"Es würde zu weit führen, die Entstehung der Lithographien im Album
Thurnau in allen Einzelheiten zu verfolgen, obwohl die Tagebücher
Lebschées dies erlauben würden. Es weien hier nur die wichtigsten
Einzelheiten dazu erwähnt.
Carl Graf von Giech hatte Lebschée am 12. Sept. 1850 in München
aufgesucht und ihm seinen Plan mitgeteilt, ein Gräfl. Giech'sches
Lithographie-Album Thurnau in einem Privatdruck herauszugeben,
in dem Lebschée die Abbildungen aller Giechschen einstigen und
jetzigen Schlösser und deren Wappen auf Stein zeichnen sollte.
Lebschée nahm den großen Auftrag sofort an und reiste wenige Tage
später, vom Grafen eingeladen, nach Schloß Thurnau, um sofort mit
seinen Zeichnungen nach der Natur zu beginnen.
Mit der Fertigung der ersten sechs Lithographien mit Tonplatte
begann der Maler in München am 4. Februar 51. Die ersten Abdrucke
aus der damit beauftragten Lithographie-Druckerei J. B. Kühn gingen
am 20. Dez. 51 wohlverpackt in einem Kistchen mit der Post nach
Thurnau. Die Druckereien wechselte Lebschée häufig, da seine
Aufträge zu langsam ausgeführt wurden. Von den einzelnen Steinen und
Tonplatten, versehen mit Unterschriften, mit dem Jahr der ersten
zeichnerischen Aufnahme, Numerierung und Einfaß- oder
Verzierungsrändchen wurden jeweils 28 - 40 Abdrucke hergestellt,
immer in Anwesenheit des Künstlers, der die Drucke leiten und
überwachen mußte von früh bis spät. Manchmal mußte der Maler auch
noch Retouchen und Correcturen an den Abdrucken vornehmen.
Für jede Lithographie mit Tonplatte erhielt Lebschée zunächst 22
Gulden. Ab Januar 56 verlangte er aber 30 Gulden für jede
Steindrucktafel. Die Bezahlung für die Steine (je 2 Gulden), die
Tonsteine (je 2 Gulden), französische Pauspapier Kl. Format 12
Bogen a 30 Kreuzer, französisches Druckpapier, das Buch mit 25 Bogen
a 2 Gulden, 12 Kreuzer. Fertigstellung der Numerierung, der
Unterschriften mit der Jahresangabe der zeichnerischen Aufnahme und
Ausführung der Verzierungsrändchen durch die Kalligraphen Robert
Zimmermann, Sebald und Haas erfolgte gesondert durch die
Domänen-Rentamtkammer unter Secretär Roder in Thurnau.
Nach Lieferung der einzelnen Abdrucke sprach Graf Giech Lebschée
seine Zufriedenheit aus und ließ ihn einen neuen Honorarvorschuß von
50 - 98 Gulden für die kommenden Arbeiten überweisen, den Lebschée
im Einzelnen dann mit Secretär Roder abrechnete.
Am 6. Januar 1856 teilte Lebschée dem Grafen mit, daß er die 3.
Abtheilung von je 6 Lithographiesteinen zum Album Thurnau beginne.
Das farbige Wappen des Grafen für den Titel des Albums zeichnete der
Maler am 18. und 19. Dez. 53 auf. Da Lebschée im Jahre 1854 wegen
der in München herrschenden Cholera nicht, wie geplant, nach Thurnau
zum weiteren Zeichnen kommen konnte, erwarb Graf Giech alle seine
Naturzeichnungen zum Album Thurnau für sein eigenes Album mit den
Originalen, in das später neben den fertigen Lithographien auch alle
anderen Sepia-Aquarelle Zeichnungen Lebschées Aufnahme fanden, die
nicht als Steindrucke ausgeführt wurden.
Im Herbst 1855 war Maler Lebschée erneut nach Schloß Thurnau
eingeladen, um weitere Zeichnungen für die kleinen
Lithographie-Vignetten des Albums aufzunehmen. Auf das vom
Domänen-Rentamt in Thurnau für diese Reise nach Thurnau gewährte
Reisegeld von 24 Gulden, mußte der Maler 16 Gulden aus seiner
eigenen Tasche darauf legen, wie er seinem Tagebuch anvertraute.
