich nachgedrehte Goldglimmerware 
		sowie rauwandige Scherben mit Quarzsand und weniger deutlichen 
		Glimmeranteilen (Abb. 13-14), darunter auch eindeutig slawische Keramik, 
		datieren diese ins 8. bis 10. Jahrhundert. Dazu kommt der Rest eines 
		eisernen Sporns und ein Hufeisen (Abb. 15) der ersten Hälfte des 10. 
		Jahrhunderts mit zahlreichen Analogien etwa von der ungarnzeitlichen 
		Umwehrung auf dem Runden Berg bei Urach, Lkr. Reutlingen am Nordwestrand 
		der Schwäbischen Alb. (25) 
		Am 
		Ringwanderweg oberhalb des Wallschnitts zeigte sich in einer 
		verhältnismäßigen großen einigermaßen ebenen Fläche (Schnitt 5), dass 
		auch hier zwar zahlreiche Funde der Vorgeschichte und des frühen (Abb. 
		12, 14) bis späten Mirtelalters (Abb. 6) zu erwarten sind, neben dem 
		rezenten Waldhumus und einem Verwitterungs bzw. Mischhorizont über dem 
		anstehenden, natürlich gewachsenen Boden aber kaum Kulturschichten zu 
		differenzieren sind. Die sonst für intensiv genutzte Plätze häufigen 
		Siedlungsgruben konnten hier bislang nicht festgestellt werden, so dass 
		sowohl während der Vorgeschichte als auch im frühen Mittelalter bis ins 
		10. Jahrhundert mit Blockbauten, die im Boden kaum Spuren hinterließen, 
		zu rechnen ist. 
		Die 
		frühmittelalterliche Hangmauer wurde spätestens um 900 durch eine 
		mächtige Anschüttung von Basaltblöcken gegen die Vorderfront in einen 
		breiten Wall umgewandelt, wobei möglicherweise zunächst auch ein 
		Abrutschen der Vorderfront verhindert werden sollte. Die zeitliche 
		Einordnung stützt die Beobachtung in Schnitt 4, dass in vorgelagerten, 
		den Weg zum Tor begleitenden bogenförmigen Terrassen (Abb. 2) 
		gestaffelte Annäherungshindernisse stecken, wie sie typisch für 
		Befestigungen der ersten Hälfte des 10. Jahrhunderts gegen die Ungarn 
		sind. (26) 948 siegte der bayerische Herzog 
		Heinrich I. (* um 920, 948 Herzog, + 955) über die Ungarn, die neuen 
		Nachbarn der Bayern im Südosten, bei Floß in Nordgowe, 949 folgte 
		eine Niederlage an der Luhe, (27) Die Ereignisse - 
		nur etwa eine Tagesreise vom Rauhen Kulm entfernt - betonen die 
		strategische Bedeutung der Fernwege in der nördlichen Oberpfalz und 
		zeigen, dass es hier für die Ungarn durchaus etwas zu holen gab. 
		Als 
		Bauherren für diesen Wall, dessen Errichtung einen erheblichen 
		Arbeitsaufwand darstellte, zumal dazu ja auch noch für die Verteidiger 
		auf der Wallkrone hölzerne Laufgänge und eine Brustwehr gehört haben 
		mußten, kommen am ehesten die Schweinfurter Markgrafen in Frage. 
		(28) Es würde sich dann neben der Anlage von 
		Bayreuth-Laineck um deren am weitesten im Nordosten gelegenen Stützpunkt 
		handeln, (29) falls nicht auch die Burg zu Eger
		(30) in deren Besitz war. Träfe letzteres zu, dann 
		wären diese Befestigungen zumindest im 10. Jahrhundert Bestandteile 
		einer nordbayerischen Mark gegen Böhmen, (31) in 
		der der Landesausbau überwiegend von Slawen getragen wurde. 
		
		[Eine wichtige Landmarke] 
		Der 
		Rauhe Kulm bildete wie andere markante Gipfel, etwa des Parksteins, wohl 
		in allen Menschheitsepochen einen wichtigen Orientierungspunkt für 
		Menschen, die auf Mobilität im weitesten Sinne angewiesen waren. Die 
		Lage der Landmarke an bis in die Gegenwart genutzen Fernwegen, 
		(32) etwa vom Donaugebiet um Regensburg nach 
		Mitteldeutschland oder ins Obermaingebiet, aber natürlich auch von 
		Westen über das Egerland oder Pilsen nach Böhmen steht damit in 
		unmittelbarem Zusammenhang. 
		Noch zu 
		klären ist, in welche Zeit die in allen Sondagen vor allem aber in 
		Schnitt 4 an einem der Annäherungshindernisse vor dem Tor angetroffenen 
		Eisenschlacken (33) gehören, wann das 
		Gipfelplateau, wo Reste von Trockenmauern durchaus für frühe 
		Zeitstellung sprechen, erstmals befestigt wurde und wie die Entwicklung 
		hin zur wahrscheinlich 1119 erstmals genannten und 1554 zerstörten 
		Gipfelburg verlief. Die Grabungen werden daher fortgesetzt. (34) 
		  
