Drei Frauen auf zwei Männer
Während sonst bei vergleichbaren Friedhöfen
Männerbestattungen überwiegen, wurden in Weismain von insgesamt 259 untersuchten Individuen
103 als männlich und 131 als weiblich
bestimmt. Bei 25 Skeletten war das Geschlecht fraglich.
Der total-Wert des
Geschlechterverhältnisses lautet für Weismain 78,6. Es kommen also
statistisch drei Frauen auf zwei Männer. Besonders auffallend ist
der Überschuss bei den juvenilen Frauen. Erst bei den Spätadulten
und spätmaturen Personen findet sich dann ein deutlicher Männerüberschuss, danach bei den
Frühsenilen wieder ein deutlicher Frauenüberschuss (siehe rechte
Abb. 2). Wie im Friedhof von Alladorf hat diese auffällige
Verteilung (Frauenüberschuss) keine Parallele, da
sonst ein Männerüberschuss die Regel ist.
Kinder und Jugendliche
machen im Weismainer Friedhof ca. 54,4% und soziale Erwachsene
beiderlei Geschlechter (Juvenile bis Senile) ca. 49,0% aus. Damit
ist der Anteil jüngerer Verstorbener deutlich höher als in
Alladorf.
Hohe
Kindersterblichkeit
Bei den Kindern stirbt beinahe die Hälfte, ehe sie das erste
Lebensjahr erreichen;
danach sinkt die Sterberate stark ab. Zwischen 20 und 40 Jahren
steigt die Sterblichkeitsrate bei Frauen und Männern fast
gleichmäßig an, um dann bei den Frauen stark abzufallen, während
sich bei den Männern zwischen 50 und 60 Jahren ein weiterer
Höhepunkt in der Sterblichkeit zeigt.
Knochenbrüche durch
Unfälle
Im Gegensatz zu den auf dem Alladorfer Friedhof Bestatteten
fanden sich in Weismain Knochenbrüche häufiger: 10 Mal an
Langknochen und 4 Mal am Unterkieferköpfchen.
Zum Körperbau
Auffällig erschien dem Untersuchenden, dass in Alladorf und
Weismain der Anteil graziler und sehr graziler Typen sehr hoch
erschien. Auch wirkten sie insgesamt weniger körperlich beansprucht
als sonst allgemein üblich. Die mittlere Körperhöhe betrug wie
auch in Alladorf bei Männern 168 cm und bei Frauen 158 cm.
Nach dem Tode
zerschlagen?
Dem Bearbeiter Röhrer-Ertl fiel auf, dass viele Knochen anscheinend
absichtlich zerschlagen worden waren. Dabei deuteten die Spuren auf
die Einwirkung halbscharfer Gewalt hin, also die Zerschlagung
mazerierter (bereits abgelöster) aber noch von Sehnen zusammen
gehaltenen Knochen mit einer schweren Hacke oder einem Spaten. Röhrer-Ertl
fand heraus, dass im Weismainer Friedhof 39% der Skelette 'rituell
behandelt' worden waren, wobei 22% auf Langknochen entfielen.
Er kann sich nur vorstellen, dass derartige Praktiken noch im
Heidentum verwurzelt waren. Der Leser mag entscheiden, ob er
dieser Interpretation folgen mag. Tatsächliche Manipulationen an
Skeletten wurden 2003 bei den Grabungen im Friedhof von Mockersdorf,
Lkr. Neustadt an der Waldnaab, festgestellt.
Literatur
R. Pöllath, Karolingerzeitliche Gräberfelder in Nordostbayern in Weismain und Thurnau-Alladorf
(Lit. 18), 2002
O. Röhrer-Ertl, Slawen - Deutsche. Beiträge zum ethnischen Wandel
aus anthropologischer Sicht (Lit. 31), 1999
W. Sage: Frühgeschichte und Frühmittelalter (in Lit. 1, bes. S.
215 ff.)
J. Haberstroh: Slawische Siedlung in NO-bayern (in
Lit. 23, S. 713 ff.)
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Frauengrab 147 (Ausschnitt)
Zu sehen ist ein Schläfenring von einem Paar.
ADL:
'Friedhof auf dem Lande' (1710-1760) zum Vergleich
WMF:
Weismain Anwesen Fick
m:
maskulin (männlich), f: feminin (weiblich), n: Anzahl
iI iII j fa sa fm sm fs ss
(infans,
juvenil, adult, senil - f= früh, s=spät)
[= Säugling, Kleinkind, Kind,
Jugendlicher, Erwachsener, Greis]
Abb.1
Abb.2
Absterbeordung
Maskulinitätsindex
des Friedhofes von Alladorf
des Friedhofes von Alladorf
(Aus: Slawen - Deutsche = Lit. 31, S. 124,
Abb.1, 125, Abb.2)
=> Körperhöhe
Körperhöhenverteilungen: Summenprozentkurven
für Männer (gefüllte Dreiecke) und Frauen
(offene Kreise)
Aus: Slawen - Deutsche = Lit. 31, S. 125, Abb. 3
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