Zünftiges Handwerk

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Zur Bedeutung der Zünfte
Wie in anderen Städten bestimmten auch in Kulmbach die Zünfte in erheblichem Maße die Entwicklung und den Wohlstand des Handwerks. Zünfte waren Handwerkervereinigungen mit vielseitigen Aufgaben im sozialen, arbeitsrechtlichen, öffentlich-rechtlichen, karitativen und wirtschaftlichen Bereich.

Für die Handwerker bestand Zunftzwang. Strenge Zunftordnungen sahen Unterordnung und Wettbewerbsbeschränkungen vor. Eine freie Preisgestaltung war den Zünften in vielen Fällen nicht möglich. Die Obrigkeit setzte zum Schutz der Kunden Höchstpreise fest.

Die Zunftversammlung und die Zunftlade
Die Zünfte haben ihre „Jahresutensilien“ über Jahrhunderte hinweg in meist hölzernen, mehr oder weniger kunsthandwerklich gestalteten Truhen aufbewahrt: Ihre Privilegien und Meisterlisten, die Zunftordnung, Handwerkgelder und  briefliche Urkunden; außerdem die Merkzeichen-tafeln, in die jeder Meister sein Zeichen einzuschlagen hatte, Verzeichnisse über Meisterstücke und den Zunftpokal.

Die Zunftlade besaß zwei Schlösser. Einen Schlüssel bekam der jährlich neu zu wählende Zunftmeister, den zweiten der auf Lebenszeit gewählte älteste Geschworene. Am Zunfttag - in Kulmbach meist am 18. Tag nach dem Pfingstsonntag - kamen alle Meister einer Zunft zusammen. Die Lade wurde geöffnet und stand während der ganzen Versammlung offen. Bei offener Lade hatten sich Meister und Gesellen ehrsam und züchtig zu verhalten, wurden Streitigkeiten geschlichtet. Was bei offener Lade beratschlagt und beschlossen wurde, unterlag der strengsten Geheimhaltungspflicht.

Das religiöse Zunftleben - Totenehrung
Neben wirtschaftlichen und sozialen Verpflichtungen der Zünfte spielte auch das religiöse Leben ein große Rolle. Es gab gemeinsame Gebete, Wallfahrten und Opfer. Ein eigener Altar oder eine Kapelle sowie Begräbnisstellen wurden unterhalten. Jede Zunft hatte einen eigenen Schutzpatron.

Die Beerdigungen ihrer Mitglieder organisierte die Zunft, bei entsprechendem Reichtum stiftete sie das Leichentuch und die Kerzen, Auf das Bahrtuch wurden zwei Sargschilde, die mit den jeweiligen Handwerksemblemen oder –erzeugnissen geschmückt waren, geheftet. Alle Zunftmitglieder waren zur Teilnahme an der Beerdigung verpflichtet, ebenso zum jährlichen Gedenken an die Toten.


Die Mitgliedschaft in der Zunft
Die Aufnahme in eine Zunft unterlag strengen Regeln. Der Kandidat mußte ehelicher Geburt und seine Eltern durften keine Leibeigenen sein oder einen unehrlichen Beruf ausgeübt haben. Ein einwandfreier Lebenswandel und die katholische oder protestantische Konfession waren Voraussetzung, Erst bei Erfüllung dieser Bedingungen wurde ein Jugendlicher als Lehrling angenommen. Fehlte eine dieser Voraussetzungen, so war man für immer vom zünftigen Handwerk ausgeschlossen.

Vom Lehrling zum Meister
Die Ausbildungsbestimmungen waren umfassend. Die Verlängerung der Gesellenwanderzeit oder hohe Anforderungen bei der Anfertigung der Meisterstücke machten es den einzelnen Zünften möglich, die Anzahl der Meister zu regulieren und somit die eigene Konkurrenz auszuschalten.

Die Lehre dauerte in der Regel drei bis vier Jahre. Der Lehrling wohnte im Haus des Meisters und hatte alle niederen Arbeiten zu verrichten. Sein Handwerk lernte er zunächst durch Beobachtung der einzelnen Arbeitsschritte. Nach Abschluß der Lehre wurden die Lehrlinge vor allen versammelten Meistern freigesprochen und durch den Vollzug rauher Riten in die Gemeinschaft der Gesellen aufgenommen.

Die Gesellenzeit verbrachten die Handwerker auf Wanderschaft, die vier bis sechs Jahre dauerte. Nach der Rückkehr in den Heimatort begann die 'Muthzeit', d.h. die Wartezeit bis zur Meisterschaft. Seine Befähigung zum Meister mußte der Geselle durch ein Meisterstück, den Nachweis eines eigenen Vermögens und ein Eintrittsgeld für die Aufnahme in die Zunft nachweisen. Ein Meisteressen, welches der neue Meister bezahlen mußte, war ebenfalls Verpflichtung.

Frauen und Zunft
Im Mittelalter gab es noch selbständige Meisterinnen, die gleichberechtigt in den Zünften organisiert waren. Ihre Situation verschlechterte sich jedoch zusehends. Im 17. Jahrhundert waren Frauen gänzlich von den Zünften ausgeschlossen. Ehefrauen und Töchter der Meister halfen in der Regel im Betrieb, meist in der Rolle der Verkäuferin. Meisterwitwen hatten jedoch das Recht, den Betrieb weiterzuführen. Die Heirat mit einer Meisterwitwe ermöglichte den Gesellen oft einen schnelleren Aufstieg zur eigenen Meisterschaft. Die Wiederverheiratung entband die Zunft auch von ihrer
- zumindest moralischen - Pflicht, für Witwen und Waisen zu sorgen.

Handwerkskundschaften und Wanderbücher
Seit dem Ende des 16. Jahrhunderts wurden für wandernde Gesellen neben dem zünftigen Gruß auch Ausweispapiere als Nachweis der ordnungsgemäßen Aufkündigung der letzten Arbeitsstelle üblich. Schnell ging man von der handschriftlichen „Handwerkskundschaft“ zu gedruckten Papieren über. Die gedruckten Kundschaften waren oft  mit einer Stadtansicht versehen oder reich illustriert. Erst im 19. Jahrhundert wurden die Handwerkskundschaften von staatlich eingeführten Wanderbüchern abgelöst.

[Text nach den beiden Infotexten leicht abgeändert von D. Sch.]


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Zunftkannen aus Zinn
: hinten links   
        Metzgergläser mit Emailmalerei links bez.
eine 'Birnenkanne', rechts eine Zunft-          
1733 aus dem Fichtelgebirge. Auf seiner Rück-
kanne der Metzger und Müller, bez.1691;     
seite steht: “Mein hertz (gehört) nur dir allein,
vorne links ein Apostelkrug aus Creußen.    
gantz ergeben vivat mein”, auf dem kleinen Glas
                                                                      "Dass erbare Handwerk der Metzger" (1786).

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   Bild 1

Vitrine mit Zunfttruhen und anderen Zeugnissen des Zunftwesens


  Bild 2

Zunfthammer, Zunftbüchse der Kulmbacher Metzger von 1706,
Siegel und Stempel der Stadt Kulmbach und anderes Gerät
 

   Bild 3
'Bartuchschulder'
der Zimmergeselleninnung bez.1693,
zur Verwendung bei Beerdigungen


   Bild 4

Zunfttruhe der Kulmbacher Leineweber von 1654


   Bild 5

Innenseite des Deckels mit Inschriften, bez. 1654
 

   Bild 6

Handwerkskundschaft mit der Ansicht Kulmbachs


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