Ausgrabungen am Rauhen Kulm 2006/2007

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Ein slawisches Missionskreuz
Heidnischer Kultplatz auf dem Vulkan?

"... Ein neues Schlaglicht auf die Bedeutung dieses Platzes zeigte sich gegen Ende der Grabungskampagne [2008]. Erstmals begannen die Archäologen, auch an dem oberen Wall zu graben, über dessen Alter bislang noch wenig bekannt ist. Zunächst mussten die Steine von niederem Buschwerk befreit werden. Große Abschnitte der oberen Befestigungsanlage sind völlig überwuchert.

[Seltener Fund eines Taufkreuzes]
Als man bereits den Abschluss der Grabungen vorbereitete, entstand plötzlich Aufruhr in der Grabungsmannschaft: Ein winziges Kreuz aus Eisen - vielmehr Blei wie sich später herausstellte - war beim Aussieben der Erde gefunden wurde. Zunächst Ratlosigkeit bei den Studenten. »Aha, das eiserne Kreuz ...«. Nachdem jedoch Hans Losert - seit langem der Experte für die Zeit der Slawen in Bayern - das wenige Zentimeter [3cm] große Kreuz in die Hände bekommt, geht ein Aufschrei durch die Menge: »Ein Missionskreuz, i werd narrisch, das ist ein slawisches Taufkreuz!« Sein Enthusiasmus greift über. Schnell ist eine Nadel zur Hand, um zu sehen, ob man das Kreuz mit einer Schnur durch das kleine Loch noch immer am Hals tragen könnte. Es funktioniert. Zur Taufe hätten die Täuflinge ein solches Missionskreuz als Geschenk erhalten.
 

Im 8. oder 9., vielleicht auch noch im 10. Jahrhundert muss das gewesen sein, als die Missionare aus den kirchlichen Zentren - hier vermutlich Regensburg - ausströmten, um die heidnischen Völker zu bekehren. In Süddeutschland gibt es nur zwei ähnliche Exemplare [von Taufkreuzen], einen Lesefund aus der Fränkischen Schweiz [mit Querdurchbohrung am oberen Ende (Abb. 8) und eines aus der Karlburg in Unterfranken (Abb. 6)], sowie ein paar weitere aus Tschechien und der Slowakei. Kein Student oder Professor, sondern ein Gymnasiast aus Bayreuth hat den bedeutendsten Fund auf dem Rauhen Kulm gemacht: Der 16-jährige Schüler Karl Oßwald, der erstmals an einer Grabung teilnahm. Freudestrahlend präsentiert er das gute Stück. Sein Finderglück wurde bei der Grabung übrigens sprichwörtlich: »Das hat schon wieder der Karl g'funden.« ....

Losert und Szameit halten es nicht für ausgeschlossen, dass der Rauhe Kulm für die Missionierung gerade deshalb so wichtig war, weil sich hier ein vorchristliches slawisches Heiligtum befand. Gerade solche »heidnischen« Zentren waren oft das erste Ziel christlicher Missionare, um die Bevölkerung vom falschen Glauben abzubringen. Als Zeichen des Sieges des Christentums wurde dann meist an Stelle des Heiligtums eine Kirche [oder Kapelle) errichtet. So könnte sich auch auf dem Gipfel des Kulm damals eine Kirche befunden haben, womöglich an der höchsten Stelle, wo sich heute der Aussichtsturm befindet, vielleicht aber auch an einer anderen Stelle mit weitem Blick ins Land. Dafür spricht auch der Sichtbezug zum Barbaraberg knapp fünf Kilometer südlich des Kulm. Dieser im Vergleich zum Rauhen Kulm unauffällige niedere Berg liegt auf einer exakten Nord-Süd-Achse zu seinem überragenden Nachbarn.

