Archäologisches Lexikon

Gold für die Ewigkeit
Das germanische Fürstengrab von Gommern

 

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Verräterische Steine in einer Düne
Im Jahre 1990 entdeckten ehrenamtliche Bodendenkmalpfleger aus Magdeburg eine merkwürdige Ansammlung großer Steine in einer Düne auf dem Gerstenberg bei Gommern, die bei der Sandgewinnung angeschnitten wurden. Dank ihrer Aufmerksamkeit sicherte das Landesamt für Archäologie, Halle, dort eines der reichsten und besterhaltenen Gräber Germaniens aus der Römischen Kaiserzeit. In der mit Holzbrettern verschalten Grabkammer lag ein ca. 25-30 Jahre alter Mann in prunkvoller Kleidung auf einem hölzernen Liegemöbel. Wie die exklusiven Grab-
beigaben belegen, war der hier Bestattete eine ranghohe Persönlichkeit mit weitreichenden Beziehungen, die um die Mitte des 3. Jahrhunderts verstarb. Die umfangreichen, fast zehn Jahre laufenden Restaurierungs-arbeiten konnten nicht nur einmalige Funde aus Gold und Silber dieser Zeit, sondern auch aus Holz, Leder und Stoff freilegen, konservieren und rekonstruieren.

Ein Prunkschild, silberne Pfeilspitzen und Reitersporen, goldener Ringschmuck, Geschirr aus Silber, Bronze, Glas und Holz - die wertvollen Beigaben spiegeln das Lebensbild eines Germanen wider, der um 300 n. Chr. zur oberen Gesellschaftsschicht gehörte und seine Verbindungen genauso zum Römischen Imperium wie nach Skandinavien pflegte. Zuletzt in Berlin, Bonn und Kopenhagen ausgestellt, war das Fürstengrab von Gommern im Jahre 2004 in Magdeburg zu sehen. Nun bilden sie in der Sonderausstellung "Handwerker - Krieger - Stammesfürsten" neben den Funden vom Reisberg einen unübersehbaren Blickfang.

Ein prachtvolle Ausstattung
Der überdimensionale Schild, das wohl kostbarste Stück, war mit einem kostbaren römischen Silbergefäß als Schildbuckel verziert. Die kontrastierende Verwendung von Gold, Silber und farbigen Einlagen erzeugt faszinierende Eindrücke. Die Verwendung des Adlermotivs lässt Bezüge nach Nordeuropa erkennen. Die rote Farbe auf dem Prunkschild erwies sich als Zinnober, der seinerzeit nur in spanischen Bergwerken gewonnen werden konnte. Für die weiße Farbe wurde echte Seekreide der Ostsee als Pigment verwendet.

In der Grabkammer fand sich auch ein Klapptisch, dessen Gestell ein römisches Dreibein bildet. Längere Zeit in Gebrauch und bereits repariert, war hierauf ein dünnwandiges, leicht zerbrechliches Glasgefäß abgestellt, welches ebenfalls aus dem römischen Reich importiert war. Zur Kurzweil  des 'Fürsten' lag daneben ein Brettspiel mit Spielsteinen, die teilweise aus Glas bestanden. Die besondere Stellung des hier Bestatteten zeigte sich darin, dass alle Schmuck- und Trachtbestandteile aus Gold und Silber gearbeitet waren. Selbst die ins Grab mitgegebenen gedrechselten Holzgefäße waren kostbar verziert.
 

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Die beiden goldenen Fibeln aus dem Fürstengrab von Gommern können
zusammen mit dem goldenen Halsring als Symbole seiner Herrschaft gedeutet werden.

 

  Abb. 8

Nachbildung eines Gürtels mit silbernen Verschlüssen.
Die Taschen waren an dem Gürtel befestigt. [Rekonstruktionen des Landesmuseums
für Vorgeschichte Halle]


  Abb. 10

Nachbildung des Prunkgürtels aus dem Fürstengrab von Gommern
Der Prunkgürtel aus weiß eingefärbtem geprägten Leder wurde mit silbernen Schnallen geschlossen. Er ist in den Einprägungen mit Blattgold belegt und mit aufwendigen Stickereien verziert. [Rekonstruktionen des Landesmuseums für Vorgeschichte Halle]

 


Goldschatz von Gommern

Verschnupfter Germanenfürst

Eines der prächtigsten germanischen Fürstengräber kann jetzt in Halle bestaunt werden. Experten sprechen von einem der wichtigsten Funde aus dem späten dritten Jahrhundert. [SpiegelOnline vom 17.10.2000]

 

Halle - Es ist der bislang reichste germanische Grabfund auf deutschem Boden und einer der kostbarsten in Mitteleuropa aus dieser Zeit: Das rund 1700 Jahre alte Fürstengrab von Gommern, dessen Schätze das sachsen-anhaltinische Landesmuseum für Vorgeschichte ab Mittwoch in Halle präsentiert, gilt in Fachkreisen als eine Sensation.

Der prunkvoll gekleidete Germanenfürst war in einer großen, von mächtigen Steinen bedeckten Kammer aus Eichenholz beigesetzt worden. Im Grab befanden sich zahlreiche Gefäße, importierte Luxusgüter und selbst ein römisches Möbelstück - ein klappbarer Dreifuß aus Bronze.

