'Grundsätzlich ist zu
unterscheiden zwischen relativer und absoluter Datierung:
Relative
Datierungsmethoden vergleichen und bestimmen 'älter oder jünger
als ...',
absolute Datierungsmethoden bestimmen das Alter eines
archäologischen Fundes.
Relative
Datierungsmethoden
Stratigrafie
Archäologische Funde sind in geologische
und archäologische Horizonte eingebettet. Bei
einer Ausgrabung werden diese Schichten dokumentiert, indem
diese z. B. in der Aufsicht (Planum) oder als Profil gezeichnet
werden. Im Idealfall lagern sich jüngere über älteren
Schichten ab. Die obersten Schichten und die darin eingebetteten
Objekte sind also jünger als die darunter liegenden. Es
kann aber auch zu Störungen oder Umkehrungen der Schichtenabfolge
kommen, die jedoch bei sorgfältiger Grabungsmethode erkannt werden.
Typologie
Basis der Typologie ist die Beobachtung, dass ein Produkt in einer
bestimmten Region zu einer bestimmten Zeit ein eigenes Aussehen hat
und dass Änderungen des Designs in eine Entwicklungsreihe gebracht
werden können. Daher werden archäologische Artefakte nach ihrer
Form und Verzierung bestimmt. Anhand bestimmter Kriterien werden so
typologische Reihen erstellt.
Die Typologie liefert
dadurch ein Gerüst, in das sich Neufunde einordnen lassen. Wenn die
bekannten Typen darüber hinaus bereits mit anderen Methoden datiert
wurden, ist auch für die Neufunde ein zeitlicher Rahmen gegeben.
Die Abfolge klimatisch unterschiedlicher Zeitabschnitte ergibt relative
Chronologien auf lokaler, regionaler oder sogar globaler
Ebene.
Chronologie des
Eiszeitalters
Bedingt durch ein weltweites Absinken der Temperaturen vor etwa zwei
Million Jahren begann ein Anwachsen der Gletscher auf der Nord- und
Südhalbkugel. In den Eismassen war eine große Menge Wasser
gebunden, was ein Absinken der Meeresspiegel zur Folge hatte.
Das Pleistozän ist durch mehrere Eisvorstöße (Glaziale) und
Eisrückzüge (Interglaziale) gekennzeichnet, also Perioden
kälteren und gemäßigteren Klimas. Zusammen zu diesen
Hauptperioden sind auch noch kleinere Klimaschwankungen bekannt (Interstadiale).
Die verschiedenen
Klimaperioden haben geologische Spuren hinterlassen: z. B.
Lößanwehungen und Moränenbildungen während der Glaziale,
Bodenbildungen während der Interglaziale. Diese geologischen
Befunde können für verschiedene Regionen parallelisiert werden und
ergeben so eine Chronologie des Eiszeitalters.
Tiefseesedimentkernproben
Als Bohrkerne entnommene Ablagerungen der
Ozeanböden stellen eine wichtige Dokumentation der
Klimaveränderungen der letzten 2 Mio. Jahre dar. Aus den Sedimenten
lassen sich die Temperaturschwankungen der Ozeane herauslesen. (
. . . )
Eiskerne
Wie die Tiefseesedimentkernproben liefern auch Bohrkerne aus den
Eisdecken der Arktis und der Antarktis Daten über Klimaschwankungen
der letzten Jahrtausende. Die Eisschilde bestehen aus jährlichen
Ablagerungen, die abgezählt werden können. => Klimaarchive
[Quarks.de]
Pollenanalyse
Blütenpollen sind sehr widerstandsfähig. Pollenproben werden mit
der Hilfe von Kernbohrern aus Mooren und Seeablagerungen oder
aus den Schichten archäologischer Grabungen entnommen. Die Analyse
der Proben ergibt eine Rekonstruktion der Vegetation. Pollenprofile
geben Rückschlüsse auf Umwelt- oder Klimaveränderungen. Für
Nordeuropa z. B. konnten die Vegetation der letzten 10.000 Jahre
ermittelt und bestimmte Pollenzonen definiert werden. Die Auswertung
der Pollenproben einer bestimmten Fundstelle ermöglicht das
Einhängen dieser Fundstelle in eine großräumige
Pollenzonenabfolge und somit ihre Datierung.
