Zum Tod von Christian Pescheck       

PROF. DR. CHRISTIAN PESCHECK (1912-2003)           [zurück zum Impressum]

Am 20. August 2003 verstarb in München kurz nach Vollendung seines 91. Lebensjahres das langjährige Ehrenmitglied Prof. Dr. Christian Pescheck. Christian Pescheck wurde am 12. 08. 1912 in Breslau geboren. Nach dem Abitur begann er 1932 das Studium der Vor- und Frühgeschichte bei Hans Seger und Martin Jahn in Breslau und besuchte auch Veranstaltungen von Ferdinand Birkner und Friedrich Wagner in München. Daneben hörte er in den Nebenfächern Kunstgeschichte, Geschichte, klassische Archäologie, Geologie und Völkerkunde. Das Studium schloß er mit der Promotion über »Die frühwandalische Kultur in Schlesien« (1937) bei Martin Jahn ab. Nach einer zweijährigen Assistenzzeit am Institut für Vor- und Frühgeschichte in Breslau leistete er ein Redaktionspraktikum bei der Römisch-Germanischen Kommission in Frankfurt und ein Volontariat am Römisch-Germanischen Zentralmuseum in Mainz ab. Ein Reisestipendium des Deutschen Archäologischen Instituts erlaubte ihm 1939 Studien im Vorderen Orient und im Balkanraum zu betreiben. Unter anderem bereiste er Österreich, Bulgarien, Rumänien, Griechenland, Rhodos, die Türkei und Ägypten, wo er auch an Ausgrabungen in Merimde Beni Salame teilnahm. Anschließend war er bis 1945 im Wechsel mit Militärdienst als Assistent in Wien tätig, wo er sich 1942 mit der Arbeit über »Die junghallstättische Kultur in Niederdonau und Wien« bei Oswald Menghin habilitierte.

Nach dem Krieg setzte Christian Pescheck seine Lehrtätigkeit an der Universität Göttingen fort bis er 1954 einen von der Regierung und dem Bezirk Unterfranken geförderten Zeitvertrag zur Aufnahme der vor- und frühgeschichtlichen Bestände des Mainfränkischen Museums in Würzburg erhielt. Der Bestandskatalog über die Funde der Steinzeit bis zur Urnenfelderzeit konnte 1958 erscheinen. Im Jahr 1956 wurde Christian Pescheck als Nachfolger von Klaus Schwarz zum Leiter der archäologischen Zweigstelle Franken des Bayerischen Landesamts für Denkmalpflege berufen. Von der bereits 1908 mit der Gründung des Bayerischen Landesamts für Denkmalpflege eingerichteten Zweigstelle Franken in Würzburg wurden damals alle drei fränkischen Regierungsbezirke betreut, bis 1964 die Außenstelle Mittelfranken in Nürnberg und 1976 die Außenstelle Oberfranken in Schloß Seehof bei Bamberg eingerichtet worden sind.

Christian Pescheck hat sich große Verdienste um die bayerische Denkmalpflege erworben. In seiner Dienstzeit als Bodendenkmalpfleger konnte er die personelle Ausstattung der Dienststelle ausbauen und 1967 den Umzug von der Heinestrasse 9 in die neuen Diensträume im Südflügel der Residenz bewerkstelligen. Gleichwohl war mit der damals wie heute unzureichenden personellen und technischen Ausstattung der amtlichen Bodendenkmalpflege die Betreuung der drei fränkischen Regierungsbezirke nur durch außerordentliches Engagement und durch den Aufbau eines ehrenamtlichen Mitarbeiterstabes möglich. Durch seine planmäßige Förderung der ehrenamtlichen Mitarbeit über Schulungen in Theorie und Grabungspraxis, Exkursionen und Vorträgen gelang es ihm, ein Netz von Vertrauensleuten einzurichten, die maßgeblich zur Rettung wichtigen Kulturgutes beitrugen und durch die systematische Betreuung und Prospektion einzelner Regionen zum Aufbau des heutigen Denkmälerinventars beitrugen. Diese Aufbauarbeit prägt bis heute nachhaltig das Verständnis für die archäologische Denkmalpflege in Franken und bildet nach wie vor ein unentbehrliches Standbein der amtlichen Bodendenkmalpflege. Mit der Herausgabe der von 1965 bis 1977 in der Zeitschrift Frankenland publizierten Arbeitsberichte informierte er jährlich über neue Funde und Ausgrabungen in Franken und war somit Wegbereiter für die späteren Gesamtbayerischen Fundchroniken des Bayerischen Landesamts für Denkmalpflege. Daneben führten die von Christian Pescheck begonnene Broschürenreihe »Wegweiser zu vor- und frühgeschichtlichen Stätten Mainfrankens« und die bereits in dritter Auflage als Mainfränkisches Heft 38, 1975 erschienene »Einführung in die Vor- und Frühzeit Unterfrankens« auch den Laien an die Bodendenkmäler und die Archäologie in der Region heran und erfreuten sich großer Beliebtheit.