		 
		Anmerkungen -2 
		(19) Lehrgrabungen 
		fanden bislang in einer frühslawischen Siedlung bei Dietstätt, Lkr. 
		Schwandorf (2002, 2005, 2006, 2007), in der Nekropole von Mockersdorf 
		(2003, 2004) und im Bereich des Ringwalls am Rauhen Kulm (2004, 2005, 
		2006, 2007) statt. 
		(20) Losert 2006: 60-61, Losert 2007, Losert & Szameit 2005, Raßhofer 
		2007. 
		(21) Stroh 1975: 228-229, Beilage 8. 
		(22) Derartige aufgeschobene Perlen aus organischem Material sind sehr 
		selten nachzuweisen; bedingt vergleichbare Ringe aus der 
		Völkerwanderungs- und Merowingerzeit bildet Quast (2000: Abb. 5) ab. 
		(23) Neischl 1912: 
		Planbeilage II, Stroh 1975: Beilage 8. 
		(24) Gerlach 2008: Abbildung S. 68 (freundlicher Hinweis Norbert 
		Hübsch, Bayreuth), Gerlach & Simon 1989: Abb. 1. 
		(25) Koch 1984: Taf. 13-14, Taf. 15; 1-16.                          
		(26) Ettel 2001: 206-207. 
		(27) Reindel 1981: 292, Schuster 1990: 50-51. 
		(28) Ettel 2001: Abb. 84, Schneider & Schneidmüller (Hrsg.) 2004. 
		(29) Abels& Losert 1986. 
		(30) Hejna 1967, 1968, 1971, Nitz 1991, Stloukal, Szilvässy & Sebesta 
		1988. 
		(31) Den Beziehungen zwischen Nordostbayern und dem Egerland soll sich 
		ein für 2009 geplantes archäologisches Symposium des Lehrstuhls für 
		Archäologie des Mittelalters und der Neuzeit der 
		Otto-Friedrich-Universität Bamberg sowie des Instituts für Vor- und 
		Frühgeschichte der Karls-Universität Prag widmen. 
		(32) Dollacker 1938, Emmerich 1955, Manske 2003, siehe besonders Häusler 
		2004: Abb. 8. 
		(33) Bei frühhochmittelalterlicher Zeitstellung wäre ein Zusammenhang 
		mit der eindrucksvollen Pingenreihe der 10 km vom Rauhen Kulm entfernten 
		Bärenlöcher nordöstlich von Speichersdorf nicht auszuschließen. 
		(34) Die archäologischen Untersuchungen am Rauhen Kulm wären ohne die 
		großzügige Unterstützung durch viele historisch interessierte Personen 
		und zahlreiche örtliche und überregionale Institutionen nicht möglich 
		gewesen. Allen Helfern und Gönnern gilt an dieser Stelle unser 
		herzlicher Dank. Besonders hervorzuheben ist in diesem Zusammenhang die 
		Otnant-Gesellschaft für Geschichte und Kultur in der Euregio Egrensis, 
		die im Rahmen ihres von der Europäischen Union geförderten 
		grenzübergreifenden Projektes „Siedlung - Sprache - Straße. 
		Siedlungsgeschichte in der Euergio Egrensis" die Grabung am Rauhen Kulm 
		überhaupt erst möglich gemacht hat. 
		[Hans Losert in: Neubauer, Michael und Thieser, Bernd: 
		Archäologische Untersuchungen am Rauhen Kulm in der Flednitz: 65-87. In: 
		Kemnath 1000 Jahre ... und mehr (Heimatbuch zum 1000-jährigen Bestehen) 
		2007 - Zwischenüberschriften vom Bearbeiter] 
		 
                  
		 
 
		                       Hans Losert bei einer Führung: 26.08.2005 [Foto: D. Sch.] 
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		Abb. 1: Neustadt mit dem Rauhen Kulm im 
		Osten und dem  
		Kleinen Kulm im Westen sowie Mockersdorf mit der slawischen  
		Nekropole des 8./ 9. Jahrhunderts. [nach Neischl 1912: Planbeilage I] 
        
      
		  
		 
		Abb. 2: Rauher Kulm, Plan der 
		Befestigungen  
		            
		[Neischl 1912: Planbeilage II - Hans Losert] 
              
		rot eingezeichnet: Nr. der Grabungsschnitte  
        
      
		  
      Abb. 3: Rauher Kulm. 1-12 Fundauswahl der Grabungen  
		von
		Adalbert Neischl 1908-1910. 1 Vorgeschichte oder  
		frühes Mittelalter,
		2-12 frühes Mittelalter. 1-8 Keramik,  
		9-12 Eisen. M 1 : 2. 
        