=>
Landnutzung am Bodensee im Spiegel der Pollenanalyse
[Denkmalpflege in BW]
=>
Einführung:
Grundlagen der Pollen- und Sporenanalyse
[Uni Bern]
=> Klimatologie,
Klimageographie, Datierung [geographie-diplom.de]
Faunendatierung
Säugetiere waren in den letzten Millionen Jahren
erheblichen Evolutionsprozessen unterworfen, neue Formen haben sich
entwickelt und alte sind ausgestorben. Auf die Faunendatierung wird
z. B. an südafrikanischen Fundstellen von Australopithecinen
zurückgegriffen, wenn keine andere Datierungsmethode angewendet
werden kann. Die Faunen einer bestimmten Fundschicht werden mit
denen anderer, bereits absolut datierter Faunen verglichen. => Faunendatierung
[Uni-Tuebingen.de]
Absolute Datierungsmethoden
Dendrochronologie
[Der Hohenheimer Jahresringkalender]
Baumstämme setzen jedes Jahr einen neuen Wachstumsring an. Die
Breite dieser Ringe ist von klimatischen Gegebenheiten abhängig: In
trockenen Jahren sind die Ringe schmal, in feuchten Jahren mit
starkem Baumwachstum dagegen dick. So ergeben sich miteinander
vergleichbare Jahresringmuster. Ausgehend von einem frisch
gefällten Baum, dessen Jahresringmuster sich mit einem älteren
Baum überschneidet usw., kann in der Zeit zurück gerechnet und so
das Fälldatum eines historischen oder prähistorischen Baumes
bestimmt werden. Nach unten sind dieser Methode durch die
Verfügbarkeit entsprechender Hölzer Grenzen gesetzt.
Beispiele für dendrochronologische Abfolgen:
- Borstenkiefer, SW-USA: bis ca. 6.500 v. Chr.
- Eiche, Irland: bis ca. 5.500 v. Chr.
- Eiche, Deutschland: bis ca. 8.000 v. Chr.
- Kiefer, Deutschland: bis ca. 9.500 v. Chr.
Radiokarbondatierung
(C 14 - Methode)
Kosmische Strahlen erzeugen bei ihrem Eintritt
in die Erdatmosphäre Neutronen, die mit dem in der Luft enthaltenen
Stickstoff 14 (N 14) das radioaktive Kohlenstoffisotop C 14
bilden. Das C 14 gelangt zusammen mit dem nicht radioaktiven,
gewöhnlichen Kohlenstoff C 12 durch Photosynthese in den
Stoffwechsel der Pflanzen und damit in die Nahrungskette tierischer
Organismen. Ein toter pflanzlicher oder tierischer Organismus nimmt
kein neues C 14 mehr auf, das vorhandene C 14 verstrahlt und
zerfällt in den nicht radioaktiven Stickstoff N 14. Ausgehend von
einer bestimmten Halbwertzeit des C 14 (5730 Jahre) sowie von einem
konstanten Verhältnis der Kohlenstoff-Isotope C 12 und C 14, kann
man durch Bestimmung der Anteile beider Isotopen in organischem
Material dessen Alter feststellen. Das Radiokarbonalter wird z. B.
mit 5200 +/- 120 BP (before present) angegeben, wobei als Konvention
'present' das Jahr 1950 gilt. Die Zeitspanne für zuverlässige
Radiokarbondatierungen reicht bis etwa 50.000 Jahre.
Ein Problem stellt die
Konstanz des Verhältnisse von C 12 zu C 14 dar. Heute ist bekannt,
dass im Laufe der Zeit eine Isotopenverschiebung stattgefunden hat,
infolge derer ab etwa 1.000 v. Chr. Radiokarbondaten im Vergleich zu
Kalenderdaten zu jung ausfallen. Die Abweichungen werden immer
größer, je älter eine Probe ist. So beträgt die Abweichnung bei
9.000 BP bereits 950 Jahre. Von großer Bedeutung ist daher die Kalibration:
Die Radiokarbondaten werden mit Hilfre der Dendrochronologie in
Kalenderdaten (Sonnenjahre) umgerechnet.
=> Radiokarbondaten online
[jungsteinSite.de]
=>
Datierung mittels Radiocarbon - IIa: Kalibrierung [wort-und-wissen.de]
Kalium-Argon-Datierung
(K/Ar)
Die Kalium-Argon-Datierung basiert wie die
Radiokarbondatierung auf dem Prinzip des radioaktiven Zerfalls.