Christian Pescheck wurde 1960 als Konservator in den Staatsdienst übernommen, 1966 zum Oberkonservator und 1971 zum Landeskonservator ernannt. Daneben trat er 1963 eine von der Universität Würzburg ausgewiesene Honorarprofessur an. Mit dem Erreichen der Altersgrenze schied er 1977 aus dem aktiven Dienst aus. Christian Pescheck war ein verantwortungsbewußter Denkmalpfleger, bei dem zu einem breit angelegten Fachwissen eine erstaunliche Vielseitigkeit der Interessen sowie eine außergewöhnliche Arbeitsfreude kamen. Durch gezielte Kontaktpflege mit Behörden und wissenschaftlichen Einrichtungen, durch vielseitige Zusammenarbeit mit den politischen Kräften der Region sowie durch eine vielschichtige und wirkungsvolle Öffentlichkeitsarbeit hat er in den Wiederaufbaujahren unter schwierigsten Arbeitsbedingungen Vorbildliches geleistet. In seine Dienstzeit fielen wichtige überregional beachtete Grabungsprojekte, wie z. B. die vollständige Freilegung der germanischen Gräberfelder in Kleinlangheim und Altendorf bei Bamberg oder die Untersuchungen auf dem Schwanberg. Anzuschließen sind eine Vielzahl von Rettungsgrabungen in ganz Franken. Unter den zahlreichen in den Arbeitsberichten publizierten wichtigen Funden aus allen vor- und frühgeschichtlichen Perioden nimmt sicher der urnenfelderzeitliche Kultwagen von Acholshausen, Lkr. Würzburg, - heute eine der Attraktionen der Vorgeschichtsabteilung im Mainfränkischen Museum - eine herausragende Stellung ein.

Neben seiner verdienstvollen Tätigkeit als Denkmalpfleger und Hochschullehrer - bereits 1950 erschien in Göttingen sein »Lehrbuch der Urgeschichtsforschung« - hinterließ Christian Pescheck ein umfangreiches wissenschaftliches Werk mit über 200 Schriften, darunter auch 12 Monographien. Der weit gefächerte Themenkreis seiner Publikationen reichte von zahlreichen Arbeiten zur frühen Geschichte fränkischer Orte über Aufsätze zu allen vor- und frühgeschichtlichen Perioden und der Archäologie des Mittelalters bis hin zu Nachbarwissenschaften, wie z.B. der Linguistik. Der Schwerpunkt seiner Forschungen lag jedoch in den frühen nachchristlichen Jahrhunderten und gipfelte in den großen Monographien »Die germanischen Bodenfunde der römischen Kaiserzeit in Mainfranken« (München 1978) und »Das fränkische Reihengräberfeld von Kleinlangheim, Lkr. Kitzingen, Nordbayern (Mainz 1996).

Im Laufe seines langen Berufslebens und auch danach wurde er zurecht vielfach ausgezeichnet und geehrt. Christian Pescheck war Korrespondierendes Mitglied des Deutsche Archäologische Institut und der Österreichischen Arbeitsgemeinschaft für Ur- und Frühgeschichte. Die Freunde Mainfränkischer Kunst und Geschichte, in deren Beirat er viele Jahre tätig war, ernannten ihn 1977 zum Ehrenmitglied. Weiterhin nahmen ihn der Historische Verein Oberfranken und die Naturhistorische Gesellschaft Nürnberg als Ehrenmitglied auf. Daneben war er Wahlmitglied der Gesellschaft für Fränkische Geschichte, des Historischen Vereins Schweinfurt und des Colloquium Historicum Wirsbergense, das ihm zum 65. Geburtstag mit einer Festschrift - Band 11, 1977/78 der »Geschichte am Obermain« - ehrte. Das Bayerische Landesamt für Denkmalpflege feierte mit Band 30/31, 1989/90 (1994) der »Berichte der Bayerischen Bodendenkmalpflege« seinen 80. Geburtstag und die »Beiträge zur Archäologie in Unterfranken 2002« (Mainfränkische Studien Bd. 69) waren ihm zum 90. Geburtstag gewidmet. Höhepunkte seiner Ehrungen bildeten zweifellos die Verleihung der Unterfrankenmedaille 1977, des Verdienstordens am Bande der Bundesrepublik Deutschland 1978 und des Bayerischen Verdienstordens 1983.

Christian Pescheck ist allen Kollegen und Freunden auch als lebensfroher Mensch in bleibender Erinnerung. Das »Liederbuch für Experten und Freunde der Vor- und Frühgeschichte« wie auch sein Trinkspruch »Was nützet mir ein Hügelgrab, wenn ich kein Bier im Krügel hab'« bleiben neben seinem wissenschaftlichen Werk und seinen Verdiensten um die Denkmalpflege unvergessen.

[Michael Hoppe in Mainfränkisches Jahrbuch für Geschichte und Kunst / Hrsg. Freunde
Mainfränkischer Kunst und Geschichte e.V., Würzburg. - 56 (2004), S. 3 - 6. Herrn Dr. Hoppe wird für die Unterstützung bei der Erstellung dieser Internetseite herzlich gedankt.]

=> Christian Pescheck [Wikipedia]


 

Traueranzeige in der Süddeutschen Zeitung

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 + 20. August 2003     

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 



        

1999  + August 2003
[Lit. 43, S. 16, Abb. 9]     

 

 

 

 

 

 

 

 

 


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