Am 16. Sept. 56 waren alle 28 großen Lithographien im Album
fertiggestellt. Das Titelblatt für das Original(e)-Album des Grafen
mit der von Lithograph. T. P. Herwegen entworfenen, gotischen
Titel-Schrift fing Lebschée am 10. Dez. 56 zu schreiben an. An
seinem 57. Geburtstag (27. Juli 57) schreibt der Maler ganz
deprimiert trotz aller Arbeit in sein Tagebuch: So verging auch
dieser traurige Tag, wieder ohne Hilfe, ohne einige Hoffnung, wie
mir geschehen wird in meiner druckenden Geldnoth und habe niemand,
dem ich mich, ohne mich herabzuwürdigen, offenbaren kann, ich stehe
wie auf Kohlen vor innerer Angst wegen blamirt sein, wie soll und
wird das enden? - So ist das Künstlerleben.
Als er am l. Juni 58 von Freund und Madame Doll Besuch erhält,
übergibt er ihnen zum Andenken ein Album Thurnau. Im Zimmer des
Direktors des Münchner Reichsarchivs, Herrn von-Rudhardt, als er an
der Herstellung von Wachs- und Gipsabdrucken der Siegel an alten
Giechschen Urkunden arbeitete, lernte er im Okt. 58 den Bamberger
Professor Reuther kennen, der ihn abends in seiner Wohnung aufsuchte
und sich mit ihm über Kunstgegenstände in Franken unterhielt. Die
letzten Abdrucke von den Lithographie-Steinen zum Album Thurnau nahm
Lederer, der Bediente des Grafen, am 18. Jan. 59 nach Thurnau mit.
Der Graf bestellte am 5. Juni 60 brieflich die Zeichnung Lebschées
die Bannsäule mit der eisernen Hand unweit Rottmannsthal bei
Weismain in Oberfranken. Lebschée nahm die Zeichnung aus seinem
Skizzenbuch heraus und machte sie dem Grafen zum Geschenk. Sicher
fand sie Aufnahme im Album des Grafen mit den Originalen Lebschées.
Graf Giech und Maler Lebschée sollten sich am 20. Jan. 61 zum
letzten Mal in München sehen. Damals schenkte der Graf dem Maler ein
Buch über Rechtsgeschichte von Hofrat Zöpfl, dem aus Bamberg
stammenden Universitätsprofessor in Heidelberg. Graf Giech fing an
zu kränkeln.
Am 26. Jan. 62 las Lebschee in der Zeitung die ihn erschütternde
Nachricht, daß Hr. Heinrich Günther gräfl.: Schloßgärtner b. S r.
Erlaucht Hrn. Grafen von Giech in Thurnau, 60 Jahre alt, gestorben
sei. Ruhe aus, braver deutscher Mann, liest man im Tagebuch des
Malers.
Schon ein Jahr später erfährt Lebschée aus dem Landboten No. 36 vom
3. Februar 1863 die Hiobsbotschaft, daß Herr Graf Friedrich Carl von
Giech am 2. Februar 1863 abends daselbst verschieden sei. Lebschée
will es noch gar nicht glauben. Aber am 18. Februar 63 trifft von
Kanzlei- und Domänenrat Roder die Todesanzeige mit gedruckten
Briefzeilen bei ihm ein. Lebschée kondolierte nun postwendend. Graf
Giech wurde in Thurnau beerdigt. Seine Grabplatte schuf Johann
Halbig 1865.
Auch nach dem Tode des langjährigen Auftraggebers und Gönners
Carl Graf Giech unterstützte die Hohe Frau Gräfin von Giech den
Maler noch einige Jahre mit finanziellen Zuwendungen für seine 28
großen und 62 kleineren Tonlithographien im Album Thurnau, die für
die Denkmalpflege im Thurnauer Raum von großer Bedeutung sind, hat
Lebschée - laut Tagebuch - in der Zeit von 1850 bis 1859 insgesamt
13l7 Gulden und 20 Kreuzer erhalten. Bei anderen
Lithographie-Aufträgen bekam er für jede Tonlithographie 30 bis 50
Gulden, mußte dann aber auch die Nebenkosten bei der Herstellung der
Steindrucke selbst übernehmen, was bei der Herstellung des Gräfl.