Auf dem Barbaraberg wurde im 10. Jahrhundert ein slawischer Friedhof angelegt mit zum Teil reichen Beigaben - »die Bestatteten haben hundertprozentig zum Rauhen Kulm gehört« , ist sich Losert sicher. Um das Jahr 1000 errichteten die Bewohner am Rande des Friedhofs eine Kirche. Bei Grabungen zwischen 1992 und 1995 konnten Friedhof und Kirche freigelegt werden (Lit.: Anja Heidenreich, Ein slawischer Friedhof mit Kirche auf dem Barbaraberg im Landkreis Neustadt/Waldnaab, 1998). Nach Ansicht von Hans Losert kann der Bezug zwischen Barbaraberg und Rauhem Kulm kein Zufall sein. ...

In Zukunft wird übrigens auch ein Teil der frühmittelalterlichen Mauer wieder aufgebaut, zusammen mit einem Blockbau des 10. Jahrhunderts, in welchem der Besucher dann eine Dokumentation zur Geschichte, zur Geologie und zur Botanik des Vulkankegels besichtigen kann." Roland Gschlößl

[Auszug aus Das slawische Missionskreuz - Heidnischer Kultplatz auf dem Vulkan? Leseprobe aus Bayerische Archäologie Heft 7/8 2008 S. 66-69 mit freundlicher Genehmigung durch Herrn Markus Tremmel - Ergänzungen in Klammern von D. Sch]

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     [via verbis bavarica]


=>  Mission und Christianisierung in Nordostbayern
      [Powerpoint-Präsentation von H. Losert-BT  02/2009]

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       Abb. 8      Abb.9

     Blick in die Flednitz von Süden mit Rauhem Kulm,      Missionskreuz aus Blei (R. Kulm)
     Kloster Speinshart  und Barbaraberg.                         in der Sonderausstellung
     Historische Ansicht von 1825                                     "Archäologie ohne Grenzen" 2010
     [Kemnath 1000 Jahre und mehr ..., S. 79, Abb. 17]

Literatur
(1) H. Losert/M.Wintergerst, Christliche Sachkultur. In: Missionierung und Christianisierung
      im Regnitz- und Obermaingebiet. Bamberg 2007

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  Abb. 1

Grabungsschnitt des Walles auf dem Gipfelplateau.
Deutlich ist die innere Front der Mauer zu erkennen.  [Foto: D. Sch. - Aug. 2008]

 

  Abb. 2

 »I werd narrisch - ein slawisches Missionskreuz!«
Große Aufregung auf dem Rauhen Kulm, als der Gymnasiast Karl Oßwald (ganz rechts) kurz vor dem
Ende der Grabung den sensationellen Fund macht.
Die Grabungsleiter Erik Szameit (1.) und Hans Losert
(2. v. l.) sowie die Grabungsteilnehmer sind begeistert.


 

    3      4

Das Missionskreuz aus Blei [Foto 4: Hans Losert]
Ein bedeutendes Zeugnis für die Christianisierung der Slawen in der nördlichen Oberpfalz. Höhe etwa 3,0 cm.


 

   Abb. 5

Wikingische Gussform aus Speckstein
für Taufkreuze und Donaramulette in Hammerform,
aus Trendgården, Jütland (DK), 10. Jahrhundert.
[Nachweis: Hans Losert]


 

Abb. 6          Abb. 7

Taufkreuz aus Blei,          Bleierne Missionskreuze
Höhe 5,1 cm;                      aus Bled, Pristava (SL)
Lesefund aus der                 [Nachweis: Hans Losert]
Fränkischen Schweiz         
[Foto: Hans Losert in (1), S. 255, Abb. 3]


 
 
Abb. 10

Bleikreuz (Breite 3,9 cm) aus der Karlburg,
Lkr. Würzburg. [Nachweis und Zeichnung: Hans Losert]


  nach oben           [home]                  Die Bilder 2 und 3 stammen aus dem o. g. Aufsatz.           Dieter Schmudlach (D. Sch.) - 16.02.2010/14.09.2010