Hans Süß' Dreikönigsaltar in neuer Pracht

Kunstwerk des Kulmbacher Malers steht wieder in der Wendelsteiner St.-Georgs-Kirche (Aus der Fränkischen Heimat - Beilage der Bayerischen Rundschau Nr. 7 / 2002)

 

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Rückkehr des restaurierten Altares
Im April 2001 kehrte nach langer Restaurationszeit der Dreikönigsaltar von Hans Süß an sei
nen angestammten Platz in die St.-Georgs-Kirche Wendelstein zurück. 1987 war der aus dem Jahre 1510 stammende Altar zuletzt für die Öffentlichkeit zu sehen gewesen. Starker Schmutz, Firnisse, Übermalungen oder allerlei Retuschen zeugten von der bewegten Vergangenheit dieses seltenen Kunstwerks. Wegen seines traurigen Zustands wurde der Altar abgebaut, in Kisten verpackt und in einem Keller eingelagert. Dort wartete er geschützt vor großen Temperaturschwankungen lange Zeit auf seine Restaurierung. Erst 1999 kam der Altar dann schließlich in eine Fachwerkstatt nach Ochsenfurt. Ganze zwei Jahre dauerte die aufwändige Arbeit an diesem Frühwerk des aus Kulmbach stammenden Schülers Albrecht Dürers, ehe er im vergangenen Frühjahr wieder feierlich eingeweiht werden konnte.

Hans Suess - Hans von Kulmbach - Hans Wagner
Hans Süß wurde wahrscheinlich um 1476 in Kulmbach geboren. Über Herkunft und Namen wurde viel gemutmaßt, doch scheint man sich heute einig zu sein, dass er tatsächlich aus Kulmbach stammt, wobei sein Name „Süß" offensichtlich nicht korrekt ist. Vielmehr gehen einige Historiker davon aus, dass sein eigentlicher Name Hans Wagner lautete. Leider sind die vorhandenen Beweise oder Gegenbeweise spärlich und möglicherweise im Jahre 1553 beim Kulmbacher Stadtbrand für immer in Flammen aufgegangen.
Man nimmt weiterhin an, dass Hans Süß zwischen 1491 und 1495 als Lehrling beim bekannten Michael Wolgemut tätig war. Danach soll er sich für drei Jahre auf Wanderschaft in Flandern begeben haben. Nach seiner Rückkehr nach Nürnberg war er von 1500 bis 1503 Schüler beim italienischen Meister Jacob de Barbari. Nach einer zweiten Wanderschaft gelangte er schließlich 1507 in die Werkstatt Albrecht Dürers. 

Albrecht Dürer als Lehrmeister 
Joachim von Sandrart, selbst ein bedeutender Künstler seiner Zeit, schrieb in seinem biographischen Werk zu den Künstlern der Renaissance eineinhalb Jahrhunderte später: Hans von Kulmbach „war ein Discipel Albrecht Dürers und wurde von seinem Lehrmeister wegen wol ergriffener Manier
sehr geliebt und in allem befördert, weiln er ihme in seinen Werken trefflich an die Hand gienge. Seine Geburtstadt wäre der gemeinen Sage nach Kulenbach in dem Fürstenthum Barayt; er liesse viel in Holzschnitt ausgehen in unterschiedlichen Büchern, alles nach seines Lehrmeisters Weis. [... ]" Im April 2001 kehrte nach zweijähriger Restaurationszeit der Dreikönigsaltar von Hans Süß an seinen angestammten Platz in die St.-Georgs-Kirche Wendelstein zurück. 1987 war der aus dem Jahre 1510 stammende Altar zuletzt für die Öffentlichkeit zu sehen gewesen.
 

Hans Suess als Buchillustrator
Sandrart erwähnt hier vor allem Hans von Kulmbachs Holzschnittarbeiten, die am Anfang seiner Schaffenszeit stehen. Seine ersten Holzschnitte dienten der Illustration von Conrad Celtis' Büchern. 1501 gab Conrad Celtis (eigentlich Konrad Bickel, 1459 -1508) die von ihm wieder entdeckten Komödien der Nonne Roswitha von Gandersheim (um 970) heraus, die der junge Hans Süß illustrierte. Die Zusammenarbeit mit einem derart berühmten Mann wie Celtis macht deutlich, dass sich Hans Süß schon sehr früh einen Namen gemacht hatte und zeugt von seinen hohen künstlerischen Fähigkeiten.

