Archäologisches Lexikon

Vom Eisenerz zum Eisen

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Eisengewinnung und Eisenverarbeitung

Älteste Eisenfunde sind im Nahen Osten schon seit der Bronzezeit bekannt. Über den Mittelmeerraum gelangte das Wissen um die Verarbeitung von Eisenerz durch Reduktion mit Holzkohle auch in das Gebiet nördlich der Alpen (s. a. Abb. 8).

Als Ausgangsmaterial für die Eisengewinnung dienten LimoniteRaseneisenstein oder Bohnerz. Das Eisenerz wurde meist oberflächlich aufgesammelt oder auch in einfachem Tagebau,
z. B. in „Trichtergruben“, wie etwa in der Umgebung von Kehlheim, abgebaut.

Keltische Rennöfen
Im Rennfeuerverfahren entstand Renneisen, welches noch mit Schlacke verunreinigt war. Für die Gewinnung bauten die Kelten einen Schachtofen mit Lehmmantel, der nur wenig in den Untergrund eingelassen war. Knapp über dem Boden angebrachte „Windlöcher“ dienten der Luftzufuhr.

Vom Eisenerz zur Luppe
Nachdem man im Ofen zuerst mit Holzkohlen ein Feuer entfacht hatte, wurde während des Prozesses von oben ständig Holzkohle und zuvor geröstetes, grob gepulvertes oder grobkörniges Erz in kleinen Anteilen nachgefüllt. Das Basis-Verhältnis der beiden Materialien war etwa 1:1, konnte aber auch zwischen 0,7:1 bis 2:1 betragen.
Bei einer Temperatur von etwa 1.150°C schmolz der Gangartanteil zu Schlacke, die abgestochen wurde, wenn sie im Ofen eine solche Höhe erreicht hatte, dass die Belüftung eingeschränkt wurde. Die sog. ‚Ofenreise‘ war zu Ende, wenn sich der Ofeninhalt durch Bildung einer Eisenaggregation (Luppe) so verdichtete, dass Belüftung und Verbrennung von allein stoppten.

Der Ofen wurde nun geöffnet und die noch weißglühende Luppe herausgezogen, soweit wie möglich von anhängender Schlacke befreit und in Stücke von einer Größe zerteilt, die mit den Mitteln der Zeit noch zu bearbeiten waren. Diese Stücke wurden umgehend kräftig gehämmert, um flüssige Schlacke aus Hohlräumen heraus zu pressen und das gewonnene schwammartige Eisen zu verdichten. Luppen von einer Größe von mehreren Dutzend Kilogramm hätten – erkaltet – nicht verarbeitet werden können!

Durch Raffinieren – Ausschmieden, Falten und Feuerschweißen – wurde das Eisen (im Rennofenprozess konnte auch Stahl entstehen) dann homogenisiert und gebrauchsfähig gemacht.
In den Handel kam das Metall dann als Doppelspitzbarren oder als Halbfertigfabrikat.
[Herrn Jean Collin, Schmied und Experimentalarchäologe, ist für seine fachlichen Hinweise zu danken: => Schloss-Schmiede]

                        Bild 5

                    Schmiede bei der Arbeit [Bajuwaren (Lit. b) S. 45]

 

Funktionsprinzip des Rennofens

'Beim Rennprozeß wird Eisenerz mit Holzkohle zum Metall reduziert. Hierbei entsteht als Folge von Quarzbeimengungen im Erz und die Reaktion mit der Ofenwand eine eisenreiche Schlacke, die bei etwa 1200 Grad verflüssigt wird.
Bei dieser Temperatur liegt Eisen als zähe Masse vor. Im Rennfeuer entsteht im Gegensatz zum Hochofen schmiedbares Eisen, das sofort in der Schmiede weiterverarbeitet werden kann.

Der Rennofenprozeß kann nur mit sehr hochwertigem Erz durchgeführt werden, da bei der Schlackebildung viel Eisen gebunden wird. Das Rennverfahren war bis ins Mittelalter die einzige Möglichkeit, verarbeitbares Eisen herzustellen.Bei den Kelten wurde Eisen in Form von Doppelspitzbarren verhandelt. Nur qualitätsvolles Material läßt sich in diese Form ausschmieden. Die Metallausbeute lag meist unter 20 %.'
[Nach einer nicht mehr vorhandenen Webseite der FH Aalen]

Quellen
(1)Experimentelle Archäologie in Deutschland. Beiheft 4, Archäologische Mitteilungen aus Nordwestdeutschland. Oldenburg 1990 (= Lit. 21)
(2)
Michael M. Rind: Kanalarchäologie im Altmühltal, 
Verlag M. L. Leydorf 1987 (= Lit. 26)
(3) Spuren der Jahrtausende, Archäologie und Geschichte in Deutschland, 100 Jahre Römisch-Germanische Kommission 2. korrigierte Auflage 2003 (= Lit. 36); Konrad Theiss Verlag Stuttgart; 

=> Was ist ein Rennofen?   [Apian Gymnasium Ingolstadt]

=> Eisenherstellung im Rennofenverfahren
                                                 [die-roemer-online.de]

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     Bild 1  

Gewinnung und Verarbeitung von Eisen
aus Raseneisenerz [(3), S. 199, Abb. 340]
=>  Höhere Auflösung: 1,277 MB

 

          Bild 2

Schnitt durch einen rekonstruierten Rennofen
[Burgen in Bayern (Lit. 25), S. 28]

 

      [Bild 3: FH Aalen]

Auf der Alb finden sich weit verbreitet Bohnerze,
die sich zur Verhüttung im Rennofen eignen.


  [Bild 4: FH Aalen]

Der älteste komplett erhaltene Rennofen in Süddeutschland stammt aus dem Nordschwarzwald. Er wird in das 5. Jh. vor Chr. datiert.

 

      [Bild 6: FH Aalen] 

Keltische Doppelspitzbarren

 


         Die eiserne Lanzenspitze (Länge 15,2 cm) wurde 1954 im Bereich eines kleineren Hügelgräberfeldes beim Kalkwerk oberflächlich aufgefunden.               Bild 7 [Foto: D. Sch.]

Eiserne Lanzenspitze (Länge: 15,2 cm)
von Kasendorf-Azendorf aus Vitrine 9 
(Eisengewinnung und -verarbeitung)

 


 

    Abb.8

Bronzene Lanzenspitze mit eingelegtem Ornament
aus Eisen an der Tülle, ein noch sehr seltenes Statussymbol;
Heunischenburg, Lkr. Kronach. Urnenfelderzeit, Periode III
(9. Jhdt. v. Chr.)


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