"Die neuen Herren - die Bischöfe von Bamberg
Nach der Zurückdrängung der mächtigen Schweinfurter Grafen im Jahre
1003 und der Gründung des Bistums Bamberg 1007, begann eine
durchgreifende Veränderung der kirchlichen und politischen
Verhältnisse im östlichen Franken. Heinrich II. sah in Bamberg ein
neues Machtmittel seiner inneren Reichspolitik. Er stattete das
Bistum nicht nur mit zahlreichen Gütern aus, sondern übertrug den
Bischöfen auch die Grafschaft im Radenzgau. Diese setzten die Grafen
von Abenberg spätestens nach dem Aussterben der Schweinfurter im
Jahre 1057 als Hochstiftsvögte ein und belehnten sie auch mit dem
Radenzgau, den sie bis zu ihrem Erlöschen 1189 bzw. 1200
verwalteten.
Turmhügel - die Burgen der Ministerialen
Ab der zweiten Hälfte des 11. Jhs. breitete sich auch in Oberfranken
ein neuer Burgentyp aus, der von Frankreich über das Rheinland nach
Süddeutschland gelangte: die sog. Turmhügelburg oder Motte.
Wesentlicher Bestandteil war ein ringförmiger Graben, dessen Aushub
zu einen Erdhügel aufgeworfen wurde. Auf der abgeflachten Höhe
errichtete man einen Turm, der wahrscheinlich aus einem Steinsockel
mit überkragendem Obergeschoß aus Fachwerk und einem Satteldach
bestand. Größere Steinbauten hätten in dem weichen Untergrund
statische Probleme mit sich gebracht. Denkbar wäre auch, daß man
erst einen Steinbau errichtete, an dessen Fuß ein Hügel angeschüttet
wurde, ein Vorgang, den man als Einmotten bezeichnet (Abb. 6). Da
kaum ein Turmhügel archäologisch untersucht wurde, läßt sich über
den Aufbau der Hügelschüttung und die darauf erbauten Gebäude nichts
Konkretes aussagen. Die Rekonstruktionen als Wohnturm mit
umlaufender Palisade gehen auf Untersuchungen in der Schweiz oder
spätere Darstellungen (Abb. 7 u. 8) zurück.
Solche Turmhügelburgen überzogen netzartig das gesamte
oberfränkische Land, wobei die meisten der ca. 130 bekannten
Turmhügel mehr im Osten und Nordosten des Regierungsbezirks
verbreitet waren, was mit der Aufsiedlung der rauhen und unwegsamen
Wald- und Berggebiete zusammenhängen mag. Sie alle zeichnen sich
noch heute im Gelände durch ihre charakteristische Form aus. Der
Kernhügel, der rund, oval, auch eckig sein kann, ist stets von einem
Graben umgeben, der der Form des Hügels entsprach. Ihm war, vor
allem bei den im Tal mit Wasser gefüllten Gräben, noch ein Außenwall
vorgelagert. Auf Höhen und in Hanglage kann das Graben-Wall-System
auch nur halbkreisförmig an den Berghang angelehnt sein (z.B.
Wirsberg [42]). Von den rund 40 Turmhügeln im hier behandelten
Gebiet sind 20 rund, 4 oval, 3 quadratisch, 2 rechteckig und l
trapezförmig angelegt worden. Ihr Durchmesser reicht von 5 bis 40 m,
wobei am häufigsten jedes Maß zwischen 10 und 30 m beobachtet werden
kann. Je nach Erhaltungszustand und Ausnützung der Lage sind sie
noch 2, 4 oder sogar 10 m hoch (z.B. Gossenreuth [46b]). Auch beim
Graben schwankt die Breite beträchtlich von 2 bis 20/25 m, mit einer
mittleren Tendenz von 10 m.
Die Hälfte der angesprochenen Turmhügel befindet sich auf Berghöhen,
meist in Spornlage zwischen zwei Tälern, aber immer mit einem guten
Weitblick. Die andere Hälfte teilt sich in 4 Hanglagen- und 16
Niederungs- oder Wasserburgen. Je nach der geologischen Situation
können auch die „Höhen-Turmhügel" einen wassergefüllten Graben
aufweisen, wie z. B. in Emtmannsberg [49a], Hermersreuth [45a] (Abb.
9) oder Muthmannsreuth [531- Die Turmhügelburgen im Tal waren alle
durch Wassergräben geschützt, die von den benachbarten Bächen
gespeist wurden. In einem Fall, in Trieb [25], liegt ein Turmhügel
mitten in einem größeren Weiher.
Allen Türmhügeln gemeinsam ist jedoch ihre Lage unmittelbar an einer
Alt-, Hoch- oder Geleitstraße bzw. an sich kreuzenden Wegen. Als
Warten dienten sie vor allem der Überwachung der Straßen und
Grenzen, aber sicher auch als Zollstationen. Sie standen meist mit
einem größeren Ort oder mit einer Burganlage in einem funktionalen
Zusammenhang.