Im darauffolgenden Jahr - also genau vor 500 Jahren - erschien ein weiteres Buch von Conrad Celtis mit dem Titel „Quattour libri amorum" („Vier Bücher der Liebe"), welches ebenfalls mit Illustrationen von Hans von Kulmbach ausgeschmückt wurde. Dieses Buch war keinem geringeren als Kaiser Maximilian gewidmet und war ein Gedichtzyklus nach dem antiken Vorbild Ovids. Nach weiteren Tätigkeiten als Illustrator von Büchern - etwa für Ulrich Finders „Der beschlossene Gart des Rosenkranz Mariae" -, entstanden im Jahre 1505 erstmals Gemälde für Altarflügel. Zu ihnen zählen etwa die Flügelbilder für den Nikolausaltar in der Nürnberger Lorenzkirche oder für den Annenaltar in Schwabach.

Nürnberger Bürgerrechte
Im Jahre 1510 schließlich entstand der Dreikönigsaltar, der heute wieder im mittelfränkischen Wendelstein steht. Spätestens in diesem Jahr wird Hans von Kulmbach eine eigene Werkstatt in Nürnberg gehabt haben. Von nun an beginnt auch seine fruchtbarste Tätigkeit als Maler. Es entstanden beispiels
weise der Altarflügel des Annenaltars in der Lorenzkirche oder Gemälde für den Peter-und-Paul-Altar (heute in den Uffizien, Florenz). Der 15. März 1511 war ein ganz besonderes Datum im Leben des Künstlers, da er an jenem Tag die Nürnberger Bürgerrechte verliehen bekam und es ihm dadurch möglich war, fortan den Rechtsschutz seitens der Stadt in Anspruch zu nehmen. Dies war spätestens dann vonnöten, als er wichtige Aufträge in der polnischen Königsstadt Krakau annahm. Schon lange bestand ein enges wirtschaftliches und künstlerisches Band zwischen beiden Städten. Viele Patrizierfamilien aus Nürnberg, aber eben auch aus Kulmbach, hatten enge Handelsbeziehungen mit Krakau. Und so ist es auch zu verstehen, dass bedeutende Künstler, allen voran Albrecht Dürer, Veit Stoß oder Peter Vischer, ebenfalls in Krakau tätig waren. Es darf sogar angenommen werden, dass die Kulmbacher Patrizierfamilie Gutthäter aufgrund ihrer guten Kontakte einen großen Anteil daran hatte, dass Hans von Kulmbach nach Krakau geholt wurde.

Ein reiches Schaffen
Seit 1511 sind nun Werke bekannt, die mit
dem Zeichen „HK" (Hans von Kulmbach) signiert worden sind, wobei die beiden Buchstaben - wie es oft üblich war - in Ligatur geschrieben wurden. Es begann eine rege Tätigkeit. Zahllose Gemälde, Altarflügel und Bildnisse entstanden in der nun folgenden, äußerst produktiven Zeit. Zwischen den großen Metropolen Nürnberg und Krakau pendelnd, schuf Hans von Kulmbach beispielsweise Bildnisse von reichen Krakauer Bürgern, vom Markgrafen Casimir von Brandenburg, aber auch großartige Glasfenster und Altargemälde für Kirchen im Nürnberger und Krakauer Umfeld - zum Beispiel Marienaltar, 1511; Katharinenaltar, 1514/15; Johannesaltar, 1516. Nicht unerwähnt bleiben dürfen seine prächtigen Glasfenster, etwa das „Kaiserfenster" (1514) für Kaiser Maximilian I. oder das „Markgrafenfenster", das er im Auftrag Markgraf Friedrichs für die Nürnberger Sebalduskirche schuf.