Kalium 40 ist ein radioaktives Isotop des in den meisten Mineralien
enthaltenen Elementes Kalium Seine Halbwertszeit beträgt 1,3 Mrd.
Jahre. Ein Zerfallsprodukt des K 40 ist das Edelgas Argon. Die
Altersbestimmung ergibt sich aus der Messung des im Gestein
enthaltenen Argon im Vergleich zum noch nicht zerfallenen
Kaliumisotop K 40. Diese Methode wird vor allem bei Vulkangestein
angewendet. Die frühen afrikanischen Hominiden-Fossilien werden
meist über K/Ar datiert, da die Fundschichten lagenweise mit
vulkanischem Tuff durchsetzt sind.
Uran-Thorium-Datierung
Diese Datierungsmethode basiert auf dem
radioaktiven Zerfall der Uran-Isotopen U238 und U235, die sich beim
Zerfall in andere Elemente umwandeln: Thorium und Palladium (Th230
und Pa231), deren Halbwertzeiten bekannt sind. Während das
Ausgangsmaterial wasserlöslich ist, sind es die Endprodukte nicht.
So kann z. B. in Wasser gelöstes U238 und U235 in Höhlen
eindringen und dort in Sinterablagerungen oder Stalagmiten gebunden
werden, die zum Zeitpunkt ihrer Bildung keine Uran-Zerfallsprodukte
enthalten.
Die radioaktive Uhr beginnt abzulaufen, und durch Messung der
Ausgangs- und Zerfalls-Isotope kann das Alter der Kalkbildung
bestimmt werden. Die Methode wird für Th230 bis etwa 350.000 Jahre
angewendet, für Pa231 bis in eine Zeittiefe von mehreren Millionen
Jahren.
Thermolumineszenz-Datierung (TL-Datierung)
Die TL-Datierung beruht darauf, dass bestimmte Sedimenttypen
Isotop-Beimengungen enthalten, durch deren Strahlung Elektronen
eingefangen werden, die sich in den Unregelmäßigkeiten des
Kristallgitters fangen. Die Zahl der eingefangenen Elektronen erhöht
sich im Lauf der Zeit. Bei Erhitzung des Materials werden die
Elektronen wieder frei und geben Energie in Form von Licht ab (TL =
Wärmeleuchten). Je höher die Zahl der eingefangenen Elektronen,
desto intensiver das Wärmeleuchten. Die Altersbestimmung erfolgt
über das Verhältnis von akkumulierter zu jährlicher Dosis. Letztere
wird aus den im Material und im umgebenden Sediment enthaltenen
Isotopen berechnet. Die TL-Datierung erfolgt an Materialien, deren
TL-Uhr irgendwann auf null gestellt wurde. Dies gilt für erhitzte
Materialien: Keramik, gebrannte Steinwerkzeuge, aber auch
Lössablagerungen (durch Sonneneinstrahlung). Diese Methode wird vor
allem dafür eingesetzt, den Zeitraum zwischen 50000 und 100000
Jahren zu datieren. Der Präzision dei Datierungen sind allerdings
Grenzen gesetzt, das Alter einer Probe kann in der Regel nur mit
einet Genauigkeit von ±10% bestimmt werden.
Elektrospin Resonanz Datierung (ESP)
Eine Methode, die auf der Messung des Zerfalls von Elektronen
basiert. Durch natürliche radioaktive Strahlung werden kristalline
Materialien quasi beschossen und freie Elektronen werden
aufgenommen. Die ESR Methode wird bei Fossilien vor allem an
Zahnschmelz, meist von Tierzähnen, aber auch bei menschlichen
Fossilfunden eingesetzt. Dabei wird gemessen, wie lange ein Objekt
der natürlichen Strahlung ausgesetzt war. Bislang kann die Methode
in einem Bereich bis ca. 3 Millionen Jahre eingesetzt werden. Das
Problem bei Zähnen ist, dass diese dazu tendieren bei der
Bodenlagerung große Mengen von Uran aufzunehmen. Voraussetzung für
eine erfolgreiche Messung ist es daher, den Prozess dieser
sekundären Uranaufnahme zu rekonstruieren.'
[Als Leseprobe entnommen aus Sonderheft 2002
von 'Archäologie in Deutschland': Die Neandertaler - eine
Spurensuche, S. 98-100, ergänzt durch eigene Links]
Quellen
(1) F.