Von einer Reihe von Turmhügelburgen gibt es allerdings urkundliche
Nachrichten, die diese als Ansitze von Ministerialen ausweisen:
Kutzenberg [12] 1110, Schönbrunn [19] 1125, Prächting [13] 1142,
Trebgast [44] 1151, Burghaig [36] 1183 und Ködnitz [4l] 1241. In
einigen wenigen Fällen fand sich datierende Keramik: Wirsberg [42]
11. Jh., Alt-Berneck [45] 11./12. Jh., Helfersroth [9] 12. bis 14.
Jh.
Sicher gab es ursprünglich viel mehr Turmhügelburgen, die später zu
Burgen ausgebaut wurden (wie z.B. Oberbrunn [11]) oder aufgegeben
werden mußten. In den Landbüchern des 14./15. Jh. tauchen in
Oberfranken immer wieder Örtlichkeiten mit der Bezeichnung Wal,
Wale, Wahl, Walle oder vale auf, die wahrscheinlich von lat. vallum
abzuleiten ist.
H. Kunstmann (1967) konnte in seinen Untersuchungen feststellen, daß
eine ganze Reihe von Walen auch Burgstall genannt wurden, was
bedeutet, daß beide Begriffe das gleiche bezeichnen. Burgstall sei
dabei der allgemeinere Begriff, während Wale nur den Erdhügel
bezeichnet, auf dem die Wehranlage (Sitz, Behausung, Bergfried,
Veste) stand. Unter „Wale" dürfte sich daher eine abgegangene
Turmhügelburg verstecken.
Neben den Turmhügelburgen tritt noch eine zweite Form von
Wehranlagen auf, die sog. ebenerdigen Ansitze, die in unserem Raum
nur viermal vertreten sind. Darunter versteht man kleine Anlagen auf
schmalen Bergspornen, die mit einem Abschnittswall und vorgelagerten
Graben von dem dahinter liegenden Höhenrücken abgetrennt wurden.
Möglicherweise führte eine Brücke über den Graben zum Tor. Im
Gegensatz zu den Turmhügeln ist der Innenraum nicht überhöht,
sondern ebenerdig. Hier dürfte ein festes Haus in Fachwerk oder
Stein gestanden haben. Ob sie älter sind oder gleichzeitig mit den
Turmhügelburgen bestanden, ist in Ermangelung von schriftlicher
Erwähnung nicht zu entscheiden.
Burgställe - ehemalige Burgen
Gleichzeitig mit der Entwicklung der Ministerialität läßt sich eine
weitere architektonische Neuerung feststellen, die auch für die
Gesellschaftsentwicklung von großer Bedeutung war: die Höhenburg.
Sie hatte nicht nur einen hohen fortifikatorischen Vorteil, konnte
leichter verteidigt werden, sondern machte durch die vertikale
Trennung von Burg und Siedlung auch die gesellschaftliche Schichtung
in Adel und Volk deutlich.
Diese hochmittelalterlichen Burgen, die manche Elemente von ihren
Vorgängerbauten, den Turmhügeln und Ansitzen übernommen haben, sind
heute als intaktes Bauwerk, als Ruine oder als Burgstall erhalten.
Unter Burgstall versteht man eigentlich nur die Stelle einer
abgegangenen Burg ohne Hinweis auf die Art der Anlage. Ein
„Burgstall" kann daher nicht als einheitliches Objekt beschrieben
werden, denn dabei kann es sich um eine „klassische" Burg mit Vor-
und Hauptburg, Bergfried und Palas, aber auch um eine nicht mehr
vorhandene Turmhügelburg handeln. Unter den hier vorgestellten 25
Burgställen befinden sich die meisten auf Bergspornen, die noch in
der Tradition der frühmittelalterlichen Abschnittsbefestigung stehen
mit einem gestaffelten Wallsystem, auch im Hangbereich. Die an der
Spitze eines Spornes liegende „Kernburg" kann von einem Randwall,
einer ehemaligen Ringmauer, umgeben sein (z. B. Turmberg von
Kasendorf [34], Burg Steglitz [22], Obernsees [54]) und wird
gelegentlich von einem Ringgraben begleitet (z. B. Stiefenberg Abb.
29, Fürstenau [47l), dem sogar noch im Hang ein Graben vorgelagert
wurde (wie bei der Fürstenau [47], Obernsees [54], Heideknock bei
Arnstein [32]). In der Regel ist es jedoch ein tiefer
Abschnittsgraben (Halsgraben), der die eigentliche Burg von der
dahinterliegenden Hochfläche abtrennt. Ihm folgt, wie bei den
Ringgräben, ein Wall mit davorliegendem Graben (gut zu beobachten
bei der Fürstenau [47] und dem Kasendorfer Turmberg [34]) oder es
wurden sogar mehrere Wall-Graben-Systeme hineinander gestaffelt (z.
