Entstehungsgeschichte des
Bildes
Stifter und
Stiftung
An der südlichen Chorwand hängt ein zeit- und religionsgeschichtlich
bedeutsames Ölgemälde. Es wurde von dem aus Heubsch stammenden und
später in Nürnberg lebenden und dort zu Reichtum und Ansehen gekommenen
"Englischen Tuchfärber" und Mitglied des großen Rats, Friedrich Hübner
für seine Kasendorfer Heimatkirche gestiftet.
Im Jahre 1602 wurde es auf einem Leiterwagen von Nürnberg nach Kasendorf
gebracht. 1605 vermachte er in seinem Testament u. a. seinem „lieben
Bruder Hanß Hübner zu Heubsch“ 500 Gulden. Hiervon sollten auf dem von
seiner bereits verstorbenen Mutter in Heubsch „angenommenen“ Hof
[Hs.-Nr. 24] 200 Gulden „in ewigs Zeit ... stehn und angelegt bleiben, ... und (der jeweilige
Hofbesitzer) jedes Jahr besonders auf den Heil: Pfingsttag ... Zehen
Gulden als in Abzinnß gen Caßendorff zu tragen schuldig seyn, von
solchen jährl. Zinnß soll um Fünf Gulden Brod gebacken, und auf
denselbigen Tag unter die Armen Leuth ... ausgetheilt, untereinen jeden
Armen Menschen von den Übrigen Fünf Gulden Sechs Pfennig ...“
ausgeteilt werden (6).
Diese "Hübnersstiftung"
von 1605 wurde erst während der 30-er Jahre des letzten Jahrhunderts abgelöst, da sie für die
damaligen Hofbesitzer eine erhebliche Belastung darstellte.
Der Maler
Andreas Herrneisen
Einem Windsheimer Rechnungsprotokoll vom 23. Febr. 1602 ist zu
entnehmen, dass sich der Nürnberger Maler Andreas Herrneisen im
Februar 1601 mit dem Tuch "darauf die Stende gemalet, die sich erstlich
zu der Evangelischen Lehr, als Lutherus aufgestanden, sich bekannt
haben", auf den Weg gemacht hatte. Er verehrte das Gemälde dem Rat der
Stadt Windsheim und erhielt acht Gulden für seine Arbeit. Wie bei
ähnlichen Darstellungen von Bad Windsheim, Weißenburg,
Nürnberg-Mögeldorf und Kulmbach handelt es sich bei dem Kasendorfer
Konfessionsbild um ein Stifterbild. Wahrscheinlich ließ sich dieser
zusammen mit seiner Familie auch darauf abbilden. So dürfte es sich bei
der Gruppe, welche in der rechten Bildhälfte gerade der 'Leib des Herrn'
gereicht wird, um den Ratsherrn Hübner handeln; hinter ihm knien bezw.
stehen wohl Angehörige, alle in zeitgenössischer, vornehmer Kleidung. Auf der linken Seite würde dann seiner Gattin und
den dahinterstehenden Frauen, die gleichfalls sehr modisch gekleidet sind, gerade der
Abendmahlskelch gereicht. Bei den beiden Geistlichen, welche das
Abendmahl austeilen, wird es sich um die Reformatoren Martin Luther
und Philipp Melanchthon handeln. [nach A. March
in Lit. 3]
Auf dem
unteren Rahmenrand des Kasendorfer Bildes steht geschrieben: „Historia
der Augspurgischen Confession mit Verzeichnus der Fürsten unnd Herrn, so
sich darzu bekend haben. Anno 1530.“, auf dem oberen Rahmenrand: „Er hat
ein Gedechtnis gestifftet seiner wunder, der gnedige und barmhertzige
Herr. Halleluia. Psalmo. CXI. versu. IIII.“ Eine zeitgenössische
Darstellung der Übergabe der Augsburgischen Konfession an Kaiser Karl
V., am 25. Juni 1530, hat es wahrscheinlich nie gegeben. Erst aus Anlass
ihrer ersten Hundertjahrfeier versuchte der
Nürnberger Pfarrer Johann Saubert, den historischen Vorgang anhand von
Archivstudien zu rekonstruieren. Ein von ihm 1630 herausgegebener
Kupferstich wurde zur klassischen Darstellung des bedeutungsvollen
Ereignisses, welcher weite Verbreitung fand und vielfach nachgeahmt
wurde.
Aber schon vor
dem Jahre 1630 hatten einige Maler in Franken dieses Thema aufgegriffen.
Dabei kam es ihnen weniger auf eine historisch getreue Darstellung,
insbesondere der auf dem Bild dargestellten historischen
Persönlichkeiten, an. Auch beschränkten sie sich nicht darauf, die
Übergabe der Bekenntnisschriften abzubilden; vielmehr stellten sie
zusätzlich zu dieser Szene auch die Sakramente und gottesdienstlichen
Handlungen der lutherischen Kirche dar.