B. Naber: Die "Schräge Wand" im Bärental, eine altholozäne Abrifundstelle im nördlichen
Oberfranken (aus der
Zeitschrift Quartär, Bd. 19, Erlangen 1968, S. 289-321).
(2)
W. Schönweiß: Die Ausgrabung von
Sarching-Friesheim im Rahmen des Nordbayerischen
Mesolithikums (In:
Mesolithische Fundplätze in NO-Bayern, NHG Abt. für Vorgeschichte,
Band
2/1988).
(3)
Sonderheft 2002 von 'Archäologie in
Deutschland': Die Neandertaler - eine Spurensuche
(=
Lit.
10, S. 98-100)
=>
Archäologie
in Deutschland
Verlag
(4) C. S. Sommer: Archäologie in Bayern - Fenster zur Vergangenheit
(= Lit. 43)
=>
Altersbestimmung in der Archäologie [Wikipedia]
=>
Datierung archäologischer Proben mittels Radiokarbon (14C)
[wort-und-wissen.de]
=>
Landnutzung am Bodensee
im Spiegel der Pollenanalyse
[Denkmalpflege in BW]
[zurück zum Lexikon]
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Beispiel für ein
Planum
Plan
von Sarching 3: mit Pfählen umstelltes Quadrat
hüttenähnlicher Gestalt [(2)]
20 Meter Schichtenfolge in
Hunas,
Gde. Pommelsbrunn,
Lkr. Nürnberger Land - ein Archiv des Eiszeitalters
[(4), S. 34, Abb. 3]
Sesselfelsgrotte in
Neuessing, Lkr. Kehlheim:
Archäologische Horizonte und ihre Datierung
[(4), S. 26. Abb.8) - Erklärung [=> Uni
Erlangen]
Sesselfelsgrotte in
Neuessing, Lkr. Kehlheim:
Lackprofile [=> Uni
Erlangen]
A: Mittelalter und Neuzeit
E3: Mittelpaläolithikum
B: Spätpaläolithikum und Mesolithikum (?)
F: Sterile Schuttschicht
C: Magdalénien
G1-5 – H: Micoquien-Horizonte
D: Sterile Löss-und Feinschuttschichten
I – L: Fundleere Schichten mit Nager-Horizonten
E2: Gravettien (?)
M1 – 3-West: Moustérien-Horizonte
Abri 'Schräge Wand' im
Bärental bei Weismain, LIF: Längsprofil [(1)]
Die
Abfolge der Schichten (Stratigrafie)
Schicht 1: Horizont mittelalterlicher und
neuzeitlicher
Begehung
Schicht 2: Sterile Zwischenzone.
Schicht 3: Horizont häufiger spätneolithischer und
metallzeitlicher
Begehung,
belegt durch neolithische Silices und zahlreiche
entsprechende Scherben
sehr verschieden gearteter Gefäße.
Schicht
4: Sterile Zwischenzone.
Schicht 5 (oben): Horizont einer spätneolithischen
Besiedlung mit
mikrolithischen
Silexgeräten und einem schnurverzierten Scherben.
Schicht 5 (unten): Horizont einer Besiedlung mit
mikrolithischen
Silexgeräten ohne Keramik.
Schicht 6: Sterile Zwischenzone.
Schicht 7: Mesolithische Wohnstelle mit zahlreichen
typischen
mikrolithischen Silexgeräten.
Schicht 8: Steriler, wohl glazialer Frostbruchschutt.
Dendrochronologie
am Beispiel von Alt-Lübeck und Lübeck:
Archäologische und
baugeschichtliche Objekte, Holzproben sowie Abfolgen
der
Jahresringbreiten und ihre Einordnung in den Jahrringkalender
[Aus:
Günter P. Fehring: Die Archäologie des Mittelalters, Eine
Einführung. Theiss Verlag 2000, S. 40, Abb. 7]
=>
Dendrochronologie [wikipedia.org]
Beispiel
für ein Chronologieschema
Schematische
Darstellung einer Stufengliederung
Chronologie der Römischen Kaiserzeit und der
Völkerwanderungszeit in Bayern
[Jochen Haberstroh in Lit.
15, S. 30]
=>
Der
Hohenheimer Jahrringkalender
[uni-hohenheim.de]
=>
Dendrochronologie
: Prinzip
[dendrolabor.ch]
=>
Lesen
im Archiv der Bäume
[Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg]
=>
Dendroscan:
Entnahme / Auswertung von Holzproben vor Ort [dendroscan.de]
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