B. Stiefenberg [8]). Bei den beiden Abschnittswällen auf dem Semberg
bei Kemmern [7] handelt es sich allerdings um eine zweiphasige
Anlage. Auch am Schloßberg von Kümmersreuth [18] könnten die drei
Abschnittsgräben und -wälle auf mehrere Bauphasen hindeuten.
Gegenüber den großen, vielleicht als Refugien dienenden
frühmittelalterlichen Abschnittsbefestigungen mit durchschnittlich l
ha, sind die hochmittelalterlichen Burganlagen mit 0,1 bis 0,6 ha
wesentlich kleiner. Lediglich die karolingisch-ottonischen
Mittelpunktsburgen erreichten 6 ha (Laineck [50]) oder 10 ha (Banzer
Berg [20]).
Burgställe der genannten Art werden allgemein jünger angesetzt als
die Turmhügelburgen, da anscheinend keine der datierbaren Anlagen
bis in die Zeit vor dem 12. Jh. zurückgeht. Urkundliche
Überlieferungen, die sich auf die Burg - und nicht auf ein
Ministerialengeschlecht - beziehen, haben wir von der Burg Steglitz
[22], mit deren Bau 1237 begonnen wurde, oder von der Fürstenau [47,
auf der der letzte Meranier, Otto VIII., im Jahre 1243 urkundete. In
Oberbrunn [11] wurde ein Turmhügel zu einer Burg ausgebaut, die
erstmals 1268 erwähnt wird.
Trotz Beispielen von Überbauung kann beim heutigen Forschungsstand
nicht beurteilt werden, ob die Turmhügelburgen nicht doch
gleichzeitig neben den Burgställen bis ins späte Mittelalter hinein
bestanden. Ihr endgültiges Ende fanden viele Burgställe erst in den
Bauernkriegen 1525 und den Markgrafenkriegen von 1552 und 1553."
[Leseprobe aus (1), S. 28-33]
(1) I. Burger-Segl, Archäologische
Streifzüge im Meranierland am Obermain,
Ein Führer zu
archäologischen und historischen Denkmälern des Früh- und
Hochmittelalters,
S. 28-33, Schriften zur Heimatpflege in Oberfranken,
Reihe I, Nr. 3, Bayreuth 1999 (Lit.
4).
(2) Walter Heinz: Ehemalige Adelssitze im Trubachtal. Ein Wegweiser
für Heimatfreunde und Wanderer. Schriftenreihe des Fränkische-Schweiz-Vereins, Band 10. Erlangen & Jena 1996.
(3) Ruprecht Konrad: Turmhügel - Burgen
der Ministerialen. In: Rüdiger Bauriedel und Ruprecht Konrad,
Mittelalterliche Befestigungen und adelige Ansitze im Landkreis
Kulmbach, Neudrossenfeld 2010, S. 57-60
Die [Zahlen] beziehen sich auf die in
(1) besprochenen
Bodendenkmäler. Auch findet sich dort die (mit Namen und
Jahreszahl) angegebene Literatur.
Bild 8 Der Nachbau einer Turmhügelburg im
Geschichtspark von Bärnau-Tachow
[Foto aus
Facebook]
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Landesburgen in Oberfranken
=>
Wikipedia: Motte
Bild
1
Bau einer Motte: Detail aus dem Teppich
von Bayeux, um 1070/80 [in
Lit. 4, Abb.
6]
Bild 2
Nachbau einer Turmhügelburg (Motte)
aus dem frühen 11. Jhdt., insgesamt 13 Meter hoch
im neuen
Geschichtspark von Bärnau-Tachow
[aus:
Bayerische Archäologie Heft 3/2011, S. 14]
Bild 3
Rekonstruktion einer Turmhügelburg im Allgäu
[Zeichnung von Roger Mayrock, in
Lit. 4, Abb.
7]
Bild 4
Rekonstruktion eines Weiherhauses
[F. Leja in (2), S. 259 - dort bei
Lützelsdorf]
Bild 5
Weiherhäuschen - Aquarell von Albrecht Dürer,
um 1497 [Ausschnitt - in
Lit. 4, Abb.
8]
Bild 6
Weiherhäuschen: =>
Das ganze
Bild aus dem Internet
Bild 7
Turmhügel in Hermersreuth, Stadt Gefrees,
Lkr. Bayreuth [in
Lit. 4, Abb.
9]
=>
Nachbau eines Turmhügels im Geschichtspark Bärnau
=>
Der kleine Ausflug [in Bayerische Rundschau]
=>
Der Turmhügel / Burgstall in Lindenberg
=>
Der Turmhügel von Unterauhof, Gde. Mainleus
=>
Landesburgen
[Landesausbau in Oberfranken]
=>
Wikipedia: Motte
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