Archäologisches Lexikon

Fibeln als wichtige Hilfsmittel der Chronologie

=> Fibeln (Tracht) [Wikipedia]

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Zur Funktion einer Fibel
Eine Fibel (lateinisch fibula „Nadel“) ist eine metallene Gewandnadel nach dem Prinzip der Sicherheitsnadel, deren erste Formen schon in der Bronzezeit nachweisbar sind. Bis ins hohe Mittelalter hinein waren Fibeln in Mitteleuropa die einzigen Kleidungsverschlüsse und kamen erst mit Aufkommen des Knopfes aus der Mode.
                                       
Definition und Verwendung
Fibeln sind wie auch die Gewandnadeln Bestandteile der Tracht von Männern und Frauen. Sie wurden dazu benützt, Kleider, Umhänge und Mäntel  als Gewandschließen zusammenzuhalten. Sie bestehen aus einer Nadel und einem Bügel oder einer Decke. Die ältesten Fibeln haben nur  zwei Teile; bei den jüngeren Exemplaren sind Nadel und Bügel durch eine federnde Spirale kontinuierlich oder aber durch ein Scharnier verbunden. Man kann sie am ehesten mit einer heutigen Brosche oder auch einer Sicherheitsnadel vergleichen.

Archäologische Bedeutung
Gegen Ende des 7. Jhdts. v. Chr. werden die bronzenen Gewandnadeln von den Fibeln als Gewandschließen abgelöst. Seit etwa 600 v. Chr. sind Fibeln gängiger Bestandteil der frühkeltischen Tracht. Bald entwickeln sie eine große Formenvielfalt. Vor allem der Bügel wurde regional und zeitlich sehr unterschiedlich ausgestaltet. Dadurch sind viele Fibelformen für Archäologen als Leitformen ein wichtiger Anhaltspunkt bei der Datierung von Funden und Befunden. Die große Menge von Fundstücken mit zeitlich und regional typischen Dekorationselementen ermöglichte die Aufstellung einer kompletten Typologie zeitlich aufeinander folgender Fibelformen.
Je nach ihrer Form spricht man von Bogen-, Kahn-, Pauken-, Vogelkopf-, Zwiebelkopf-, Armbrust-, Masken-, Fußzier-, Scheiben- oder auch  Schlangenfibeln. [teilweise nach Wikipedia und Abels in (1)].

    
7 Chronologiesysteme der Hallstattzeit       8 Leitformen der Hallstattzeit  
   [nach P. Ettel in (6), S. 151]                          in Bayern und absolute Chronologie
                                                                       [aus (5), S. 150, Abb. 1]
  

Herstellung einer Fibel
Bei einem Keltenworkshop auf der Heuneburg wurden im September 2005 Fibeln experimentell hergestellt. Unten sieht man in der Abb. 10 die aus einem Stück hergestellte, halb fertige Paukenfibel. Man muss sie nur noch polieren und die Nadel mit der Feile anspitzen (Abb.11).
[Entnommen aus Keltenreich.de]
 

   11         Abb.12

Nachgeschmiedete Paukenfibel           Rechts sieht man gut die Spiralkonstruktion.
links im Zwischenstadium.                        Die Nadel rastet federnd in den Nadelhalter.
Die Spirale muss noch gewickelt werden. 

Zusammenfassung [nach (7)]
Knöpfe waren in frühgeschichtlicher Zeit noch unbekannt. Zum Schliessen der Gewänder, Umhänge und Mäntel verwendeten unsere Vorfahren schon seit der Bronzezeit sogenannte Fibeln. Sie sind in ihrer Konstruktionsweise mit Bügel, Spirale, Nadel und Nadelhalter sowie in ihrer Funktion sehr gut mit unseren heutigen Sicherheitnadeln vergleichbar. Neben ihrer praktischen Bedeutung hatten die Fibeln auch einen hohen Schmuckwert. So wurden sie aus verschiedenen weniger kostspieligen Metallen sowie auch in Gold und Silber gefertigt und zum Teil reich verziert. Die Formen und Zierelemente der Fibeln waren gewissen Modephasen unterworfen und veränderten sich somit stets im Laufe der Jahrhunderte. Durch diesen Umstand ist es uns heutzutage recht gut möglich, eine Fibel relativ genau zu datieren und dadurch weitere Informationen zu den Beifunden zu erhalten [(7)].