Giechschen Lithographie-Albums nicht der Fall war. Zählt man die 358
Gulden, die Graf Giech Lebschée für dessen Naturzeichnungen zum
Album Thurnau gesondert bezahlte und die von Gräfin Giech nach dem
Ableben ihres Mannes dem Maler noch gewährten Zuwendungen von 135
Gulden zum Honorar hinzu, so kommt man auf ein endgültiges
Gesamthonorar von 1849 Gulden, die der Maler für 10 Jähre
intensive Arbeit, abgesehen von den kostenlosen Aufenthalten im
Schloß Thurnau, erhalten hatte. Diese Summe ermöglichte es dem
Maler, 10 Jahre lang seine Wohnungsmiete bezahlen zu können, die im
Jahre zwischen 150 und 180 Gulden kostete.
Lebschée hatte jährlich l - 2 Gulden Steuer und 6 Gulden Armengeld
für noch Ärmere zu bezahlen. Seinen Jahresbeitrag für den Münchner
Geschichtsverein in Höhe von ca. 3 Gulden bezahlte er aber
regelmäßig bis zum Jahre 1858, in dem er sich gezwungen sah, aus
finanziellen Gründen dem Kassier seinen Austritt zu erklären und er
sich im Verlaufe des Juni nicht mehr als Mitglied ansehe. In den
Jahren nach 1863, in denen die Oberfrankenhilfe ausblieb, halfen
langjährige Münchner Freunde durch Aufträge dem Maler sich über
Wasser zu halten. Es halfen insbesondere der Bibliothekar Dr. Konrad
Föringer, Kaufmann August Obermaier, Buch- und Kunsthändler Georg
Franz, König Ludwig II., Chlodwig Fürst von Hohenlohe
Schillingsfürst, Carl Maria von Aretin, der Begründer des Bayer.
National-Museums, Dr. A. von Langlois und vor allem der Historische
Verein von Oberbayern, der sich für sein stets interessiertes und
für die Vereinsaufgaben so tätiges, ehemaliges Mitglied verpflichtet
fühlte. Lebschée erhielt 1866 vom Verein den Auftrag, die um 1590
von Hans Donauer dem Älteren im Antiquarium der Münchner Residenz
geschaffenen und allmählich unkenntlich zu werden drohenden
Wandmalereien mit den ältesten Ansichten von altbayerischen Städten,
Märkten und Burgen in 96 aquarellierten Sepia-Handzeichnungen - 5
Gulden für jedes Blatt! - zu kopieren. Bis 1871 war der nun
70jährige Maler unter erheblichen körperlichen Strapazen auf den
Gerüsten im Saal des Antiquariums für die Erhaltung dieses
Kunstdenkmals begeistert, trotz aller Anstrengungen, tätig.
Der Münchner Geschichtsverein besitzt mehr als 200
Handzeichnungen des Malers und seinen Nachlaß an Manuskripten, ein
wahrer Schatz für den Verein, einzig in seiner Art, wie man in einem
Vereinsbericht lesen kann. Lebschée hat sich mit seinen
Architekturzeichnungen, die zu den schönsten des 19. Jahrhunderts
gehören, für die frühe Denkmalspflege in ganz Bayern eingesetzt, und
war damit seiner Zeit um 100 Jahre voraus. In seinen letzten,
qualvoll verbrachten Lebensjahren ging der Maler, halb blind nach
einer Netzhautablösung, am Stock, unterstützt von ein paar
hilfreichen, guten Menschen. - So ist das Künstlerleben,
pflegte er öfters in sein Tagebuch einzuschreiben. Arn 13. Juli 1877
hatte alle Plage für diesen einsamen, stolzen und eigenartigen
Künstler ihr Ende.
Im November 1877 veranstaltete der Münchner Kunstverein eine
Gedächtnisausstellung für Lebschée mit seinen hinterlassenen
Handzeichnungen, an denen er besonders hing. Sie wurden dabei und
später auch bei einer Auktion des Kunsthändlers und Antiquars
Reichardt nach auswärts verkauft und der Rest des Nachlasses am 6.
Februar 1879 von der Montmorillon'schen Kunstanstalt in München
versteigert.
Zwei Jahre nach Lebschées Tod veröffentlichte 1879 HYACINTH HOLLAND
im 38. Band des Oberbayerischen Archivs eine erste
Lebensbeschreibung und vorläufiges erstes Werkverzeichnis nebst
einem Photoporträt des Malers, das Franz Hanfstängl am 12. Juni 1854
aufgenommen hatte. HOLLAND führt in seinem Werkverzeichnis 335
Handzeichnungen, 63 Radierungen, 35 Holzschnitte, 24 Stahlstiche,
184 Lithographien und einige Ölbilder Lebschées auf. In neuester
Zeit ist dem Künstler ein weiterer, verständnisvoller Biograph
erwachsen in der Person des Schriftleiters vom Historischen Verein
von Oberbayern, Herrn Archivdirektor Dr. LUDWIG MORENZ, der 1970 in
einer Ausstellung im Münchner Stadtarchiv und in einem Katalog auf
die 96 Handzeichnungen Lebschées mit den Kopien der Donauerschen
Wandmalereien von altbayerischen Städten und Burgen im Antiquarium
der Münchner Residenz aus der Zeit um 1590 hinwies, die ohne die
Arbeit Lebschées in den Jahren 1866 - 71 verloren wären.