In großen Sammlungen der Welt
Die Bedeutsamkeit seiner in dieser Phase entstandenen Werke drückt sich auch darin aus, dass sich heutzutage viele seiner etwa 200 bekannten Kunstwerke in den großen Sammlungen der Welt, namentlich New York, München, London oder Wien, befinden. Diese sehr fruchtbare Schaffensperiode endete letztlich mit dem frühen Tod des Malers im Jahre 1522. Im Alter von (möglicherweise) nur 46 Jahren starb „Hanns Süß moler von Kulnnbach" - so der Eintrag im Totengeläutbuch der Sebalduskirche - in Nürnberg. Das genaue Sterbedatum ist nicht bekannt, der Eintrag erfolgte aber zwischen September und Dezember 1522. Erwähnenswert ist noch, dass nach dem Ableben des Malers, der selbst unverheiratet und kinderlos blieb, zwei Kulmbacher Bürgerinnen namens Tischer Geld und diverse Gegenstände aus Süß' Nachlass überreicht bekamen. Dieser Umstand spricht dafür, dass Hans Süß tatsächlich aus Kulmbach stammte.

Wendelstein bei Nürnberg
Der Ort Wendelstein befindet sich nur we
nige Kilometer südlich von Nürnberg und bietet mit seinem mittelalterlichen Stadtkern ein reizvolles Ausflugziel. Nicht zuletzt die um 1300 gebaute St.-Georgs-Kirche, die auf einem Sandsteinfelsen hoch über der Schwarzachschleife erbaut wurde, ist einen Besuch wert. Besucher kommen durch ein Torhaus, in dem sich einst ein Gefängnis befunden hat. Rechterhand davon ist das Mesnerhaus zu finden, während links vom Eingang das alte Schulhaus steht. Innerhalb der starken Mauern befindet sich ein schöner Friedhof. Die Wehrkirche ist leider oft zugesperrt, doch wird man bereitwillig von den Mitarbeitern des Pfarramts in den Kirchensaal vorgelassen. Aus Sicherheits- und klimatischen Gründen ist der Altar, der für 100000 Euro restauriert worden ist, im hinteren Teil der Kirche in der durch Glasscheiben separierten Achahildis-Kapelle aufgestellt worden, welche mit einer eigenen Alarm- und Klimaanlage ausgerüstet worden ist, was weitere 50000 Euro verschlang.

Von Nürnberg nach Wendelstein
Die Frage, wann und wie Wendelstein zu diesem kostbaren Altar gekommen ist, ist nicht ganz geklärt. Man nimmt an, dass Hans Süß den Altar zunächst für das Nürnberger Heilig-Geist-Spital anfertigte. Durch die Restaurierungsarbeiten ist man auch zu der Erkenntnis gekommen, dass der Altar wohl
schon im 17. Jahrhundert seinen Weg nach Wendelstein gefunden hat. Vermutlich kam er bereits kurz nach der Reformation aus Nürnberg nach Wendelstein, als ein katholisch geprägter Altar in einer protestantischen Kirche keinen Platz mehr hatte.

Veränderungen des Altars
In einem Kirchenbuch des 19. Jahrhunderts wird erwähnt, dass der Altar zunächst als Seitenaltar diente, was ihm aber keineswegs gerecht wurde, da er auch auf der Rückseite bemalt war und diese dann nicht mehr zugänglich war. 1892 erfolgte die Verlegung an die Stelle des Hochaltars, wodurch er einen angemessenen Platz in der Kirche erhielt. Das im neugotischen Stil gearbeitete Gesprenge (Altaraufsatz) wurde erst dabei angebracht. Es war eine Stiftung eines ortsansässigen Ehepaars. Der Sockel (Predella) und das Mittelstück (Schrein) hingegen sind Originale aus dem frühen 16. Jahrhundert. Glücklicherweise ist das Entstehungsjahr genau datierbar, da ein Flügel des Altars die Jahreszahl 1510 trägt.

Bereits früh sind einige Stellen der Gemälde übermalt worden. So fiel etwas ein dargestelltes Schwein dieser „Neugestaltung" zum Opfer. Das Schwein gilt als Symbolfigur für den heiligen Antonius - es wurde nach einer ersten Teil-Restaurierung im Jahre 1960 wieder sichtbar gemacht.

Der Dreikönigsaltar
Der Dreikönigsaltar erhielt seinen Namen
durch die Darstellung der Heiligen Drei Könige, die den neugeborenen Heiland anbeten. Dieses Hauptmotiv im Zentrum des Schreins ist aus vollplastischen Figuren geschaffen worden. Umgeben wird der Mittelschrein durch Bildtafeln des Heiligen Laurentius (links) und des Heiligen Sebaldus (rechts), die ihre typischen Merkmale in der Hand halten. St. Sebald trägt eine Kirche, der heilige Laurentius einen Zweig. Das Vorkommen dieser beiden Heiligen spricht sehr dafür, dass der Altar ursprünglich in einer Nürnberger Kirche aufgestellt worden war.

