Eine einzigartige Bronzefigur
Bei dieser plastischen Arbeit handelt es
sich um eine von einem germanischen Handwerker gefertigte Imitation
einer römischen Figur. Dargestellt werden sollte ein
Doppelflötenspieler (Aulet). Dieses Instrument, eigentlich eher eine
Doppeloboe, wurde bei einer Vielzahl religiöser Kulte in der
römischen Welt begleitend zu Opferhandlungen gespielt. Der
Hand-werker nutzte bei der Fertigung der Figur für den unteren Teil
eine römische weibliche Gewandfigur. Den Oberteil formte er hingegen
offenbar frei nach den Vorstellungen seines Auftraggebers – offenbar
stand ihm hierfür kein Vorbild zur Verfügung.
Die Figur diente ursprünglich wohl als Bekrönung eines
Pfostens. Wie deutliche Hiebspuren an den Flötenresten zeigen, wurde
sie absichtlich zerschlagen. Dabei wurde auch der rechte Flötenteil
verdrückt.
Bei genauer Betrachtung der Figur sieht
man deutlich, dass das rechte Rohr des Instruments ursprünglich zur
rechten Hand führte. Mehrere Hiebe, deren Spuren noch eindeutig auf
dem linken Rohr zu erkennen sind, ließen das Instrument zerbrechen;
die Rohre wurden verdrückt. Die Computeranimation läßt das
ursprüngliche Aussehen der Figur deutlich erkennen.
Unterteil römisch - Oberteil germanisch
Die knapp 10 cm hohe Bronzefigur vom Reisberg ist einzigartig. Bei
genauer Betrachtung lässt sich jedoch innerhalb der Figur deutlich
ein Qualitätsunterschied ausmachen: Die Qualität der Darstellung
fällt am Oberkörper und im Kopfbereich stark ab. Das Aussehen der
Figur zeigt römische Anklänge. Besonders im unteren Bereich der
Figur ist ein sorgfältig gearbeitetes Gewand auffallend. Dieses
entspricht eindeutig dem einer Frau mit Hemd und Mantel, obwohl die
Figur eindeutig männlich ist. Offenbar lag dem Handwerker beim
Erstellen der Gussform für das Unterteil als Tonvorlage eine
weibliche römische Figur vor. Das Oberteil wurde von ihm hingegen
wohl frei mit männlichen Merkmalen modelliert. In der Mitte der
Figur ist deshalb deutlich die römische Arbeit von der germanischen
Imitation zu unterscheiden.
Ursprünglich hielt die Figur wohl eine Art Doppelflöte mit zwei
langen Rohren in der Hand. Dieses wegen seines Blattes eigentlich
einer Klarinette mehr entsprechende Instrument, Aulos genannt, wurde
fast immer bei kultischen Opferhandlungen gespielt. Den Auleten kam
dabei die Aufgabe zu, mit ihrem Spiel das Opfer feierlich zu
gestalten und gleichzeitig Störungen fernzuhalten.
Wie
deutliche Hiebspuren auf einem Flötenansatz zeigen, wurde die Figur
absichtlich unbrauchbar gemacht. Hierbei wurden die Flöten
verdrückt, Teile davon brachen ab. Die Figur dürfte in das 1. oder 2.
Jahrhundert datieren. Ihre Funktion ist unbekannt. Möglicherweise
diente sie als Möbelverzierung. Eine Funktion als Begleitfigur in
einem Hausaltar ist aber auch denkbar. Die Germanen kannten keine
Altäre mit Bronzefiguren. Ihren Göttern huldigten sie in Hainen und
Mooren, in denen sie hölzerne Stelen und besonders geformte
Astgabeln aufstellten.
[Nach dem Tafeltext von Jens Kraus]
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Bilder von der Sonderausstellung:
Handwerker - Krieger -Stammesfürsten" im
Fränkische Schweiz-Museum Tüchersfeld
in einem PICASA-Webalbum
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Abb. 1
Abb. 2
Figur eines
Aulosspieler
So sah die wohl Figur ursprünglich aus.
vom Reisberg Bronze:
© ArcTron 3D GmbH, Altenthann 2010
ca. 9,5 cm hoch, 2/3. Jhdt.
Abb. 3 + 4
Abb. 5
Musikanten: Szene auf einem Fresko
aus Herkulaneum,
in der Mitte ein Aulosspieler (Aulet).
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