Goldfibeln, Münzen, römische Gläser, Holzgefäße, ein Prunkgürtel und manches mehr, vor allem aber ein prächtiger Schild dokumentierten Reichtum und Macht, die dem Fürsten offenbar den Eintritt in das unbekannte Schattenreich erleichtern sollten. Selbst nach heutigen Maßstäben sei dieser Grabfund ein Schatz, sagen die Hallenser Archäologen.

"Der Fund hat für das späte dritte Jahrhundert nach Christi einen ebenso hohen Rang wie der berühmte 'Keltenfürst von Hochdorf' oder der angesehene 'Keltenfürst vom Glauberg' für vorangegangene Epochen", meint der Dezernatsleiter für Bodendenkmalpflege, Matthias Becker. "Wir können anhand der Funde die für Europa wesentliche Epoche des allmählichen Untergangs des Römischen Reiches besser verstehen und Beziehungen zu Norwegen, ja bis zur Ukraine in dieser Zeit nachweisen."

Obwohl nur ein etwa zehn Zentimeter langer Oberschenkelknochen, ein Stück vom Kiefer und einige Knochensplitter geborgen wurden, konnten die Archäologen davon ableiten, dass der Fürst eine Körpergröße von etwa 1,80 Meter hatte. "Der für seine Zeit relativ große, recht schlanke Mann hat sicherlich öfter mal an Schnupfen gelitten, auch das lässt sich anhand von Skelettresten nachweisen", sagt Becker. Woran der Fürst im Alter von 30 Jahren gestorben ist, lasse sich allerdings nicht mehr feststellen.

Seitdem das Grab 1990 entdeckt wurde, haben sich die Wissenschaftler Schicht für Schicht in die Tiefe vorgearbeitet, wo ein Sammelsurium von mehreren hundert Gegenständen lagerte - zerdrückt, zerfallen und teilweise aufgelöst. Allein der repräsentative Schild war in rund 400 Einzelteile zerbrochen.

Etwa ein Jahr hatte der Restaurator zu tun, alle Einzelteile des Blockes zu dokumentieren und zu festigen: Teilweise hatte nur eine Hundertstel Millimeter dünne Goldschicht die Verzierungen auf dem Schild aus vergoldetem Silberblech zusammengehalten.

"Erstmals in Deutschland haben wir das atmosphärische Elektronenrastermikroskop in der archäologischen Forschung eingesetzt", sagt Becker. Auf diese Weise konnte eine bis dato unbekannte Verbindung von Gold und Silber nachgewiesen werden. Und ganz nebenbei gewannen die Forscher auch neue Erkenntnisse zur Korrosion von Glas.

[SpiegelOnline vom 17.10.2000 - Jochen Wiesigel, AP]

 

                          Abb. 14

                        Der Fürst von Gommern (Rekonstruktion)

 

  Abb. 1 [privat - BR vom 2.07.2010]

In der mit Holzbrettern verschalten Grabkammer des Fürsten von Gommern
lag ein ca. 25-30 Jahre alter Mann in prunkvoller Kleidung auf einem Liegemöbel.
Wie die exklusiven Grabbeigaben in der Vitrine links belegen, war dieser eine ranghohe Persönlichkeit mit weitreichenden Beziehungen, die um die Mitte des 3. Jahrhunderts verstarb.
In der rechten Vitrine eine Rekonstruktion des Kriegers von Kemathen,
Lkr. Ingolstadt.


  Abb. 2


 

  Abb. 3

Kopie eines von zwei silbernen Sporen     

 

  Abb. 4

Der goldene Halsring als Herrschaftszeichen


 

  Abb. 6        Abb. 7

In der Grabkammer fand sich auch ein Klapptisch, dessen Gestell ein römisches Dreibein bildet. Hierauf abgestellt war ein dünnwandiges, leicht zerbrechliches Glasgefäß, welches ebenfalls aus dem römischen Reich importiert war. Gezeigt werden hier nachgearbeitete Gegenstände des Landesmuseums für Vorgeschichte Halle.

 

 

  Abb. 9


Pfeilspitzen und Schere aus dem Grab von Gommern (Kopien)

Ganz nach elbgermanischer Sitte wurden dem Toten als Zeichen
seines Kriegerstandes Pfeilspitzen mit in das Grab gegeben.
Es handelt sich in diesem Fall jedoch um reine Zeremonialwaffen:
Sie waren aus Silber gefertigt und für den Kampf somit völlig ungeeignet.
[Rekonstruktionen des Landesmuseums für Vorgeschichte Halle]
 

 


 

 

 

 

 

   Abb. 11

In Fachkreisen eine Sensation:
Matthias Becker präsentiert den restaurierten Schildbuckel.
 

 

   Abb. 12

Goldig: Neben einem Fingerring wurde im Grab von Gommern
auch ein prächtiger Halsreif gefunden.
 

 

   Abb. 13

Mit einer goldenen Armbrustfibel wurde das Gewand
des Germanenfürsten zusammengehalten (Nachbildung).


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     nach oben      [home]                                    Alle Fotos: D. Sch (ohne 1 und 11-14)           Dieter Schmudlach (D. Sch.): 26.02.2010/7.10.2010