Bei geschlossenen Altarflügeln werden vier weitere Heiligenbilder sichtbar. Von links beginnend erkennt man den heiligen Sebastian mit seinem mit Pfeilen durchbohrten Körper; danach der heilige Andreas, erkennbar durch das zu einem X geformte Kreuz, an welchem er in Patmos hingerichtet worden ist; der Heilige Antonius mit seinem zeitweilig verschwundenen Schwein als Sinnbild sowie der Heilige Christophorus, der ein Kind (Jesus Christus) über einen Fluss trägt. 

Im Predellaschrein schließlich befindet sich eine geschnitzte Krippenszene als Halbrelief, die durch zwei Darstellungen flankiert wird. Auf der linken Tafel ist die Verkündung Mariens, auf der Rechten die Beschneidung Christi erkennbar. Im geschlossenen Zustand der Flügel sieht man die Halbfiguren Mariens und Christi. Die Rückseite des Altars wird durch eine eindrucksvolle Darstellung des Jüngsten Gerichts bestimmt. Während im unteren Bildteil die Toten aus ihren Gräbern steigen, thront Jesus Christus über ihnen, um Gericht zu halten. Auf dem linken Altarflügel sind die Seeligen zu erkennen, die in den Himmel aufsteigen dürfen. Auf der rechten Bildtafel stürzen die Verdammten in die Hölle.

Die Stadt und Hans von Kulmbach
Kulmbach hat erst kürzlich seinem berühmten Sohn auf dem Marktplatz ein Denkmal gesetzt.
Es gibt schon lange eine Hans-Sueß-Straße. Und eine Schule? Dieser Plan schlug im Jahre 1962 fehl. In einem Kopf-an-Kopf-Rennen  entschieden sich die Verantwortlichen für Markgraf Georg Friedrich als Namenspatron - und gegen Hans von Kulmbach. 


[Aufsatz von Jochen Seidel in: Aus der Fränkischen Heimat - Beilage der Bayerischen Rundschau Nr. 7/2002]  

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In Wendelstein - wenige Kilometer von Nürnberg -
steht die um 1300 gebaute St.-Georgskirche, 
die auf einem Sandsteinfelsen hoch über der 
Schwarzachschleife erbaut wurde.

 

 

    

 

Der Dreikönigsaltar erhielt seinen Namen durch die Darstellung 
der Heiligen Drei Könige, die den neugeborenen Heiland anbeten (rechts). 
Dieses Hauptmotiv im Zentrum des Schreins ist aus vollplastischen Figuren 
geschaffen worden. Umgeben wird der Mittelschrein durch Bildtafeln 
des heiligen Laurentius (links) und des heiligen Sebaldus (rechts). 

 

 

 

 

 

 

Bei geschlossenen Altarflügeln werden vier weitere Heiligenbilder sichtbar. 
Von links beginnend erkennt man den heiligen Sebastian mit seinem 
mit Pfeilen durchbohrten Körper; danach der heilige Andreas, erkennbar 
durch das zu einem X geformte Kreuz, an welchem er in Patmos hingerichtet 
worden ist; der heilige Antonius mit seinem zeitweilig verschwundenen Schwein 
als Sinnbild sowie der heilige Christophorus, der ein Kind (Jesus Christus) 
über einen Fluss trägt.

 

 

 

Im April 2001 kehrte nach zweijähriger Restaurationszeit 
der
Dreikönigsaltar von Hans Süß an seinen angestammten Platz 
in die St.-Georgs-Kir
che Wendelstein zurück. 1987 
war der
aus dem Jahre 1510 stammende Altar zuletzt 
für die Öffent
lichkeit zu sehen gewesen.

 

 


 

Rückseite des Dreikönigsaltars mit einer eindrucksvollen 
Dar
stellung des Jüngsten Gerichts. Während im unteren Bildteil 
die
Toten aus ihren Gräbern steigen, thront Jesus Christus 
über
ihnen, um Gericht zu halten. Auf dem linken Altarflügel 
sind
die Seligen zu erkennen, die in den Himmel aufsteigen dürfen. 
Auf der rechten
Bildtafel stürzen die Verdammten in die Hölle.

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