Literatur
(1)
B.-U. Abels u. H. Voß, Selten und schön - Archäologische Kostbarkeiten aus der Vor- und Frühgeschichte; CHW-Monographien Band 9, Lichtenfels 2007
(2) Abels Björn-Uwe, Sage Walter, Züchner Christian, Oberfranken in vor- und frühgeschichtlicher Zeit, Bamberg, 1996  
(3) Abels B.-U.,  Archäolog. Führer Oberfranken, Konrad Theiss Verlag, 1986
(4) Haberstroh Jochen, Germanische Funde der Kaiser- und Völkerwanderungszeit aus Oberfranken. Kallmünz 2000
(5) Archäologie in Bayern - Fenster zur Vergangenheit; zusammengestellt von C. Sebastian Sommer, herausgegeben von der Gesellschaft für Archäologie in Bayern
25 Jahre nach Gründung der Gesellschaft für Archäologie in Bayern. Verlag Friedrich Pustet 2006, 336 S., über 500 Abb.
(6) Peter Ettel, Gräberfelder der Hallstattzeit aus Oberfranken; Kallmünz 1996.
(7) www.tresoro-metalldetektoren.de
(8) Wer waren die Kelten? Juniorkatalog MPZ München 1993
(9) Spuren der Jahrtausende, Archäologie und Geschichte in Deutschland (100 Jahre Römisch-Germanische Kommission - 100 Jahre internationale Spitzenforschung in der Archäologie) 2. korrigierte Auflage 2003.   Verlag Stuttgart.

 


  
    18   Abb. 19
 
Maskenfibel [aus Wikipedia]  Zwiebelknopffibel aus Bronze  [Ebay-Angebot]            

 

  1a       Abb. 1b

Bronzene Kniefibel von Reuth bei Kasendorf
aus zerstörtem Grabhügel; Inv.-Nr. 6, Länge: 7,5 cm
Frühe Eisenzeit (Hallstattzeit): um 600 v. Chr.,
 


   2                      Abb. 3
Stützarmfibel aus Bronze
                   => Rückseite: Bitte  drücken!  
elbgermanischer Herkunft
vom Turmberg bei Kasendorf; Völkerwanderungszeit:
um 400/420 nach Christi Geburt [Zeichnungen: BLfD]
Inv.-Nr. 329, Breite des Fußes: 4,6 cm - seit 1996 verschollen.
 

   4         Abb. 5

Bronzene Entenkopffibel: Inv.-Nr. 87, Länge 6 cm;
Turmberg bei Kasendorf;  Jüngere Eisenzeit (Frühlatène): um 450 v. Chr.
 


  6a        Abb. 6b

Bronzene Vogelkopffibel vom Turmberg bei Kasendorf;
Jüngere Eisenzeit (Frühlatène): um 450 v. Chr., Inv.-Nr. 383,
Länge 5,1 cm [linke Abb. aus (1), S. 177, Nr. 82]


  9         Nachgearbeitet von der Goldschmiedemeisterin Isabell Kollmer  Abb. 10      

Fragment einer Paukenfibel      Vogelkopf-Fibel; Länge: 6 cm, Bronze, Replikat (2)
aus Grab 35 von Berndorf;           von Goldschmiedemeisterin Isabell Kollmer
Markt Thurnau, aus Bronze          
gegossen, Länge 22,5 mm.        

 

  13a         Abb. 13b

Nachbildung einer Fußzierfibel vom Ipf [aus: Forum Gallicum]
Gut ist hier wieder die Armbrustspirale zu erkennen, die um einen
Bronzestab gewickelt wurde.

   Abb. 14                        Abb. 15
Rekonstruktion einer Frauentracht  Trageweise einer römischen Fibel
nach einem Grabfund aus Birkenfeld,     Der Vandale Stilicho ist auf dem Deckel
Unterfranken [(8), S. 22]                       einer Schreibtafel als römischer Offizier mit
                                                             einer Tunika und einer Chlamys mit Zwiebel-
                                                             knopffibel dargestellt [(9), Abb.543] 

 

 

 

    Abb. 16 [Zeichnung: BLfD]

    Rekonstruktion anhand der Trachtbestandteile
   
Eine vornehme Dame von Demmelsdorf, Lkr. Bamberg 
    [aus (2) = Lit. , S.117)

 

 

   Abb. 17

   Fibeln von Drosendorf,
   Stadt Hollfeld, Lkr. Bayreuth
   Archäologisches Museum Bayreuth

=> Fibeln - Replikate    [hr-replikate.de]
      Rekonstruktionen der römischen Kaiserzeit
      mit detaillierten Erläuterungen 

=> Fibeln - Tracht [Wikipedia]

=> Fibeln mit Vogelköpfen (Mittelalter)      

=> Vogelkopffibel (3 Variationen)
     
Replikate von Isabell Kollmer, Goldschmiedemeisterin

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