Die verschiedenen Konfessionsgemälde
Während das Bekennerbild in der Kulmbacher Petrikirche (gestiftet von
Simon Schmüzer) später von dem Kasendorfer Gemälde kopiert wurde, stammen die Konfessionsbilder, die
heute im Rathaussaal von Bad Windsheim (von 1601) und in der Kirche von
Nürnberg-Mögeldorf (1601) hängen, aus der Nürnberger Malerwerkstatt von
Andreas Herneisen (1538 - 1610). Für das Windsheimer Gemälde wurden vom
Rat der Stadt 8 fl bezahlt. An der Herstellung der Bilder, welche
das Hauptereignis und die Elemente der lutherischen Lehre sehr
unterschiedlich interpretieren (die Hauptpersonen in stark abweichender
Gruppierung und verschiedenartiger Kleidung - erkennbar nur an den Wappenschildern bezw. einer Inschrift), waren sicher auch Schüler von
Andreas Herrneisen beteiligt.
Ähnliche Darstellungen befinden sich u. a. noch
in der Coburger Morizkirche (hier auf zwei Tafeln verteilt), in
Weißenburg und in der Georgenkirche von Eisenach. Auch in der
Stadt Heilbronn, aber auch in Uffenheim (1945 in der Stadtkirche
verbrannt) hatte es ähnliche Bilder gegeben. Das Kasendorfer
Konfessionsbild entstand wie die anderen, ähnlichen Darstellungen
wahrscheinlich nach einem im letzten Jahrzehnt des 16. Jahrhunderts
gemalten Konfessionsgemälde, das sich in der Johanneskirche in
Schweinfurt befindet. Vor allem wohl durch Kupferstiche, besonders
den von Johann Dürr aus dem Jahre 1630, wurde dieser Typ im gesamten
süddeutschen, aber auch den mitteldeutschen Raum weit verbreitet.
Abgrenzung zur
reformierten Lehre
Nachdem der (im Jahre 1555 geschlossenene) Augsburger
Religionsfrieden endlich den äußeren Frieden zwischen Katholiken und
Lutheranern gebracht hatte, grenzte man sich nun gegenüber der
kalvinistischen Lehre und andere "Schwarmgeister" klar und oft auch
polemisch ab.
Diese Haltung
deckt sich wohl auch mit der persönlichen Einstellung des Malers. So
zeigt er auf dem Bad Windsheimer Bild (linke Ecke auf Abb. 4), wie Zwinglianer mit Hunden und
Hellebarden aus der Kirche gedrängt werden „naus an die callvinisch
Kirchen“ (Inschrift in Mögeldorf) und wie der Teufel in einem
aufgeschlagenen Buch die Namen der "Ketzer" nennt. Während auf dem
Kulmbacher Bild Anspielungen auf die Gegner Luthers fehlen, stehen auf
dem Altartuch des Kasendorfer Bildes „Der Fürnehmbsten Schwermer und
Ketzer Namen, so sich allezeit wider diß Allerheiligste Sacrament des
leibs und Bluts Christi gelegt darwider gelert und geschriben haben: D.
Andreas Carlstadt. Ulrich Zwingel. Capar Schwenckfeld. Johannes
Companus. Johann Ecolampadus. Johann Calvinus. Theodorus Beza.
Thomas Müntzer. Widertaüffer. Bapst. Unnd Ihr Vatter der Teuffel.“
(Bild 3)
Unter dem Altar befinden sich die Darstellungen von
Tod und Teufel, den nunmehr durch Christus überwundenen Feinden.
Die Unterschiede in der Abendmahlslehre
Abendmahlsstreitigkeiten gibt es schon seit dem 9. Jahrhundert, als man
begann, die Wirklichkeit anders zu sehen und zu verstehen. Während die
römisch-katholische Kirche in der ‚Transsubstantiation’ ( =
Wesensverwandlung) von Brot und Wein in den Leib und das Blut Christi
lehrt, versteht Luther in den Einsetzungsworten "Das ist mein Leib" die
Verbindung von Christi Leib und Blut mit Brot und Wein zu einer
sakramentalen Einheit (= ‚Konsubstantiation’).
Für den
Züricher Reformator Zwingli (1484 - 1531) hingegen ist das Abendmahl nur
ein Erinnerungs- und Gemeinschaftsmahl. Auch sind Brot und Wein für ihn
in keinerlei Weise Mittel der Gegenwart Christi, sondern nur Zeichen,
die dem Glaubenden helfen sollen, sich an Christus zu erinnern. Die Einsetzungsworte Jesu deutet Zwingli als „Das bedeutet meinen Leib“.
[Evangelischer
Erwachsenenkatechismus, 3. Aufl., Gütersloh 1977, S. 1107 ff.]