Zum 100. Todestag des Malers hielt LUDWIG MORENZ am 25. Juli 1977
vor den Mitgliedern des Münchner Geschichtsvereins einen viel
beachteten Vortrag über Lebschée, der 1977 im 102. Bericht des
Oberbayerischen Archivs im Druck erschien. Er enthält viele neue
biographische Einzelheiten aus Lebschées Tagebüchern und
erfreulicherweise 75 reproduzierte Bilder, die Wiedergabe zweier
Tagebuchseiten und seines Fotoporträts von 1854. Das gräflich
Giechsche Lithographie-Album Thurnau bekrönte die historischen
Arbeiten und die Sammeltätigkeit von Carl Graf von Giech. Es stellt
ein unvergängliches, gemeinsames Denkmal Graf Giechs und Maler
Lebschées für die ehemalige Herrschaft Thurnau dar. Da Graf Giech in
den letzten Jahren seines Lebens kränkelte, unterblieb eine weitere
Bearbeitung und Verbreitung des Albums Thurnau, über das nun, nach
über 100 Jahren zum ersten Mal näher berichtet werden kann. Die
vorliegende Arbeit soll das Wirken Lebschées in Franken näher
beleuchten, sein Werkverzeichnis bedeutend erweitern, und dem um die
frühe Denkmalpflege auch in Franken so verdienten Maler und
Geschichtsfreund nach 100 Jahren ein Denkmal in Oberfranken setzen.
Eine umfangreiche, farbige Wiedergabe seiner hervorragenden
Architekturzeichnungen aus ganz Bayern in einer Monographie wäre
ein Desiderat bayerischer Kunstgeschichte und eine Augenweide für
die Betrachter, zu der vorliegende Veröffentlichung Vorarbeit
leisten möchte." [(8), S. 462
- 467]
Literatur
(1) A. Häußinger, Lebschée und das Album Thurnau. Thurnauer Blätter,
Februar 2001 (Manuskript)
(2) B. Huber, Auf der Suche nach historischer Wahrheit. Carl August Lebschée (1800 - 1877).
Ein Münchner Künstlerleben. Dölling und
Dalitz Verlag 2000
(3) G. Schwarz, Die Grafen und Herren von Giech auf Schloß Thurnau. Heimatbeilage zum
Amtlichen Schulanzeiger des
Regierungsbezirks Oberfranken, Februar 1979 Nr. 66
(4) U. v. Pezold, Adelige Standesherrschaft im Vormärz. Die
Tagebücher des Grafen Carl
von Giech (1795-1863). Freunde der Plassenburg,
München/Kulmbach 2003
(5) Thurnau 1239 - 1989 (Verschiedene Verfasser), Markt Thurnau 1989
(8) B. Müller: Carl August Lebschées Reisen nach Franken. Bericht
des Historischen Vereins für
die Pflege der Geschichte des
ehemaligen Fürstbistums. Bamberg. 115. Bericht - Jahrbuch 1979.
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Carl August Lebschée
Selbstbildnis [in (1), S. 1]
Franz Friedrich Carl Graf von Giech
(1795 - 1863), ehemaliger königlich bayerischer
Regierungspräsident von Mittelfranken
[in (4), S. II]
Schloss vom Marktplatz - Album Thurnau Tafel II
"Thurnau und seine Umgebungen" 1854
Lithographie auf dem Mappendeckel
Alle Lithographien haben im Original einen Rand
mit kunstvoll ausgebildeten Eckverzierungen.
Um die Dateien zu verkleinern, wurde bei den Tafeln
der Rand weglassen wie auch die Nummerierung oben
und die zweite Textzeile unten (zumeist die Jahreszahl).
Schlossgarten mit Teehaus - Tafel 14. 1851
Alt
kolorierte Fassung der Tafel XIV [Eigentum: R. Hunebald]
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