        
      
		  
		Abb. 4: Älteste bekannte Darstellung des Rauhen Kulms
		 
		mit der 
		zollernschen Burg. Deutlich zu erkennen ist ein  
		zentraler Turm,
		davor 
		ein größeres Gebäude sowie eine  
		Mauer mit bastionsartigen 
		Türmen und am 
		Fuß des überhöhten Bergkegels Neustadt am Kulm. Ausschnitt aus der 
		anläßlich  
		von Grenzstreitigkeiten zwischen den
		Mark- und Pfalzgrafen 
		angefertigten Göppmannsbühlkarte von 1531 [Neubauer 2001, Staatsarchiv 
		Bamberg, A 240 Karten und Pläne, Nr.107R].  
  
		  
		
		  
		Abb. 5: Belagerung der markgräfl. Veste auf dem Rauhen Kulm
		durch Truppen der Reichsstadt Nürnberg im Jahre 1554, links (westlich)
		Neustadt am Kulm und die Burg auf dem Kleinen Kulm. Zeitge- 
		nössischer Nürnberger Holzschnitt. [Aus Neischl 1912, Abb. 4]. 
		  
		
		  
		
		  
		Abb. 6: Rauher Kulm, Kampagne 2006. 
		Armbrustbolzen wohl des 15. Jahrhunderts aus dem Waldhumus nahe der 
		Wallinnenseite  
		(Schnitt 5). [Foto: Hans Losert] 
		
		  
		
		  
		
		  
		
		
		  
		Abb. 7: Kampagne 2004. Blick nach Osten 
		auf die Umwehrung  
		von der Innenseite (Schnitt 1).                      
		[Foto: Hans Losert] 
		  
		  
		
		  
		Abb. 8: Kampagne 2004. Blick nach Westen 
		auf die Vorderfront der inneren, vielleicht vorgeschichtlichen 
		Mauerfront (Schnitt 1).  
		[Foto: Hans Losert] 
		  
		
		  
		Abb. 9: Kampagne 2007. Silberner 
		Schläfenring (Reifdurchmesser ursprünglich 5,5-6 cm, unrestauriert) wohl 
		des 9. Jahrhunderts mit aufgeschobener Holzperle (Schnitt l, Erweiterung 
		2007).  
		[Foto: Hans Losert] 
		
		  
		
		  
		
		
		   
		
		Abb. 10: Kampagne 2004. Blick nach Westen 
		auf das Podest für einen Holzbau am Fuß der Blockhalde direkt am 
		Zangentor (Schnitt 2). 
		[Foto: Hans Losert] 
		  
		  
		
		  
		Abb. 11: Kampagne 2006. Profil durch den 
		unteren Ringwall; deutlich zu erkennen ist die zweifrontige Trockenmauer 
		im Kern und die von außen erfolgte Wallschüttung.                          [Foto: Hans Losert] 
		 
		 
  
		
		  
		Abb. 
		12: Kampagne 2004-2006. Keramik des 8./9. Jahrhunderts aus der von innen 
		an die Trockenmauer anstoßenden Kulturschicht (Schnitt 3). Maßstab = 5 
		cm.                              
		[Foto: Hans Losert] 
		  
		  
		
		  
		
		Abb. 13: Kampagne 2004 - 2006, Keramik 
		des 8./9. Jahrhunderts aus der im Innern an die Trockenmauer anstoßenden 
		Kulturschicht (Schnitt 3) oberhalb des Wallschnitts 3. Maßstab = 5 
		cm.      
		[Foto: Hans Losert] 
		  
		  
		
		
		  
		
		Abb. 14: Kampagne 2006. Keramik des 
		8./9. Jahrhunderts  
		aus Schnitt 5 oberhalb des Wallschnitts 3.  
		[Zeichnung: Hans Losert] 
		  
		  
		
		  
		
		 
		Abb. 15: Kampagne 2004. Hufeisen (Länge 
		10 cm) der ersten Hälfte des 10. Jahrhunderts aus dem zerstörten 
		Wallbereich (Schnitt 3). [Zeichnung: Hans Losert] 
		 
		
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		 Rauher Kulm, Wall mit Toranlage, von außen gesehen 
		[Foto: K. Graf]  |