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Verzeichnis der verwendeten Literatur
(1) Bamessel, H., Pfarrchronik aus dem Jahre 1914. In Auszügen abgedruckt in
Der Kiliansbote Nr. 76/April 1986 und Nr. 80/August 1986.
(2) Jahreiß, K., Die Kirche zu Kasendorf. Aus der fränkischen Heimat,
Nr.4/1978.
(3) Marsch,
A., Bilder zur Augsburger Konfession und ihrer Jubiläen. Anton H. Konrad
Verlag,
Weißenhorn (Bayern) 1980.
(4) Markt Kasendorf in Vergangenheit und Gegenwart (verschiedene Verfasser),
Heimatbuch zum 700-jährigen Jubiläum, Kasendorf 1986.
(5) Pilz,
K., Die St. Nikolaus- und Ulrichskirche in Nürnberg-Mögeldorf.
Ihre
Geschichte und Kunstwerke (Kirchenführer), 1980.
(6)
Kopie
der 'Hübnersstiftung'
(übertragen von Richard Lenker)
(7)
Brückner, W., Lutherische Bekenntnisgemälde des 16. bis 18. Jahrhunderts.
Die illustrierte
Confessio Augustana, Schnell + Steier 2007.
Dieses
Manuskript wurde auf der Grundlage des Aufsatzes für das Heimatbuch von
1986 1991 nach
den o. g. Quellen zusammengestellt und im November 2002 bzw. August 2007 noch einmal
vom
Verfasser überarbeitet bezw. ergänzt.
Hier finden
Sie
neuere Fotos des Kasendorfer Konfessionsbildes in meinem
PICASA-Webalbum.
=>
Zu einer
Powerpoint-Präsentation zur Geschichte der Kirche und ihrer
Kunstdenkmäler
[zurück
zur Kasendorfer Kirche] =>
Ein Rundgang durch die Kirche [kirche-kasendorf.de]
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Bild 1
Das Kasendorfer Konfessionsgemälde, 1602 von Andreas Herrneisen
gemalt.
Dargestellt ist die Übergabe der Bekenntnisschriften an Kaiser Karl V
(links)
auf dem Reichstag zu Augsburg 1530.
[Zustand nach der Restaurierung von 2005 durch Dipl.-Restauratorin
Jutta Minor]
2
3
Zwei Ausschnitte aus dem Kasendorfer Konfessionsgemälde
In der Mitte der Kurfürst
von Sachsen, Johann der Auf der Altardecke
rechts unten die
Namen
Beständige
mit der CONFESSIO AUGUSTANA
der
"Fürnehmbsten Schwermer und Ketzer
und der APOLOGIA CONFESSIONIS AUGUS-
... Bapst. Unnd Ihr Vatter der Teuffel.“
TANAE,
einer Widerlegung der "Confutatio",
einer Darunter sieht man Darstellungen von Tod
Anklageschrift
der katholischen gegen die 'Irrlehren' und
Teufel, den nunmehr durch Christus
der evangelischen Stände,
dahinter die Fürsten,
überwundenen Feinden.
welche die "Confessio" unterschrieben
haben.
Links des Kurfürsten von Sachsen ist (sitzend) noch
der Kurfürst von Trier zu sehen.
Bild 4 =>
größer [338 kB]
Konfessionsgemälde von Bad Windsheim (Ausschnitt): in der Mitte eine Taufhandlung
Links im Hintergrund werden Zwinglianer mit Hunden und Hellebarden aus
der Kirche gejagt.
[aus (3) A. Marsch, Abb. 49]
Bild 5
Konfessionsgemälde in Leipzig (früher in der
Nikolaikirche -
jetzt im Stadtgeschichtlichen Museum) [(7), S.
211, Tafel 6]
Bild 6
Konfessionsgemälde in Leipzig (Ausschnitt)
Der Teufel spuckt die Schwärmer und Ketzer aus.
[Detail aus (7), S. 211, Tafel 6]
Bild 7 a + b
In diesen Ausschnitten sind wichtige Teilstücke der
lutherischen Lehre
zu sehen,
das Abendmahl und darüber die Taufe bzw. die
Eheschließung.
Bei den modisch gekleideten Empfängern des Abendmahles handelt es
sich
wohl um die Familie des Stifters, des Nürnberger Ratsherren
Friedrich Hübner.
Das Abendmahl wird wohl von Philipp Melanchthon und Martin Luther
gereicht.
Bild 8
1602 von Andreas Herrneisen gemaltes Konfessionsbild von Kasendorf.
Dargestellt ist die Übergabe der Bekenntnisschriften an Kaiser Karl V.
(links)
auf dem Reichstag zu Augsburg 1530 [aus (3) A. Marsch, Abb. 26] =>
größer [391 kB]
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